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242 - Im Fadenkreuz

242 - Im Fadenkreuz

Titel: 242 - Im Fadenkreuz
Autoren: Jo Zybell und Mia Zorn
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Sonne ging auf. Das Glücksgefühl aus seinem wieder erinnerten Traum erfüllte sein Herz.
    ***
    Kurze Zeit zuvor, außerhalb der Eisspalte
    Wie ein riesiger Hummer lag General Crows Gleiter auf dem Eisfeld neben der wellenförmigen Bergformation. Eine dünne Eisschicht bedeckte die Fenster des Fluggeräts. Seine Luken waren geschlossen und es sah so verlassen aus wie die weiße Ebene dahinter. Doch das war es keineswegs.
    In seinem Inneren checkte der nach Otto von Bismarck benannte Warlynne im Cockpit zum wiederholten Mal die Systeme, um für einen plötzlichen Aufbruch vorbereitet zu sein. Außerdem kontrollierte er über die Monitore die Umgebung des Gleiters. Während im Heck des Schiffes Ulysses und Penthesilea die beschädigten Module von »Uncle Billy« reparierten – so hatte man den Nordstaatengeneral William T. Sherman genannt –, beendete Cleopatra gerade den Check up der verbliebenen U-Men.
    Die Warlynnes verrichteten ihre Arbeit konzentriert und mit einer Präzision, wie nur Roboter es vermochten. Und nicht weniger als das waren sie: gut programmierte Maschinenmenschen, die sich in ihrem Aussehen nur durch Größe und geschlechtspezifische Merkmale unterschieden. Die einsfünfundachtzig großen Beta-Modelle waren das Abbild ihres Erbauers General Crow, die einhundertsiebzig Zentimeter großen Alphamodelle das seiner Tochter Lynne.
    Nur dank unterschiedlicher Perücken und Prothesen waren die Modelle auseinander zu halten. Darüber hinaus hatte der General sie nach berühmten Persönlichkeiten benannt. Allen gleich waren ihre eingebauten Waffensysteme und die Fähigkeit, selbstständige Entscheidungen treffen zu können.
    Im Augenblick hatte der Befehl Crows, den Gleiter und den Zugang zur Eisspalte vor dem Eindringen Fremder zu bewachen, höchste Priorität.
    Nachdem der General vor etlichen Tagen den drei menschlichen Subjekten in die Eisspalte gefolgt war, hatte seine Leibwächterin Cleopatra die Warlynne Victoria mit drei U-Men zum Eisriss geschickt, um den Einstiegsschacht zu sichern. In regelmäßigen Zeitabständen verständigten sie sich mit Hilfe ihrer integrierten Funkmodule über die Situation vor Ort und die eigene Situation.
    Letzteres, weil die Minustemperaturen, die draußen herrschten, den Androiden zu schaffen machten. Sie beeinträchtigten sowohl ihre Bewegungsabläufe, als auch ihre optischen und akustischen Systeme. Ein Risiko, mit dem sie sich im Moment arrangieren mussten.
    Besonders schlimm war Onkel Billy von diesem Problem betroffen. Vor Tagen hatte er bei der Bergung eines britischen Pittbulls einen Kälteschock erlitten, der ihn vollständig außer Betrieb gesetzt hatte. Doch Ulysses und Penthesilea hatten ihn inzwischen wieder so weit hergestellt, dass er beschränkt einsatzfähig war.
    Während Ulysses ihm die rote Pelzmütze und den dicken Pullover des verstorbenen Hagenau über die Schweißnähte an Schädel und Brust zog, führte Penthesilea erste Tests mit Billy durch. Cleopatra beobachtete, wie er seinen linken Zeigefinger zur Teleskopstichwaffe ausfuhr. Das wenigstens funktionierte wieder; auch wenn er eine ganz andere Aktion hätte durchführen sollen.
    »Der Befehl lautete: Infrarot-Optik einschalten«, hörte die Leibwächterin Penthesilea sagen. Billy vollführte daraufhin einige unkoordinierte Kopfbewegungen. Schließlich leuchteten seine Augäpfel rot auf. Allerdings hob er gleichzeitig seinen rechten Arm und reckte seinen Mittelfinger, in dem sich die Multifunktionswaffe verbarg, in Richtung Ulysses. Penthesilea schaltete rasch seine Systeme aus. »Sollen wir ihn nochmals reloaden?«, wollte sie von Cleopatra wissen.
    Doch die Leibwächterin kam nicht dazu, ihr zu antworten: Über Funk meldete sich in diesem Augenblick Victoria von der Eisspalte. Ihre Stimme klang schleppend, und ihre Sätze wurden nur verstümmelt übertragen: »Unterstützung… Eindringlinge… Hilfe… notwendig…«
    Cleopatra reagierte sofort. Sie informierte über Funk den Piloten Otto, betätigte den Öffnungsmechanismus der Luke und befahl den anderen beiden Warlynnes, im Gleiter zu bleiben, während sie sich um das Problem kümmern wollte. Das Schott hatte sich noch nicht vollständig geöffnet, als sie gefolgt von Otto ins Freie sprang.
    So schnell wie es ihnen bei den gegebenen Temperaturen möglich war, stapften sie entlang der wellenförmigen Eisformation über den rutschigen Untergrund. Ein eisiger Wind blies ihnen in die künstlichen Gesichter. Zwar spürten sie nichts von
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