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322 - Götterdämmerung

322 - Götterdämmerung

Titel: 322 - Götterdämmerung
Autoren: Mia Zorn
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rammte.
    Während die Alte niedersackte, erklang hinter ihm ein wütender Schrei. Glymjandi fuhr herum und sah Hamskarpur, der sein Schwert aus der Scheide riss. »Du kleiner Bastard!«, brüllte der Häuptling. »Ich werde dich...«
    Weiter kam er nicht. Widdas schlankes Messer, das der Zwerg blitzschnell vom Boden aufgeklaubt und geworfen hatte, schnitt ihm im wahrsten Sinn das Wort ab. Blut sprudelte aus der Wunde in seiner Kehle. Hamskarpur ließ sein Schwert fallen und griff sich an den Hals, doch er konnte den Blutfluss nicht stoppen. Er gurgelte noch ein paar unverständliche Worte, dann kippte er zur Seite.
    Glymjandi kümmerte sich nicht weiter um ihn. Mit eiligen Schritten war er bei der sterbenden Dimmbrá. Der Tod hatte sein Werk noch nicht vollendet, doch lag bereits ein Schleier über ihren Augen.
    Glymjandi flüsterte unbeholfene Worte, von denen er nicht wusste, ob sie sie noch hörte, gestand ihr seine Liebe und bat um Vergebung, sie nicht gerettet zu haben. Sie sah ihn stumm an, bis ihr Blick brach.
    Er hatte nicht bemerkt, dass er nicht mehr allein war. Erst als hinter ihm eine raue Stimme aufklang, wandte Glymjandi den Kopf, ohne zu erschrecken. Was konnte ihm jetzt noch widerfahren, da er innerlich schon gestorben war?
    »Was für ein Blutbad!«, sagte die Stimme. »Hätte ich dir gar nicht zugetraut.« Eine Hand berührte den Kleinwüchsigen an der Schulter. »Wenn du leben willst, komm mit mir, Glymjandi.«
    ***
    Matt und Grao’sil’aana warteten ungeduldig am vereinbarten Treffpunkt auf den Götländer. Als sie schon glaubten, nach Jotunheimen zurück zu müssen, weil etwas passiert sei, machte der Daa’mure am Horizont einen Schlitten aus. »Sie sind zu zweit«, knurrte er. »Bei Sol’daa’muran, der Zwerg ist bei ihm!« Schnell organisierte Grao seine Schuppen um und nahm wieder die Gestalt eines Lupas an.
    Als das Kufengefährt aus Jotunheimen sie erreicht hatte, sprang Gauti heraus und wandte sich an die Gefährten, während der Kleinwüchsige wortlos mit einigen Brettern unterm Arm an ihm vorbei flitzte. Der Götländer blickte bekümmert. »Ihr müsst euch beeilen. Das ganze Dorf ist in Aufruhr. Die Seherin und der Häuptling sind tot und natürlich gibt man euch und Fenrir die Schuld daran. Glymjandi wird euch zum Feuertor führen und unterwegs alles erklären. Ich muss zurück. Vielleicht kann ich Schlimmeres verhindern. Leb wohl, mein Freund.« Damit umarmte er Matt, winkte den anderen zum Abschied und war schon wieder auf dem Schlitten, bevor der Mann aus der Vergangenheit überhaupt zu Wort kommen konnte. Verwundert blickte er ihm nach.
    Und als sie sich umwandten, stand Glymjandi vorne auf ihrem Schlitten, gestikulierte und rief etwas.
    Xij, die wieder ganz genesen war, horchte auf. »Ich kann ihn nun besser verstehen als zuvor. Moment mal...« Sie trat vor ihn und stellte eine Frage in der Sprache der Wikinger. Dann nickte sie. »Es ist, wie ich dachte. Dimmbrá ist tot. Die Blockade in meinem Geist ist verschwunden.«
    »Was hat er gesagt?«, fragte der Lupa namens Grao und deutete mit dem mächtigen Schädel auf den Zwerg.
    »Dass wir mit ihm kommen sollen«, entgegnete Xij. »Er kennt angeblich eine Abkürzung in die Berge.«
    »Können wir ihm vertrauen?«, fragte Matt.
    Xij zuckte die Schultern. »Gauti hat ihm vertraut und ihn eingeweiht. Bleibt uns eine Wahl?« Sie sah zu Grao. »Du kannst deine Tarnung übrigens aufgeben. Er hat dich bereits als Echse gesehen.«
    Es dauerte lange, bis Xij ihnen während der Fahrt übersetzt hatte, was Glymjandi ihr mit seinen begrenzten Formulierungen schilderte. Sie alle – außer Grao natürlich – waren betroffen von seinem Verlust und bewegt von seiner Entscheidung. Nun wussten sie auch, dass der Zwerg nichts gegen sie unternehmen würde – Gauti hatte ihn in der Hand.
    Wenn sie erst aus dieser Welt verschwunden waren, würde es nicht schwer sein, die Jotunheimener davon zu überzeugen, dass die Geschehnisse von Odin gewollt waren. Wie der Zwerg berichtete, hatte Gauti die Wunden der Seherin und des Häuptlings so erweitert, dass sie wie die Bisse eines großen Raubtiers aussahen. Somit hatte Fenrir, der durch eine List entkommen war, die Schuld an ihrem Tod.
    Matt lächelte wehmütig. Er würde ihn vermissen, diesen listenreichen Götländer.
    Inzwischen hatten sie die Hügel erreicht, die hinauf zu Ymirs Schultern führten. Sie verließen ihr Kufengefährt und folgten dem Zwerg, der seine komischen Bretter unter dem Arm trug,
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