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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka
Autoren: Karl May
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Sache.“
    „So? Dat ist freilich ein Interesse, wie ick noch keins jefunden habe. Aber da kann ick Ihnen trösten. Wenn Sie Knochen haben wollen, so kann ick Ihnen janze Schiffsladungen voll verschaffen.“
    „Antediluvianische?“
    „Dat verstehe ick nicht; ick sage nur, dat sie von allen Sorten zu haben sind.“
    „Vom Mastodon?“
    „Von Mastrindern? So viel Sie haben wollen.“
    „Ich meine, ob vom Riesenelefanten.“
    „Dat wohl weniger, denn ick habe noch nicht jehört, daß hier Riesenelefanten jemästet und jeschlachtet werden.“
    „Aber vom Megatherium?“
    „Wahrscheinlich auch.“
    „Und vom Glyptodon.“
    „Dieses Vieh kenne ick nicht.“
    „Das ist begreiflich, da es schon vor der Sündflut gelebt hat.“
    „Dann ist's futsch und hat keine Knochen mehr. Hier jibt's nach der Sündflut nur noch Knochen von Rindern, Pferden und Schafen.“
    „Sie verstehen mich nicht. Ich suche nach Knochen von vorweltlichen Tieren, wie man sie im hiesigen naturhistorischen Museum findet.“
    „Ah, ich verstehe! Von Professer Burmeistern jesammelt? Die stecken in der Erde, wo man sie herausbuddeln muß. Habe ick ooch jesehen. Die sind in der janzen Pampa zu finden. Man soll sogar vorsündflutliche Pferde jefunden haben.“
    „Sehr richtig! Das ist übrigens aus dem Grunde sehr interessant, weil bisher behauptet worden ist, daß das Pferd nur der Alten Welt angehört.“
    „Also so 'ne Sachens wollen Sie suchen und ausgraben?“
    „Ja, dazu brauche ich Leute. Ich werde Gauchos engagieren und habe deshalb, um ihnen gleich von vornherein als ein sympathischer Mensch zu erscheinen, mich so wie sie gekleidet. Vor allen Dingen brauche ich einen Diener, auf den ich mich verlassen kann. Sie gefallen mir, Sie haben ein ehrliches und zugleich pfiffiges Gesicht und scheinen nicht an Dummheit zu leiden, was der Lateiner Vecordia nennt. Haben Sie nicht Lust, sich von mir engagieren zu lassen?“
    „Warum nicht, wenn Sie mir jut behandeln und mir auch sonst oft und manchmal so stellen, daß ick nicht zu klagen brauche.“
    „So kommen Sie morgen früh zu mir, damit wir das Nötige besprechen können. Kennen Sie den Bankier Salido?“
    „Ja. Er hat sein Jeschäft hier janz in der Nähe, wohnt aber in seiner Quinta draußen vor der Stadt.“
    „Da wohne auch ich, denn ich bin ihm empfohlen und sein Gast. Jetzt lassen Sie mich weiterlesen.“
    „Jut, lesen Sie man immer weiter, Herr Doktor. Morjen werde ick mir einstellen, und ick denke, daß wir beide dabei ein jutes Jeschäft machen werden. Ick schaffe Ihnen jeden Knochen aus der Erde und wenn er noch so jroß ist.“
    Er zog sich zurück, und man sah es ihm an, daß er sich über die zu erhoffende Stellung freute. Er besaß, wie Morgenstern ganz richtig gesagt hatte, ein ehrliches Gesicht und jenen gesunden Mutterwitz, welcher den Bewohnern seiner Heimat angeboren zu sein pflegt.
    Der Inhalt dieses Gesprächs schien Morgenstern noch weiter zu beschäftigen, denn er las nun weniger aufmerksam als vorher und vergaß auch das Trinken nicht. Als er seine Flasche ziemlich geleert hatte, stand Antonio Perillo auf, um zu bezahlen und fort zu gehen. Einige Zeit später brach auch Morgenstern auf. Er bezahlte seine sechs Papiertaler. Das klingt sehr hoch, ist aber nicht so gefährlich, wie es scheint, da der Papiertaler einen Wert von sechzehn deutschen Pfennig hatte. Dennoch aber ist der Preis von sechsundneunzig Pfennig für eine Flasche Bier kein niedriger zu nennen, aber das Bier, wenigstens das aus Europa eingeführte, galt damals noch mehr als heute als Luxusgetränk.
    Als er das Café verlassen hatte, wendete er sich links in die Straße, welche direkt und in schnurgerader Richtung nach der Quinta des Bankiers führte. Er war zu sehr mit seinen gelehrten Gedanken beschäftigt, um die zwei Gestalten zu sehen, welche gegenüber wartend an den Pfeilern einer Tür lehnten. Sie wären ihm aber wohl auch dann nicht aufgefallen, wenn er weniger an seine vorsündflutlichen Tiere gedacht hätte. Und doch war gerade er es, auf den sie es abgesehen hatten. Es war nämlich Antonio Perillo und ein anderer, der sich vorhin nicht im Café befunden hatte. Als sie den Doktor erscheinen sahen, flüsterte der erstere dem letzteren zu: „Schau ihn genau an, ob er es nicht ist!“
    Als der andere die Züge des deutschen Gelehrten im Licht der Fenster des Cafés, an denen dieser vorüberging, deutlich erkannte, antwortete er: „Gar kein Zweifel; er ist's, und wenn er noch so sehr
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