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247 - Der Kerker der Pandora

247 - Der Kerker der Pandora

Titel: 247 - Der Kerker der Pandora
Autoren: Mia Zorn
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Überlegungen. Während er Dr. Aksela hinter ihnen ein Zeichen gab, mit ihrer Untersuchung zu beginnen, wandte er sich seufzend an Rulfan. »Ich wünschte, Monsieur Drax würde bald zurückkehren und uns von der Anwesenheit seines mörderischen Sohnes und dieses Gestaltwandlers ein für allemal erlösen.«
    ***
    Blutdruck- und Temperaturmessungen, Abtasten der Lymphknoten, das Stethoskop an seinem Herzen. Jeden Handgriff, jedes Gerät auf seiner Haut und den genauen Ablauf der täglichen Untersuchungen kannte Daa’tan inzwischen in- und auswendig. Auch diesen Geruch von Schwarzkümmel und geröstetem Brot, den die Frau verströmte, die ihn untersuchte: Doktor Aksela. Obwohl ihm ihr Duft das Wasser im Munde zusammen trieb, obwohl ihn Hunger und Durst plagten und obwohl er heute so weit war, sein seit Tagen andauerndes Starre-Schauspiel beenden zu können, ließ er es bleiben. Hielt weiterhin die Augen geschlossen und die Glieder angewinkelt, um nicht das aufschlussreiche Gespräch zu unterbrechen, das über ihm an der offenen Dachschleuse geführt wurde: Dieser Schwächling von Kaiser wünschte sich Matthew Drax herbei, um endlich von ihm und Grao erlöst zu sein. Die Stimme des hässlichen Albinos mutmaßte sogar dessen baldige Rückkehr.
    Mefjuu’drex! Wie sehr er diesen Mann hasste. Sein Erzeuger. Der Erzfeind der Daa’muren. Der Mistkerl, der vor fast einem Jahr behauptet hatte, nicht er, Daa’tan, hätte die Wolkenstadt Wimereux-à-l’Hauteur erobert, sondern ein gedungenes Barbarenvolk und Grao’sil’aana. Der ihm vorwarf, noch nie etwas geschaffen zu haben, sondern nur durch die Welt zu rennen, um zu töten und zu zerstören. Eine verdammte Lüge! Obwohl er ihm am Uluru das Leben geschenkt hatte, zeigte Drax kein Quäntchen Dankbarkeit.
    Er wollte mich nur verunsichern, um mich überwältigen zu können!, dachte Daa’tan. Dennoch hatten sich ihm die Worte seines Vaters eingebrannt. Und die Narbe in seinem Nacken erinnerte ihn täglich an die Demütigung, die Mefjuu’drex ihm zugefügt hatte, als er ihn feige und hinterrücks mit einem Dolch verletzte und ein betäubendes Schlangengift in die Wunde kippte. Er war schuld, dass Daa’tan in diesem Betonbunker hausen musste, keine Streitmacht und keine Stadt mehr besaß und seine Mutter ihn ein zweites Mal verlassen hatte. Er war schuld! Und dafür sollte er büßen.
    In den Tagen und Nächten seiner Gefangenschaft malte sich Daa’tan aus, wie das Ende seines Vaters aussehen würde: Mal kroch Mefjuu’drex auf den Knien vor ihm und winselte um Gnade. Mal hing er eingewickelt in Dornenranken an einem Baum und bezeugte seinem Sohn in seinen letzten Atemzügen Respekt. »Ich habe mich geirrt, Daa’tan. Du bist ein wahrer Herrscher.« Und die wunderschöne Aruula schloss ihren Sohn weinend in ihre Arme. Ja, so oder ähnlich würde es sein. Doch dazu musste Daa’tan erst einmal aus diesem verfluchten Hochsicherheitstrakt entkommen.
    Dass ihm ausgerechnet der Albino-Freund seines Vaters dazu verhelfen sollte, erschien dem Jungen wie ein Wink des Schicksals. Vor Wochen hatte dieser Rulfan dafür gesorgt, dass ein dürres Männchen mit einem mörderischen Vogel hier eindringen konnte, um ihn, Daa’tan, hinterlistig zu töten. Doch der Anschlag ging gründlich daneben. So gründlich, dass der Albino es noch bitter bereuen würde: Beim Kampf mit dem Federvieh hatte Daa’tan eine Haselnuss in dessen Magen gefunden. Unbemerkt von den Wachen war es ihm gelungen, sie in seinem Mundraum zu verstecken.
    Ebenfalls unbemerkt von den kaiserlichen Dummköpfen blieb die Kerbe, die der messerscharfe Schnabel des Vogels in den Betonboden geschlagen hatte. Ein winziger Riss nur. Doch dieser Riss und die Nuss waren Schlüsselloch und Schlüssel zu der Tür, die Daa’tan in eine neue Ära der Herrschaft führen würde.
    Ich werde mir wiederholen, was du mir genommen hast, Vater. Ohne Hilfe! Ganz alleine. Und dann werde ich nach dir suchen und dich töten. Doch noch bevor er ans Werk hatte gehen können, kündigte sich mit Schweißausbrüchen, Herzrasen und durchscheinenden grünen Äderchen ein erneuter Wachstumsschub an – ein genetisches Erbe des Pflanzenwesens, dem er im Mutterleib ausgesetzt gewesen war und dem er seine unheimlichen Kräfte verdankte.
    »Warum ausgerechnet jetzt?«, hatte Daa’tan getobt. »Das ist nicht gerecht!« Auch Graos gut gemeinte Ratschläge, sich ein Lager einzurichten und nicht gegen die Natur anzukämpfen, beruhigten ihn nicht.
    Im
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