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2392 - Die vergessene Stadt

Titel: 2392 - Die vergessene Stadt
Autoren: Unbekannt
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ihr einen plötzlichen Adrenalinschub verschaffen, sodass sie sich auf ihn stürzte und ihm mit ein paar Bewegungen das Kreuz brach.
    Mit monotoner Stimme redete er weiter auf die Ärztin ein, brachte sie dazu, sich in den Bildern, die ihr das Petrogisch vorgaukelte, zu verlieren. Immer tiefer versenkte er sie in den Träumen von Bewegungsfreiheit, frischer Luft und einer Welt, die nicht von Wänden umgeben war...
    Drei Angehörige der Durn-Polizei stapften herein. Rücksichtslos schoben sie sich durch die Massen, kamen direkt auf Filicut zu. „Du hast uns angefunkt, Bürger?", fragte der vorderste, ein vierschrötiger Geselle mit mehrfach gebrochenem Nasenbein. „Notkode Einsachtacht", sagte Filicut, ohne lange nachzudenken. Er kannte das Bürgergesetzbuch in- und auswendig, so wie alle Inkar-Durner. „Die Ärztin hat ihre Pflichten vernachlässigt. Ressourcen vergeudet. Leben gefährdet."
    „Eine Medikerin", murmelte der Polizist.
    Er nannte keinen Namen, keinen Dienstgrad, betrachtete Filicut wie ein Insekt, das er jederzeit zertreten konnte. Er zog sich den Schutz vom Kopf und wischte sich müde über die Stirn, während sich seine beiden Kollegen um die verzückt dreinblickende Frau kümmerten. Die Nummer 3556 war auf seinen Wangen eintätowiert. „Ist schon die vierte heute", fuhr er fort. „Die Typen kommen zu leicht an den Stoff ran; allmählich wird das Personal knapp." Misstrauisch blickte er Filicut in die Augen. „Und was machst du hier; wenn ich fragen darf? Du trägst die Robe, also bist du im Dienst. Wolltest dir wohl selbst ein wenig ... Aufmunterung beschaffen, nicht wahr?"
    Filicut beherrschte seinen Zorn. Das Verhältnis zwischen Durn-Polizei und Strombeutern war traditionell angespannt.
    Möglichst ruhig erklärte er den Grund für sein Hiersein. Partasim Jomo war glücklicherweise in der Lage, seine Worte zu bestätigen, bevor er von einem der Polizisten den heiß ersehnten Stoff zugeteilt erhielt. „Nichts für ungut, Junge", sagte der Anführer der Ordnungshüter. Er atmete tief durch und setzte den Schutz wieder auf. „Die ganze Stadt steht kopf. So schlimm war's seit dreizehn nicht mehr.
    Anscheinend ist die Petrogisch-Mischung dieses Mal besonders stark ausgefallen.
    Verdammt - wir müssen diese Ausgabestelle schließen und die Feiernden woandershin umleiten. Wird ein ganz schönes Chaos ergeben ..."
    Filicut hielt 3556 zurück, als er sich umdrehte und den Raum verlassen wollte. „Warte einen Moment, Mann! Wieso weißt du so gut Bescheid über das Petrogisch? Ist doch nicht normal, dass jemand weiß, dass wir gerade das schlimmste Bacchanal seit neunzehn Jahren feiern ..."
    „Du solltest niemals einen Polizisten im Dienst anfassen, Junge." 3556 schob Filicuts Hand sanft beiseite. „Hast du mich verstanden? Niemals!" Er räusperte sich, sprach schließlich mit rauer Stimme weiter. „Ich hab das Zeugs nie genommen.
    Habe eine seltene Allergie, sagen die Ärzte. Es würde mich auf der Stelle töten, wenn ich nur die geringste Dosis schluckte."
    Filicut konnte fühlen, wie er blass wurde. „Das bedeutet, dass ..."
    „Ja, mein Junge. Ich muss das Leben hier so ertragen, wie es ist." Für einen kurzen Moment rutschten seine Schultern nach vorne, dann fing sich 3556 wieder und nickte ihm kurz zu. „Danke für den Tipp, Kleiner. Und jetzt schau zu, dass du zur Arbeit kommst. Du wirst sicherlich dringend benötigt."
    Filicut Cartomyst wandte sich ab, kümmerte sich nicht mehr um das Geschrei der Feiernden, die gegen die Schließung der Petrogisch-Ausgabestelle protestierten. 3556 mochte um die 50 Jahre alt sein: Niemals hatte er ausspannen, seinen Geist auf Wanderschaft gehen lassen können. Er hatte seine gesamte Lebensspanne im nüchternen, beengten und von immensen Einschränkungen betroffenen Inkar-Durn verbracht. Gefangen in seinem Körper, ohne Chance auf ein Entrinnen.
     
    *
     
    Endlich erreichte Filicut Loge 57.
    Das Heiligste der Strombeuter. Jene Sektion, in der die wenigen Befähigten ihren immens wichtigen Aufgaben nachgingen und das Weiterbestehen der Stadt nachhaltig sicherstellten.
    Auch in 57 war von jener Würde und Ernsthaftigkeit, die normalerweise herrschte, nichts zu bemerken. Manche Arbeitskollegen kannte er bloß vom Sehen, andere zählten zu seinen Bekannten oder gar Freunden. Viele hatten sich im Gemeinschaftsraum zusammengefunden und bedienten sich an einem Topf voll Petrogisch. Sie bedachten ihn mit spöttischen Blicken, während sie sich die Droge mit
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