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313 - Der verlorene Pfad

313 - Der verlorene Pfad

Titel: 313 - Der verlorene Pfad
Autoren: Stephanie Seidel
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zu kommen.
    ***
    Die Küche war nicht Juefaans Ziel. Er wollte allein sein, und das hieß für ihn: draußen sein. Also zog er die Wintersachen wieder an, die er und Aruula in der Halle abgelegt hatten. Als er das Haupthaus verließ und auf den Wehrgang der Burg hinaufstieg, hatte sich gerade die Dämmerung über das Land gesenkt. In Juefaans Kopf wirbelten die Gedanken umher.
    Noch immer hatte Aruula ihn nicht als Rulfans Sohn vorgestellt, und das war ja auch kein Wunder nach den Streitereien, die Juefaan hatte miterleben müssen. Zwischen seinem Vater und Myrial hatte es ordentlich gekracht, und die Nachricht, dass er noch einen zweiten Sohn hatte, würde den Streit sicher weiter anheizen.
    Dick vermummt trottete der Junge über den Wehrgang hinter den Zinnen und blickte bei jeder Lücke hinunter auf die schneebedeckten Wiesen. Ab und zu kam ein Burgwächter auf seiner Patrouille vorbei und nickte ihm zu. Es hatte sich bereits herumgesprochen, dass der Burgherr Gäste hatte.
    Am Himmel stand, schon recht tief, der volle Mond und beleuchtete das Umland mit silbrigem Glanz. Fuß- und Wildspuren hatten ein kreuz und quer verlaufendes Muster im Schnee hinterlassen. Es erinnerte Juefaan an die Linien, die seine Mutter mit einem verkohlten Holzstück auf Leder gemalt hatte, wenn sie ein neues Kleidungsstück anfertigen wollte.
    Mutter, dachte er wehmütig. Er vermisste sie sehr, besonders an Tagen wie diesen. Aruula hatte ihm gesagt, Juneeda würde in Wudans Reich alles erfahren, was er hier auf der Erde tat, und deshalb müsse er sich immer gut benehmen. Schließlich sollte sie ja stolz sein, wenn sie den Ahnen von ihm erzählte.
    Hoffentlich nimmt mich Aruula wenigstens wieder mit nach Hause, wenn mein Vater mich nicht will, dachte er verzagt. Sonst weiß ich gar nicht, was ich machen soll!
    Sein Blick wanderte über die Wiesen nach rechts, zu der Ruine, die Rulfan Hangar genannt hatte. Dort lag das fliegende Schiff. Wie mochte es aussehen? Wie funktionierte es? Konnte man ihm sagen , wo es hinfliegen sollte?
    Der Gedanke faszinierte Juefaan ungeheuer – und er verdrängte vor allem die Sorgen, die er sich machte. In Sekundenschnelle wurde es zur fixen Idee: Er musste das fliegende Schiff sehen! Nur ein einziges Mal!
    Auf der Straße zur Burg wurde es plötzlich laut. Hufgetrappel und Waffenklirren erschollen, Horsays wieherten ungeduldig, weil sie in ihren Stall wollten. Juefaan reckte den Hals, um mehr zu sehen.
    »Das ist die berittene Patrouille«, sagte hinter ihm der Wächter, der sich unbemerkt genähert hatte. »Sie kehrt heim, wie jeden Abend.« Dann ging er weiter.
    Juefaan sah die Reitergruppe jetzt den Weg zur Burg entlang kommen. Und erkannte darin seine Chance. Wenn das Tor geöffnet wurde, konnte er vielleicht unbemerkt hinausgelangen und hinüber zum Hangar laufen.
    Noch ehe er weiter über die Idee nachdenken konnte, war er schon auf dem Weg zum nächsten Abstieg hinab auf den Hof. Dabei ahnte er nicht, dass er nicht der Einzige war, den es zu abendlicher Stunde mit demselben Ziel aus der Burg zog...
    ***
    Es war eine mondhelle Nacht. Kaum eine Wolke trübte den Himmel, und die fahlweiße Winterdecke rings um Canduly Castle war wie ein Meer aus glitzernden Sternen. Alles wirkte so friedlich.
    Und doch...
    Im Schatten der Burg huschte eine vermummte Gestalt dahin. Eng an den Mauern entlang, was sie unsichtbar machte für die Wächter auf den Zinnen. Myrial hatte eine Entscheidung getroffen, die sie jetzt in die Tat umsetzte.
    Nachdem sie Baby Leonard Pellam versorgt und der Obhut einer Amme überlassen hatte, war sie nicht etwa in den Salon zurückgekehrt, wo Rulfan noch immer mit Aruula zusammensaß, sondern hatte die Burg durch ein kleines Seitentor verlassen. Die nächste halbe Stunde würde man sie nicht vermissen, und so lange würde das, was sie vorhatte, nicht dauern. Wenn alles erledigt war, wollte Myrial frischen Tee aus der Küche holen und in den Salon zurückkehren, als wäre nichts geschehen.
    Natürlich fühlte sie sich nicht wohl dabei, ihre Gatten so zu hintergehen, aber sie sah keine andere Möglichkeit. Schon zu oft hatte er sie für irgendwelche fixen Ideen alleingelassen; das durfte sich nicht wiederholen!
    Myrial fuhr zurück, als sie einen Fuß auf die verschneiten Wiesen setzte: In der Stille der Nacht und der klaren Luft trug das Knirschen unter ihren Stiefeln weit! Langsamer und vorsichtiger schlich sie weiter.
    Myrial wollte zu der Ruine, in der Rulfans Luftschiff auf seinen
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