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261 - Ein falscher Engel

261 - Ein falscher Engel

Titel: 261 - Ein falscher Engel
Autoren: Christian Schwarz
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Nimuee wieder getroffen – als Geliebte Jed Stuarts, der als »König von Schottland« über die von ihm geeinten High- und Lowlands gleichermaßen herrschte. [2]
    Doch Jed war wegen seiner persönlichen Lebenskrisen schwer angeschlagen und hielt momentan täglich Sitzungen mit einem holografischen Doktor ab. Rulfan hatte das Unterprogramm im Schleusenbutler eines havarierten EWATs gefunden. Seit Beginn der Behandlung hatte Jed keinen schizophrenen Anfall mehr erlitten – was auch daran liegen mochte, dass sein Widersacher Luther, dem er die psychische Schädigung verdankte, inzwischen das Zeitliche gesegnet hatte. Aber eine vollständige Heilung, wenn sie denn überhaupt möglich war, brauchte eben seine Zeit.
    Zusätzliche Gespräche mit Rulfan taten ein Übriges, um Jeds Genesung voranzutreiben. Irgendwie schien der König einen Narren an dem Neobarbaren mit den langen weißen Haaren und den roten Augen gefressen zu haben. Dieser Verdienst Rulfans schien der schönen Nimuee nicht entgangen zu sein. Und weil sie froh war, dass Jed, den sie jetzt wieder zärtlich Emryys nannte, nach langem Wandeln in tiefer Finsternis endlich wieder zu ihr fand, schien sie auch bereit zu sein, Rulfan zu vergeben.
    Cris Crump, der Heiler, und Lieutenant Patric Pancis verabschiedeten sich ebenfalls von Rulfan. Jed, der das bereits vor einigen Minuten getan hatte, war schon wieder in den Kellergewölben von Stuart Castle verschwunden, mit den Worten: »Ich muss dringend, hm, ein paar Worte mit meinem, nun, Doktor reden.«
    »Willst du nicht doch noch ein wenig bleiben, Rulfan?«, fragte Pancis.
    Der Albino lächelte und rückte sein Schwert im Wehrgehänge, das er gegen seinen Säbel eingetauscht hatte, zurecht.
    »Danke, aber ich muss zurück ins eigene Heim. Dort gibt es noch viel zu tun.«
    »Das können auch die anderen erledigen. Pellam und seine Söhne sind tüchtige Arbeiter«, erwiderte Nimuee und lächelte verschmitzt.
    »Ich glaube eher, dass es die schöne Myrial ist, die du nicht warten lassen willst.«
    »Blanker Unsinn. Völlig aus der Luft gegriffen.« Rulfan grinste breit. »Keine Ahnung, wie du auf so was kommst.« Einen Moment verging ihm das Grinsen, denn der Gedanke an die tote Lay und sein ungeborenes Kind drängte sich in den unbeschwerten Dialog.
    Doch er schaffte es nicht mehr, Rulfans gute Laune zu verderben und ihn zurück in die Abgründe tiefster Verzweiflung zu ziehen, wie das noch vor Wochen der Fall gewesen war.
    »Bring sie doch das nächste Mal einfach mit«, schlug Nimuee vor.
    »Ich freue mich, wenn ich mal wieder eine Woom zum Reden habe und mir nicht immer nur die Angebereien von euch Männern anhören muss.«
    »Wer gibt hier an?«, fragte Pat Pancis scheinbar empört. »Wenn ich sage, dass alle Wooms der High- und Lowlands gleichermaßen nach mir verrückt sind, dann ist das lediglich die Wahrheit und die wird man ja wohl noch sagen dürfen.«
    »Ja, klar. Alle die, die keinen anderen mehr abbekommen.« Nimuee kicherte und animierte Rulfan zu einem herzlichen Lachen.
    Der Albino, Sohn des Technos Sir Leonard Gabriel und der Barbarin Canduly, schlüpfte in seinen knielangen braunen Wintermantel aus Taratzenfell. Kurze Zeit später saß er auf seinem schwarzen Pferdemutanten und trieb ihn von Stuart Castle weg durch die tief verschneite Landschaft Richtung Nordwesten. Er hätte auch das Ein-Mann-Schneemobil benutzen können, das Jed Stuart ihm geschenkt hatte, aber das tat er bisher nur selten. Er liebte es mehr, die Landschaft vom Rücken seines Horsey-Hengstes zu betrachten.
    So lagen zwei Stunden Ritt durch dschungelähnlichen Mischwald, über Moore und steile Hügel vor ihm, bis er Canduly Castle erreicht haben würde. Zeit genug, um die Gedanken ein wenig schweifen zu lassen. Das konnte er unbesorgt tun, denn in dieser Gegend gab es anscheinend kaum gefährliches Viehzeug, vor dem er sich in acht nehmen musste. Seine gefährlichsten Gegner auf dem Weg zu seiner Burg waren zweifellos die Schneewehen, die sich an immer wieder anderen Stellen bildeten und bisweilen tödliche Fallen sein konnten.
    Doch hier verließ sich Rulfan ganz auf den Instinkt seines Horseys.
    In der Ferne hörte er einen Lupa klagen. Lang gezogen, traurig, so als heule er den Mond an. Ein zweiter antwortete, ein dritter. Rulfans Herz klopfte plötzlich hoch oben im Hals. Der zweite Lupa, war das nicht seine Chira? Ja, er glaubte ihre Stimme zu erkennen, auch wenn es gut sein konnte, dass da eher der Wunsch der Vater des
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