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286 - Der körperlose Herrscher

286 - Der körperlose Herrscher

Titel: 286 - Der körperlose Herrscher
Autoren: Michelle Stern
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mit furchtbaren Waffen verdampft worden. Eine dieser Städte war Martok'shimre gewesen, die Heilige Stadt der Mar'osianer, die nach ihrem Ahnherrn und Gott Martok'aros benannt war. Im Namen ihres Gottes wollten sie Quesra'nol in ihre Dienste zwingen, doch es war anders gekommen.
    Er fokussierte den Blick und sah mit träger Teilnahmslosigkeit durch die künstlich erschaffene Unterwasserhöhle. Er wusste, er sollte Schmerz und Verzweiflung empfinden, denn obwohl er auf einem Thron aus Muschelschalen saß, war er ein Sklave und nicht mehr Herr seiner selbst. Aber er konnte es nicht.
    Sein Blick richtete sich in einer Mischung aus Hingabe und unterschwelligem Zorn auf den faustgroßen Stein, der auf einer Stele drei Schwimmzüge entfernt vor dem neu erbauten Altar aus Lavagestein lag. Dieser Stein hatte ein Bewusstsein und nannte sich Mutter . Quesra'nol hatte oft versucht, mehr über Mutter zu erfahren, doch sie hütete ihre Geheimnisse. Er legte den Kopf schief und atmete tief durch die Kiemen das Grottenwasser ein.
    Wusste Mutter mehr über sich, als sie preisgab, oder war sie sich selbst ein Rätsel?
    Fest stand, dass sie mentale Kräfte besaß und anderen Wesen ihren Willen aufzwingen konnte. Sie faszinierte und ängstigte ihn und nahm ihm zugleich nahezu jedes Gefühl. Ihm war, als sei er ein Teil von ihr, obwohl er wusste, dass er das nicht war. Er war ein Sklave und er konnte nichts anderes tun, als dieses Schicksal zu tragen. Vielleicht war es die Strafe für die vielen Hydree, die er auf Rotgrund hatte töten müssen, um der Macht des Schwarzen Kristalls Einhalt zu gebieten. Vielleicht war es aber auch eine Laune des Schicksals.
    Das große Tor mit den mächtigen Korallengriffen öffnete sich und eine in Gold gekleidete Hydritin schwamm herein. Hinter ihr brachten zwei Wächter eine weitere Hydritin, die bis auf einen Lendenschurz aus Fischleder nackt war und sich verzweifelt gegen die Griffe ihrer Bewacher zur Wehr setzte. Sie schlug und trat um sich, doch die beiden mit Hummerpanzern gerüsteten Hydriten wichen den Tritten aus und hielten sie eisern fest.
    In den Türkisaugen der Hydritin spiegelte sich ihre Verzweiflung und Frucht. Sie sah sich panisch um und entdeckte ihn in der Nähe der Stele auf dem Muschelthron. Ihr Scheitelkamm richtete sich hoffnungsvoll auf. »Quesra'nol!«, klackte sie flehend. »Quesra'nol, sag ihnen, sie sollen mich loslassen! Bitte, Quesra'nol!«
    Er starrte sie unbeteiligt an. Wie war noch ihr Name? Ira… Ina… Er entsann sich nicht.
    Sie bäumte sich auf. »Lasst mich frei!«
    E'fah drehte sich um. Quesra'nol sah, dass sie ebenso unbeteiligt war wie er.
    Auch sie war unter den Einfluss von Mutter geraten. Das Steinwesen kontrollierte jeden ihrer Gedanken. Ihr breites Gesicht mit den leicht hervorquellenden Augen zeigte im roten Licht der Seesterne keine Emotion. Ihr Schnalzen klang harsch.
    »Sei still. Du stirbst für eine gute Sache. Du solltest dankbar sein, von Mutter erwählt zu werden.«
    Ihre Worte lösten die Panik der Gefangenen erst richtig aus. Sie klackte in hellen Schreien und geriet in Raserei. Zwei weitere Wachen mussten sie festhalten, während E'fah nach einer Knolle griff, die sie in einem Beutel an ihrem goldenen Lendenrock befestigt trug.
    Sie presste die Knolle in den Mund der Hydritin. Die versuchte den Übergriff abzuwehren, hatte aber keine Chance gegen die vier gerüsteten Krieger. E'fah griff unter ihr Kinn und zwang sie, zu kauen. Nur Augenblicke später entspannte sich die Gefangene.
    Beeilt euch, es wird nicht lange dauern, bis die Faruuknolle nicht mehr wirkt , hörte Quesra'nol eine mentale Stimme in seinem Kopf, die er herbeisehnte und zugleich verabscheute: die Stimme von Mutter . Sie war eines der wenigen Dinge, die ihm ein Gefühl von Freude schenkten - und doch wusste er, dass auch das nur ein Zwang war, den Mutter ausübte. Sie sorgte dafür, dass er ihre Stimme gern hörte, damit er ihr ergeben blieb. Sie pflanzte ihm immer wieder den Gedanken ein, dass er sie schützen musste, mit allem, was er hatte, und dass nichts außer ihr und ihrem Willen eine Rolle für ihn zu spielen hatte.
    E'fah klackte zustimmend und zog die wie betäubt wirkende Hydritin auf den Altar. Wenn ihm doch nur ihr Name eingefallen wäre. Er war wichtig, dieser Name. Die Hydritin war wichtig, denn er kannte sie. Aber woher?
    Quesra'nol! Träum nicht! Die Stimme Mutters war ein mentaler Peitschenschlag. Ergeben beeilte er sich, seine Aufgabe zu erfüllen. Unter den
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