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305 - Nach Millionen von Jahren

305 - Nach Millionen von Jahren

Titel: 305 - Nach Millionen von Jahren
Autoren: Michelle Stern
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über das integrierte Headset.
    »Gilam’esh!« Sein Klacken klang verunsichert. »Ihr müsst sofort zurückkommen. Wir treffen uns im Hydrosseum. Im Besucherraum.«
    »Was ist passiert?«
    »Maddrax ist zurück. Er hat eine Fremde bei sich. Und er hat... Probleme. Ich erkläre dir alles Weitere auf dem Weg.«
    Gilam’esh aktivierte die automatische Überwachung des Kraftwerksektors und sah zu E’fah, die das Gespräch in ihrem Helm mitgehört hatte. Die Farben ihres Scheitelkamms spiegelten dieselbe Ratlosigkeit und Überraschung wider, die auch er empfand. Mit einem kräftigen Stoß schwamm er zur Schleuse.
    ***
    Die Luft im Empfangsraum erschien Commander Matthew Drax stickig und abgestanden, obwohl der Raum gerade erst neu bepumpt worden war. Das Atmen fiel ihm schwer.
    »Ich habe furchtbare Dinge getan«, flüsterte Matt erneut. Er fühlte sich müde und ausgelaugt, trotz der stärkenden Knolle, die Bel’ar ihm verabreichte. Seine Gedanken kreisten um die Taten, zu denen ihn der Kampfanzug der Technos aus dem Grotta-Bunker bei Triest getrieben hatte. [2] Er war durch das im Anzugcomputer gespeicherte Persönlichkeitsprofil des früheren Trägers zum Berserker geworden, hatte Dutzende friedliche Hydriten getötet oder schwer verletzt und zuletzt sogar Gilam’esh’gad angreifen wollen. Zum Glück hatte Quart’ol, von Xij per Funk gewarnt, ihn rechtzeitig aufhalten können.
    Neben ihm saß Xij in einer Muschelschale. Sie stützte sich schwer auf deren Rand und wirkte noch erschöpfter und ausgezehrter, als er sich fühlte. Sie war todkrank, und es ging ihr immer schlechter. Zumindest war es ihm gelungen, seine Begleiterin mit der aschblonden Kurzhaarfrisur nach Gilam’esh’gad zu bringen. Mit etwas Glück konnte sie in dieser Stadt – dem ehemaligen Zentrum der hydritischen Kultur – gerettet werden. Seit Monaten litt sie unter Schmerzen und Schwächeanfällen.
    Durch einen hochfrequenten Schrei hatte sie in Tschernobyl einen Kristall der Daa’muren zerstört. [3] Dabei war der hochgiftige Kristallstaub in ihre Lunge geraten und zerfraß sie nun langsam aber unaufhaltsam.
    Quart’ol blickte Matthew mitfühlend an. »Du warst nicht du selbst«, beruhigte er ihn. »Ich werde mich um Schadensbegrenzung bemühen. Du weißt, dass Gilam’esh’gad von der Außenwelt abgeschottet ist, aber wenn ich das nächste Mal in Hykton bin, kläre ich die Sache auf. Wir haben ja den Anzug als Beweis.«
    Matt nickte dankbar. Er brauchte Zeit, das alles zu verarbeiten. Selbstverständlich würde er zu seinen Taten stehen. Wenn das bedeutete, dass er offiziell das Vertrauen der Hydriten verlor und sich in ihren Städten nicht mehr blicken lassen durfte, würde er das respektieren.
    Die Schleuse des Raumes öffnete sich und herein traten zwei Hydriten, die er in ihren neuen Klonkörpern zum ersten Mal sah und die er doch sofort erkannte: E’fah und Gilam’esh.
    Zuletzt war Matt von hier aus zur Suche nach dem Flächenräumer aufgebrochen. Damals hatten sich die beiden Geistwanderer noch im Körper von Yann Haggard befunden. Doch mithilfe des Wächters Pozai’don hatten sie Klonkörper und damit eine neue Existenz erhalten.
    Es tat gut, seine Freunde gesund wiederzutreffen. Matt stand auf und wollte Gilam’esh begrüßen, doch er brachte kein Wort hervor.
    Etwas Merkwürdiges ging vor sich.
    Gilam’esh stand mitten im Raum, ein gutes Stück vor E’fah, und starrte auf Xij. Xij ihrerseits erhob sich langsam von ihrem Sitz. Ihre Beine drohten wegzuknicken, doch sie blieb zitternd stehen. Matt half ihr und stützte sie.
    Die Berührung löste längst vergessene Erinnerungen in ihm aus. Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit war ihm, als hätte er mentale Kräfte. Es fühlte sich an wie damals, als sein Geist durch die Tunnelfeldanlage in die Vergangenheit des Mars geschleudert und in Gilam’eshs Körper gefahren war.
    Jetzt war es ihm, als würde diese Verbindung für einen Augenblick wieder bestehen. Matt konnte das geistige Prickeln fühlen, den unsichtbaren Gedankensturm, der zwischen Gilam’esh und Xij tobte. Dann plötzlich – ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben – sank Xij zu Boden. So abrupt, als wären einer Marionette die Fäden durchschnitten worden.
    Es geschah zu schnell. Er konnte sie nicht halten, aber ihren Fall abmildern. Seine Arme umklammerten ihren Oberkörper. »Xij!«, rief er erschrocken, unfähig zu verstehen, was mit ihr geschah. Vorsichtig legte er sie ab.
    Gilam’esh sprang vor und kniete
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