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268 - Schritt in die Unsterblichkeit

268 - Schritt in die Unsterblichkeit

Titel: 268 - Schritt in die Unsterblichkeit
Autoren: Jo Zybell
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einer tonnenförmigen Brust, weißem Haar und weißem Bart erhob sich. Seine Stimme hallte durch den weitläufigen Saal: »Willkommen an Wudans Festtafel!«
    Aruula fing an zu weinen und richtete sich auf den Knien auf. »Dann bin ich also tot. Und Maddrax? Wo ist mein Geliebter?«
    Die Götter an der Festtafel lachten schallend. »Vergiss ihn!«, tönten einige. Aruula rief nach Maddrax und raufte sich das Haar. Wudan erhob sich, kniete vor ihr nieder und drückte sie zärtlich an seine gewaltige Brust. »Weine nicht, mein Kind. Er kann nicht zu uns stoßen, denn er glaubt nicht an die Götter.«
    Der Schmerz in Aruulas Brust wurde übermächtig, raubte ihr den Atem. Keuchend -
    wachte sie auf.
    Sie befand sich in ihrem Hotelzimmer auf dem Mars, und Maddrax lag neben ihr. Es war nur ein Traum gewesen. Oder vielmehr… eine Vision?
    Minutenlang lag sie wach, lauschte Maddrax' Atemzügen neben sich und versuchte nicht an die flimmernde Lichtsäule zu denken, die sie betreten musste, wenn sie zur Erde zurück wollte.
    Es gelang ihr nicht.
    Sie stand auf und trat ans Fenster - was es nicht besser machte: Sogar von Elysium aus war weit hinter dem Horizont der bläuliche Strahl zu sehen, der sich aus dem Mie-Krater erhob und in einer gebogenen Linie in den Marshimmel bohrte. Sie wusste von Maddrax, dass es kein Lichtstrahl war, sondern man ihn eher mit einer Wassersäule vergleichen konnte, die ihren Weg auch dann zur Erde fand, wenn die Planeten ungünstig zueinander standen.
    Aruula legte sich wieder hin und betrachtete ihren schlafenden Geliebten. Maddrax schienen keine bösen Träume zu plagen. Kein Wunder: Er war immerhin schon dreimal durch den Strahl gegangen. Beim dritten Mal war er sogar für Tage unsichtbar gewesen [1] , als sich zu viele der Teilchen, die es im Strahl gab - wie hießen sie noch gleich… Tachjoonen? - um ihn herum gebildet hatten. Erst als sich genügend davon abgelöst hatten, hatte man ihn wieder wahrnehmen können.
    Einer der Gründe, warum Aruula Zweifel hatte, vor allem nach diesem Traum. Unsichtbarkeit ist ein Vorrecht der Götter, wenn sie sich unbemerkt unter den Menschen bewegen. Man darf sie nicht verärgern.
    Die Gefahr, dass er auch diesmal wieder verschwinden würde, bestand allerdings nicht: Beim Angriff einer Frau, einer lebenden Blaupause , die ein junger Geistwanderer aus dem Strahl geholt hatte [2] , war die Tachjoonenschicht fast vollständig von ihm abgesaugt worden.
    Als Maddrax endlich erwachte und noch schlaftrunken in ihre Augen sah, stutzte er. »Was bedrückt dich?«, fragte er - und bewies damit, wie gut er sie und ihr Innenleben inzwischen kannte.
    »Der Strahl«, sagte sie nur und beschloss, ihm nichts von ihrem Traum zu erzählen.
    »Was ist damit?«
    »Es war mir bis jetzt gar nicht bewusst«, versuchte sie zu erklären, »aber jetzt, da der Schritt so dicht bevorsteht, mache ich mir Sorgen. Wer weiß, was in diesem Strahl alles passieren kann.«
    »Ich passe schon auf dich auf«, sagte der blonde Mann an ihrer Seite. »Außerdem kennst du ja den Vorteil der Reise durch den Strahl.«
    »Ja, kenne ich«, murmelte sie. »Die Unsterblichkeit.« Der einzige Grund, warum sie überhaupt willens gewesen war, sich auf dieses Abenteuer einzulassen - auch wenn dies einen ebenso großen Affront gegen die Götter darstellte. Aber sie konnte es nicht länger ertragen, selbst unaufhörlich zu altern, während ihr Geliebter ewig jung blieb. Als sie ihn vor zehn Wintern getroffen hatte, war sie so viel jünger als er gewesen; jetzt waren sie fast im gleichen Alter.
    »Eine relative Unsterblichkeit«, berichtigte Matt sie. Inzwischen blinzelten seine blauen Augen schon wacher in den Marstag, der niemals so sonnig werden konnte wie ein Tag auf der Erde. »Die Tachyonen verlangsamen unser Altern für genau fünfzig Jahre. Danach müssen wir ihren Schutz erneuern, sonst holt sich die Natur mit einem Schlag wieder, was man ihr gestohlen hat.«
    »Nicht die Natur«, berichtigte sie nun ihn. »Die Götter , Maddrax! Wir betrügen die Götter!«
    Sie spürte - auch ohne lauschen zu können, was der Telepathieblocker der Marsianer unter ihrer Stirnhaut verhinderte -, dass er geistig abblockte. Götterglauben war Maddrax' Sache nicht.
    »Und wenn wir warten, bis die Marsleute das nächste Schiff zum Erdmond schicken?«, versuchte sie ihn zu überreden, wohl wissend, dass es nicht funktionieren würde.
    »Das geht nicht«, kam auch schon die erwartete Antwort. »Ich kann keine vier Monate
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