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266 - Das Todesschiff

266 - Das Todesschiff

Titel: 266 - Das Todesschiff
Autoren: Ronald M. Hahn
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glauben. Vom Land der Sarazynen hatte er zwar schon gehört, aber er wusste auch, dass man sich dort immer sehr blumig ausdrückte. Manche Behauptung, die von dort kam, war mit Vorsicht zu genießen. Andererseits hatte er Kobenhachen verlassen, weil seine dortige große Liebe ihm zu anstrengend gewesen war. Zweiundsiebzig Jungfrauen beköstigen zu müssen, war bestimmt mühselig. Andererseits bedeutete »Anrecht« ja nicht »Pflicht«. Vielleicht konnte er sich auch mit siebzig Frauen zufriedengeben. Vorausgesetzt, er schaffte es irgendwie, sich einen Bart wachsen zu lassen…
    »Danke für die Information.« Sepp nickte. »Könnt Ihr mir vielleicht auch sagen, wo ich diesen Ole Rotbaad finde?«
    »Gewiss.« Blondyne deutete die noch immer leere Straße entlang - in die Richtung, aus der Sepp gekommen und in die Helmoot verschwunden war. »Seht Ihr den Gasthof dort drüben? Dort findet man Rotbaad um diese Stunde beim Morgengelage.« Sie zwinkerte Sepp noch einmal zu, dann ging sie die Treppe hinunter, wobei sie lasziv mit dem Po wackelte. Die Wache an Deck der Duopfa kam ihr hungrig entgegen.
    Sepp seufzte und machte sich auf den Rückweg. Das Gasthaus »Zum Glatze« sah wenig Vertrauen erweckend aus, aber da dies für ganz Smörebröd galt, beschloss er, das warnende Pochen seines Herzens zu ignorieren.
    Innen war es noch dunkler als draußen.
    Hinter dem aus groben Bohlen gefertigten Tresen spülte ein kräftig aussehender Glatzkopf mit zwei Zähnen Krüge in einem mit Wasser gefüllten Becken. Vor ihm saßen sechs abgerissene Gestalten, die nach ranzigem Fisch, verfaultem Gerstensaft und nassen Kötern rochen. Die zehn oder zwölf Tische, die den Rest der Taverne einnahmen, waren bis auf einen unbemannt. An diesem einen Tisch, er stand an einem Fenster, lag Helmoot vor einem leeren Humpen mit dem Kopf auf dem Tisch und schnarchte.
    Vier der sechs am Tresen hockenden Gestalten schliefen ebenfalls ihren Rausch aus. Nur zwei Gäste waren sich ihrer Existenz bewusst: Bis zu Sepps Eintritt waren sie damit beschäftigt gewesen, an dicken Kiffetten zu saugen und mit einem verbeulten Lederbecher um Getränke zu würfeln. Vor ihnen standen mehrere meterlange Batterien grüner Flaschen.
    Einer der Männer - er war, wie der Wirt, völlig haarlos und ähnelte einem von den Toten auferstandenen Gerippe - hielt eine leere Flasche in der Hand und musterte ungeduldig den anderen, der die seine gerade austrank.
    Der zweite Mann war drahtig, bärtig und hatte brandrotes Haar. Irgendeine böse Krankheit hatte sein Gesicht befallen, denn es war mit ekligen roten Pusteln bedeckt.
    Da Sepp außer dem penetrant nach Tobak riechenden und mit Lumpen bekleideten Kerl niemandem sah, der ihm mehr Respekt einflößte, glaubte er, dass er der Mann war, den er suchte: Ole Rotbaad.
    Der Mann setzte seine Flasche mit einem Schmatzen ab, knallte den Lederbecher auf den Tresen und rief: »Schon wieder gewinnt Käpt'n Rotbaad - und Knochen-Konni erhält 'ne Lektion!« Er fing so hämisch an zu lachen, dass sein Nebenmann mit einem Knurren an das schartige Messer griff, das an seinem Gürtel hing. Er zog es aber nicht, sondern wandte sich mit einem unverständlichen Bellen dem Wirt zu, der sich sofort bückte und zwei neue Flaschen auf den Tresen knallte.
    Knochen-Konni prostete Ole Rotbaad rülpsend zu, doch bevor die Flasche seine dünnen Lippen berührten, fiel er vom Hocker. Sepp hörte ein hohles Dröhnen, als sein Schädel den Steinboden berührte. Die Flasche in Knochen-Konnis Hand zerschellte. Rotbaad schaute den Wirt an und murmelte: »Ist 'ne echte Memme.«
    »Ja.« Der Wirt nickte dienstbeflissen.
    Sepp musterte die am Boden liegende Gestalt. Mit Leuten dieses Schlages war er schon öfters aneinandergeraten: Knochen-Konni gehörte der Spezies der Guule an. Angeblich waren sie mehr tot als lebendig. Sie galten als genügsam, da sie nur einmal im Monat aßen. Meist sabberten sie vor sich hin. Sie schliefen auch fast nie und gruben sich nachts höchstens mal ein Stündchen in die Erde ein. Außerdem sagte man ihnen nach, dass sie weder Wudan noch Orguudoo fürchteten, weil sie im Kopf nur eine graue Zelle hatten. Für einen rohen Braten dann und wann waren sie zu allem bereit. Bisher war Sepp diesen Wesen nur in den Reihen der Legion Etranjee begegnet. Wenn Knochen-Konni von seinem Stamm getrennt war, musste er ein schlimmer Finger sein.
    »Was glotzt du meinen Steuermann an?«, rasselte Käpt'n Rotbaad nun und funkelte den braven Sepp aus
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