Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos
Autoren: Hans Gruhl
Vom Netzwerk:
bald auf, daß er
meistens im Konjunktiv sprach und häufig »Vielleicht« einschob.
    An der Schmalseite des
Schreibtisches stand ein Stuhl. Ich setzte mich.
    Peters lehnte sich weit zurück.
Seine Augen gingen über mich hin und verrieten eine Art gutmütiger
Hilfsbereitschaft, hinter der ich Hochmut witterte. Heute weiß ich, daß ich
seinem Verhalten manchmal Motive untergeschoben habe, die ich mir nur
einbildete. Mißtrauen und Empfindlichkeit waren schuld daran. Aber sie halfen
mir, ihn eher zu durchschauen.
    Er fragte mich einiges nach
meiner bisherigen Ausbildung. Ich antwortete kurz.
    Dann begann er, einen längeren
Vortrag zu halten, während seine Hände unablässig mit einem Rechenschieber
spielten. Ich erfuhr, was für Aufgaben die Abteilung hatte und welche die
meinen sein würden.
    Peters sprach in einer
lässigen, etwas arroganten Art, als bereitete es ihm Mühe, dasselbe zum
soundsovielten Male herzubeten, und als wüßte er ihm voraus, daß ich nichts
davon verstehen würde. Aus seiner Rede ging hervor, daß von anderen Leuten, die
das gleiche Gebiet bearbeiteten, nicht viel zu halten wäre. Das war nichts
Neues. In der deutschen Hochschulmedizin hält kaum einer etwas vom anderen, der
sich mit dem gleichen Gebiet beschäftigt. Sie warnen voreinander. Er brach ab,
weil das Telefon klingelte. Ich hatte Gelegenheit, eine neue Seite seines
Wesens kennenzulernen.
    »Peters. Ja.«
    Je länger er zuhörte, desto
mehr veränderte sich der Ausdruck seines Gesichtes. Das lausbübische Lächeln
verschwand. Ein harter, kalter Glanz trat in seine Augen.
    »Na, hören Sie mal«, unterbrach
er den Sprecher, »das versteh’ ich aber gar nicht! Das ist doch alles mit Herrn
Weinmeister besprochen worden! Wir haben... Würden Sie mich bitte zu Ende reden
lassen! Wir haben ausgemacht, daß die Stelle ab heute besetzt werden kann!«
    »Vielleicht könnten wir das in
einem anderen Ton sagen...« Der andere wurde auch lauter. Ich konnte die Worte
verstehen. »Der Antrag hat acht Wochen bei Ihnen herumgelegen, Herr Doktor
Peters! Acht Wochen! Hätten Sie ihn eher weitergegeben...«
    »Ich verbitte mir derartige
Belehrungen«, schrie Peters in den Apparat. »Ich habe keine Lust, mich von
Ihnen anpöbeln zu lassen! Ich werde mich bei Herrn Weinmeister...«
    Schluß. Drüben war aufgehängt
worden.
    Peters legte mit einer langsamen,
beherrschten Bewegung den Hörer zurück. Eine Weile sah er starr aus dem
Fenster. Dann wandte er sich zu mir.
    »Verwaltungshengste! Glauben,
die Kliniken gehörten ihnen! Um Jeden Nagel muß man mit den Burschen feilschen.
Sie werden das auch noch erleben.«
    Er setzte sich nicht wieder.
    »Herr Butterweis — wir können
nachher weitersprechen. Ich muß nach oben. Vielleicht sehen Sie sich inzwischen
ein bißchen um. Das Labor zwei ist am Ende des Korridors. Davor liegt das
allgemeine Labor. Ich mache Sie später bekannt.«
    An der Tür drehte er sich um.
    »Ach — wenn das. Telefon
klingelt, ich bin oben in meinem Zimmer. Einfach durchstellen auf 814.«
    Ich nickte stumm. Er ging
hinaus.
    Im Raum war es unerträglich
heiß. Ich öffnete das Fenster weit. Dann zog ich meine Jacke aus und hängte sie
in den Wandschrank zu meinem Mantel. Ich nahm den weißen Kittel aus der
Aktentasche und zog ihn an. Hoffentlich bekam ich später Mäntel von der Klinik.
    Ich wusch mir die Hände und sah
im Spiegel mein gedunsenes Gesicht und mein dünnes Haar.
    Peters!
    Wie sah er gegen mich aus!
    Als ich mir die Hände
abtrocknete, klingelte das Telefon zum zweitenmal. Ich nahm ab.
    »Äh — Isotopenlabor eins. Dr.
Butterweis.«
    »Wer?«
    Eine weibliche Stimme.
    »Dr. Butterweis«, wiederholte
ich. Meine Haut wurde heiß, obwohl kein Mensch in der Nähe war.
    »Ist Dr. Peters nicht da?«
    »Dr. Peters ist in seinem
Zimmer.«
    »Nein, das ist er nicht!« Das
klang ziemlich energisch. »Ich bin von dort zu Ihnen verbunden worden. Wissen
Sie denn nicht, wo er sein könnte?«
    »Es tut mir leid, meine Dame«,
sagte ich behutsam. »Er sagte mir, er wäre in seinem Zimmer. Ich — ich bin
heute den ersten Tag hier. Ich weiß wirklich nicht, wo ich ihn suchen sollte.«
    Pause. Ich spürte, daß die Dame
ungehalten war.
    »Könnten Sie vielleicht noch
einmal...«
    »Nein. Ich bin in einer Zelle.«
    »Aha«, sagte ich ratlos.
»Vielleicht kann ich ihm Ihre Nummer notieren.«
    »Nein. Schönen Dank.«
    Weg war sie.
    Langsam legte ich wieder auf.
Tat mir leid. Na, sie würde nicht umkommen.
    Ich blickte mich in dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher