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278 - Der Gott der Mar'osianer

278 - Der Gott der Mar'osianer

Titel: 278 - Der Gott der Mar'osianer
Autoren: Michelle Stern
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gemäßigt sind und mit denen eine Koexistenz möglich ist.« Er sah in die Runde. »Hier bietet sich die einmalige Gelegenheit, eine Feindschaft zu beenden, die seit Jahrtausenden gärt und in der Vergangenheit zu furchtbaren Greueltaten geführt hat - auf beiden Seiten!«
    »Aber die verschwundenen Pilger…!«, begehrte E'fah auf.
    »Es kann es gut sein«, unterbrach Gilam'esh sie, »dass es sich bei den Tätern um eine Splittergruppe handelt, die eigenmächtig und ohne Sar'kirs Wissen handelt. Sie hat offiziell bestritten, mit dem Verschwinden der Pilger zu tun zu haben. Wir müssen ihr Vertrauen entgegenbringen; nur so können wir alte Mauern einreißen!«
    Quart'ol sah Gilam'esh aufmerksam an. Er kannte ihn inzwischen gut genug, um die kleinen Gesten seines Klonkörpers richtig zu deuten. »Was hast du vor?«
    »Ich plane, Sar'kir zu Verhandlungen in meinen Palast einzuladen.«
    »Verhandlungen«, spie E'fah aus. »Wir müssen gegen sie ziehen und sie vernichten! Stell ihr ein Ultimatum, und wenn sie ihre Stadt nicht aufgibt, mach sie nieder!«
    »Das werde ich ganz sicher nicht tun.« Gilam'esh sah zu Kal'rag. »Und der Neun-Städte-Bund vermutlich auch nicht, selbst wenn ich es wollte.«
    »Nein«, bestätigte Kal'rag. »Auch mir gefällt die momentane Entwicklung nicht, aber in Hykton haben wir wegen der Pilger schon genug Unruhen. Ich wünsche keine Kampfhandlungen, sofern sie nicht zwingend erforderlich sind.«
    Durch die zahlreichen Pilgerzüge und der Ankunft von Kolonien war ein neues Viertel am Rand der Stadt entstanden: Gilam'esh'kar. Doch die Korallen und bionetischen Baustoffe konnten nicht so schnell nachgezüchtet werden, wie es nötig war, und so drängten immer mehr Pilger in die Straßen und auf die Plätze der Stadt, was vor allem die älteren Bewohner Hyktons mit Misstrauen sahen. Immer wieder kam es zu Reibereien.
    E'fah schoss aus ihrer Sitzschale hoch. »Wenn das so ist, verabschiede ich mich.« Sie presste die wulstigen Lippen auf einander und schwamm mit weiten Zügen zum Muscheltor. Gilam'esh versuchte nicht, sie aufzuhalten. Als sie die Halle verlassen hatte, wandte er sich an Skorm'ak. »Was sagt Ihr, Skorm'ak? Was denkt der Gilam'esh-Bund?«
    Skorm'ak hob das Kinn. »Obwohl Ihr mich zu dieser Sitzung eingeladen habt, Gilam'esh, bin ich doch nur eine Ziermuschel an Eurer Tafel. Ich erlebe in jedem Zyklus die Verachtung für den Gilam'esh-Bund, trotz unserer Läuterung in der Kammer des Wissens. [2] Ich möchte darum bitten, mich in Zukunft nicht mehr zu Sitzungen einzuladen, die das Wohl der Stadt betreffen.«
    Einen Moment herrschte Schweigen in der Halle. Gilam'eshs Flossenkamm verfärbte sich schließlich zustimmend. »Wenn das Euer Wille ist, werde ich ihm nachkommen. Aber seid gewiss, dass ich dem Bund vergeben habe. Der Gang in die Kammer des Wissens hat euch gereinigt, das spüre ich.«
    Skorm'ak schien damit zufrieden. Quart'ol konnte das von sich selbst nicht behaupten. Obwohl auch er ein Quan'rill, ein Geistwanderer war, spürte er keine definitive Bestätigung einer Läuterung bei Skorm'ak, höchstens eine leichte Veränderung, die er jedoch nicht einordnen konnte.
    Gilam'esh ist eben Gilam'esh , sagte er sich. Er hat mir ein paar Jahrtausende voraus.
    Kal'rag ergriff wieder das Wort. »Also laden wir Sar'kir zu uns ein - und hoffen, dass wir einen Vertrag abschließen können, der die friedliche Koexistenz von Hykton und Neu-Martok'shimre regelt.«
    »Wir sollten Sar'kir ein Geschenk des Friedens überbringen«, schlug Gilam'esh vor, »um ihr zu signalisieren, dass wir langfristig an einem Bündnis interessiert sind.«
    Kal'rag machte ein missmutiges Schnalzgeräusch. »Ein Bündnis? Daran glaube ich nicht. Waffenstillstand vielleicht, ja, aber sie sind noch immer Mar'os-Jünger! Mir gefällt der Gedanke nicht, dass sie die Hauptstadt ihres Kultes gerade hier errichten. Allein der Name: Neu-Martok'shimre.« Sein Flossenkamm sank ein Stück nach hinten.
    Quart'ol verstand den Unmut des Obersten. Martok'shimre war vor Urzeiten der strahlende Mittelpunkt der barbarischen, fischfressenden Mar'osianer-Kultur gewesen. Und sie war - auch das hatte man für Jahrtausende verschwiegen - von den friedliebenden Vertretern der Hydriten in einem furchtbaren Krieg verdampft worden. Es gab inzwischen etliche Hydriten in Hykton, die glaubten, man müsse eine alte Schuld begleichen, indem man den Bau Neu-Martok'shimres gestattete.
    Der Oberste des Neun-Städte-Bundes fuhr fort zu sprechen.
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