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28 Minuten

28 Minuten

Titel: 28 Minuten
Autoren: Dave Zeltserman
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meisten Firmen draußen auf dem Land, etwa vierzig Kilometer nordwestlich von Boston an. Keine schlechte Gegend, wenn man auf Pferde stand oder eine Familie gründen wollte, aber man konnte hier echt nicht essen gehen. Immerhin, zwanzig Minuten von hier lag Lowell.
    Der Verkehr war entspannt, und Gordon erreichte die Stadt in weniger als fünfzehn Minuten. Er entschied sich gegen sein gewohntes kambodschanisches Restaurant. Bei seinen letzten Besuchen waren die Portionen kleiner gewesen, und außerdem gefiel ihm die Stimmung dort nicht. Stattdessen hielt er vor einem neueren, das ihm vor ein paar Monaten aufgefallen war.
    Ein junges asiatisches Mädchen saß gelangweilt hinter der Kasse. Als Gordon näher kam, schaute sie auf und lächelte ihn an.
    »Heiß heute, was?«, sagte Gordon.
    »Ja, allerdings«, sagte sie leise. »Sehr heiß, schwül.«
    »Keine Klimaanlage hier drin?«, fragte Gordon.
    »Nein, noch nicht. Später schalten wir sie ein.«
    »Es ist wohl zu früh zum Abendessen und zu spät zum Mittag. Normalerweise hole ich mir etwas zum Mitnehmen bei dem kambodschanischen Restaurant ein paar Straßen weiter, aber als ich das letzte Mal hier vorbeikam, habe ich gesehen, dass Sie neu aufgemacht haben.«
    »Vielen Dank. Ich bin sicher, unsere Gerichte werden Ihnen schmecken.«
    »Das hoffe ich allerdings. Was empfehlen Sie mir?«
    »Alles hier ist gut. Die Shrimps sind sehr gut.«
    Gordon schaute auf die Karte. »Kann es sein, dass Ihre Shrimpsgerichte auch die teuersten sind?«, sagte er.
    »Sie sind sehr gut«, sagte sie, aber ihr Lächeln verblasste ein wenig.
    »Na dann, warum nehme ich nicht dieses Shrimpsgericht hier, das mit den Erdnüssen und der scharfen Zitronengrassauce?«
    »Ich gebe gleich in der Küche Bescheid«, sagte sie. »Dauert keine fünf Minuten.«
    Gordon sah ihr hinterher. Das Mädchen war klein, schlank, und sein langes schwarzes Haar reichte fast über seinen gesamten Rücken. Der enge grüne Rock schmiegte sich an Hüften und Beine. Sein Mund wurde trocken, als er ihr nachsah. Als sie zurückkam, lächelte sie ihn höflich an, bevor sie wieder in ihrer Zeitschrift zu blättern begann.
    »Sind Sie Kambodschanerin?«, fragte Gordon.
    »Ja, natürlich.«
    »Na ja, es ist nicht offensichtlich. Sie könnten auch Vietnamesin sein. Ich kenne einige Vietnamesen, die in kambodschanischen Restaurants arbeiten.«
    »Ich bin Kambodschanerin.«
    »Was unter Pol Pot in Kambodscha geschah, war schrecklich«, sagte Gordon. »Leute, die Brillen trugen, wurden erschossen, weil sie als Intellektuelle galten. Das ist kaum vorstellbar.«
    »Ich weiß nur, was ich gelesen habe. Das war lange vor meiner Zeit.«
    »Tut mir leid, natürlich. Ich muss sagen, Ihr Englisch ist sehr gut. Wie lange sind Sie schon im Land?«
    »Ich wurde hier geboren.«
    »Wirklich? Ich wollte Ihnen nichts unterstellen. Nur, dass Ihr Englisch wirklich sehr gut ist. Viel besser, als das, was ich in den anderen kambodschanischen Restaurants so zu hören bekomme.«
    »Dafür sollte ich mich wohl bei Ihnen bedanken.«
    »Kann ich Ihnen eine persönliche Frage stellen?«, fragte Gordon.
    Sie schaute ein bisschen komisch, als sie sich ihm zuwandte, und ihr Lächeln war jetzt gänzlich verschwunden.
    Gordon stemmte die Hände in die Hüften und streckte sein Kinn vor. »Was glauben Sie, wie alt ich bin?«, fragte er.
    »Ich ... ich weiß nicht. Ich bin gleich zurück.«
    Sie wandte sich von ihm ab und eilte davon. Gordon entspannte sich. Er wollte weg, aber er hatte schon sein Essen bestellt. Ein paar Minuten später kam ein Kambodschaner im Anzug aus der Küche. Er ging direkt auf Gordon zu. Als er vor ihm stand, drückte er Gordon eine Tüte mit Essen in die Hand. »Essen heute ist umsonst«, sagte er. »Ich bin der Besitzer. Bitte kommen Sie nicht wieder.«
    »Warum nicht?«
    »Sie haben das Mädchen, das hier arbeitet, sehr unangenehm gemacht.«
    »Wie denn das?«, fragte Gordon. »Meine Güte, ich wollte doch bloß nett sein.«
    »Das ist nicht, was sie sagt.«
    »Was hat sie denn gesagt? Dass ich sie angemacht habe? Kommen Sie, ich habe bloß mit ihr geredet, während ich auf mein Essen gewartet habe.«
    »Bitte gehen Sie jetzt.«
    »Weil ich sie gebeten habe, zu schätzen, wie alt ich bin? Meine Güte. Ich habe sie bloß gefragt, weil ich wissen wollte, ob ich für unter fünfzig durchgehe.«
    »Ihr Alter? Ich rate Ihr Alter. Sie sind ein schmutziger alter Mann. So rate ich Ihr Alter. Und jetzt kommen Sie bitte nicht
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