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286 - Der körperlose Herrscher

286 - Der körperlose Herrscher

Titel: 286 - Der körperlose Herrscher
Autoren: Michelle Stern
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seiner Gefährtin E'fah zeigte sich erst einige Wochen nach ihrem Verschwinden in vollem Ausmaß. Der Wissenschaftler und Zeitreisende gab die Hoffnung auf. Unendliche Zeiten hatte er als Geistwanderer erlebt und überlebt und war an einen Punkt gelangt, an dem es schien, als sei er seines Lebens überdrüssig.
    Als E'fah vor vierzehn Zyklen von einem Tentakelmonster aus der Stadt entführt worden war, hatte er unverzüglich die Verfolgung eingeleitet. Aber sie hatten weder die Geistwanderin, noch das Tentakelgeschöpf gefunden. Beide waren wie vom Meeresgrund verschluckt.
    »Sie ist tot«, sagte Gilam'esh trauernd. Sein Schnalzen drückte seine Verletzlichkeit aus. »Unwiderruflich verloren. Es hat alles keinen Sinn mehr. Lass mich allein.«
    Quart'ol wollte darauf drängen, dass sich Gilam'esh endlich den anstehenden Aufgaben stellte. Ihn in dieser Verfassung zu sehen, schmerzte. Es gab viel zu tun. Die Mar'os-Herrscherin Sar'kir hatte den Kontakt zur Stadt Hykton abgebrochen und niemand wusste, was in Neu-Martok'shimre vor sich ging. Die Kontrollen der Stadt waren verschärft worden und nur überprüfte Mar'os-Jünger erhielten Zugang.
    Außerdem gab es beunruhigende Neuigkeiten vom Festland. Um E'fah zu finden, waren vermehrt Beobachter eingesetzt worden, die von einer unheimlichen Gegend in der Nähe Waashtons berichteten, die die Menschen »Zeitwald« nannten. Dieses Gebiet stammte angeblich aus der Zukunft! Gefährliche Wesen, die aus diesem Gebiet gekommen waren, hatten große Teile der Stadt verwüstet und viele Bewohner getötet, und nun galten seit Tagen mehrere Soldaten als vermisst.
    Quart'ol hatte sich nicht weiter um die Vorfälle gekümmert, da die Verfolgung des Tentakelwesens Vorrang hatte. Allerdings fragte er sich, ob das Monster vielleicht in Verbindung zu den Vorfällen in Waashton stand.
    Im Nachhinein war er froh, dass Gilam'esh sich seit seiner Ankunft aus den politischen Belangen Hyktons weitestgehend heraushielt. Der HydRat arbeitete auch ohne ihn und in gewisser Weise konnte sich sein Freund eine Auszeit gönnen. Der Oberste Kal'rag war ein uralter Quan'rill - ein Geistwanderer -, der schon viele Leben gelebt hatte und letztlich nicht auf Gilam'eshs Rat angewiesen war.
    Trotzdem wünschte Quart'ol sich, Gilam'esh würde zu seiner alten Tatkraft zurückfinden und ihn darin unterstützen, die zahlreichen Rätsel in und um Hykton und Neu-Martok'shimre zu lösen. Er war dankbar, dass er Bel'ar an seiner Seite hatte.
    Auch sie gehörte zu den Beobachtern und hatte die alte Station unter der Stadtmauer von Waashton reaktiviert. Ihr oblag die Einsatzleitung bei der Suche nach E'fah an Land, trotzdem fand sie immer wieder Zeit, an seiner Seite zu sein.
    Quart'ol fühlte sich deswegen schuldig. Er hatte eine Gefährtin, während Gilam'esh die seine schmerzlich vermisste. Er wusste, dass dieses Gefühl von irrationaler Schuld zutiefst menschlich war, und wurde sich wieder einmal bewusst, welche Veränderungen seine gemeinsame Zeit mit Maddrax bewirkt hatte. Er hatte im Geist des Lungenatmers gewohnt, nachdem Barbaren seinen alten hydritischen Körper getötet und ihn so zu einer geistigen Wanderung gezwungen hatten. [5]
    Sie kamen in die große Halle. »Morgen wird der letzte ausgesandte Beobachter-Trupp zurückkehren«, wandte sich Quart'ol an Gilam'esh. »Vielleicht hat Bel'ar dann Neues zu berichten.«
    Gilam'esh entgegnete nichts. Er verharrte reglos, sein blauvioletter Scheitelkamm hing schlaff herab und die braungrünen Schuppen wirkten bleich. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte Quart'ol angenommen, eine fremde Macht habe den Freund zu Stein erstarren lassen.
    ***
    »Mer'ol!«, rief ein harte Stimme.
    Mer'ol wandte sich dem ersten Wächter des Steingottes zu. »Was wünscht Ihr, göttlicher Quesra'nol?« Er musterte den merkwürdigen Hydriten, der anders aussah als jeder Hydrit, den er kannte. Er erinnerte ihn an die Beschreibungen der uralten Hydree, von denen er in den Archiven Hyktons gelesen hatte.
    Er hätte Quesra'nol gern nach seiner Herkunft befragt, aber er traf ihn nie allein an, immer nur im Thronsaal, in der Nähe des denkenden Steins. Da er selbst mental begabt war, spürte er die große Macht, die der Stein ausstrahlte. Er besaß ein Bewusstsein. Allein das reizte einen Wissenschaftler wie ihn außerordentlich und es war ärgerlich, den Stein nicht wie eine Labormuschel sezieren zu können. Immerhin diente er nur wegen des Steins als Wache und hatte seine wahre
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