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239 - An der Pforte des Hades

239 - An der Pforte des Hades

Titel: 239 - An der Pforte des Hades
Autoren: Mia Zorn
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Baschk kam nicht mehr dazu, sich umzudrehen. Er hörte ein Surren, spürte einen brennenden Schmerz unterhalb seiner rechten Schulter und sackte auf die Steinfließen unter seinen Füßen. Ein Schuss fiel. Das Narbengesicht glitt neben ihm zu Boden. In seinen aufgerissenen Augen lag ungläubiges Staunen. Blut sickerte aus einem Loch in seiner Stirn.
    Das darf doch alles nicht wahr sein! Baschk versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Die Wunde in seiner Schulter brannte wie Feuer. Um ihn herum surrte, pfiff und schrie es. Aus dem Augenwinkel sah er den Einäugigen, der ihm zur Hilfe kommen wollte. Wieder knallte ein Schuss. Der schwere Körper des Kameraden begrub den Kommandanten unter sich. Er trieb das, was man Andreij in die Schulter geschossen hatte, noch tiefer in dessen Fleisch. Baschk brüllte vor Schmerz. Graue Schleier tanzten vor seinen Augen. Dahinter entdeckte er Wiesel. Er lag ausgestreckt auf dem Boden. Ein Harpunenpfeil ragte aus seiner Brust.
    Andreij wurde speiübel. Wie aus weiter Ferne hörte er Kusmah schreien. »Njet, Njet! Ich bin unschuldig! Ich bin unschuldig!«, greinte er wieder und wieder. Eine Frauenstimme unterbrach ihn. »Callaro!«, rief sie. Es war eine der Pachachaos. Dann ertönte ein hässliches Geräusch. Es klang, als ob jemand einen Fetzen Tuch in der Mitte auseinander riss. Baschk kannte das Geräusch: Kusmah würde nie mehr seinen feigen Mund aufmachen. Gut so, dachte der Kommandant.
    Der Schmerz in seiner Schulter verebbte. Wie überhaupt jegliches Gefühl in ihm zu verebben schien. Der schwere Körper des Einäugigen machte ihm das Atmen schwer. Doch wozu noch atmen, wenn er sowieso sterben musste. Wer auch immer die Angreifer waren, sie würden keinen am Leben lassen. Baschk biss die Zähne zusammen. Zwischen seinen Fingern spürte er den kalten Griff seines Dolches. Mindestens einen von ihnen werde ich mit in den Tod nehmen. Zufrieden schloss er die Augen.
    Kinderfüße trappelten an ihm vorbei. Frauenstimmen wisperten. Langsam entfernte sich beides über die Treppe nach oben. Dann war es still. Totenstill. Andreijs Herz klopfte schneller: Die Angreifer waren gegangen. Gegangen, ohne sich zu vergewissern, ob noch einer der Soldaten am Leben war? Welch ein verfluchtes Glück! Welch ein Glück…
    Doch er hatte sich zu früh gefreut. Eine Männerstimme riss ihn aus seinem aufkeimenden Jubel. »Komm schon, Rose. Wir müssen weg hier! Sonst war alles umsonst. Ich muss meine Leute in Sicherheit bringen.«
    »Ich will nicht alleine nach Nischni-Nowgorod zurückkehren«, erwiderte eine Frauenstimme. Sie war ganz in Andreijs Nähe. »Kann ich dich nicht begleiten, Wakaido?«
    Der Kommandant wagte nicht zu atmen. Hatte sie wirklich Wakaido gesagt? Er kannte nur einen Wakaido in Nischni-Nowgorod: einen verschrobenen Geologen, der mit seiner Familie ziemlich zurückgezogen lebte.
    »Du weißt, dass das nicht geht, Rose. Meinst du, du wirst einige Tage ohne mich zurechtkommen?«
    Die Antwort der Frau hörte Andreij Baschk nicht mehr. Ein anschwellendes Rauschen erfüllte seine Ohren. Erneut schwappte eine Welle der Übelkeit durch seinen Körper und riss ihn aus seinem Bewusstsein.
     
    ***
     
    22. März 2525
    »Ich kann nur hoffen, dass all das sich auch wirklich lohnt«, sagte Matt Drax mit zusammengebissenen Zähnen, während er das Amphibienfahrzeug durch den immer stärker werdenden Eissturm manövrierte. »Wenn Darnell Recht behält und die Fischmenschen nur eine Ente sind, haben wir die Arschkarte gezogen.«
    Aruula sah ihn verwirrt an. »Die Hydriten sollen Enten sein?«, fragte sie. »Und was ist eine Arschkarte?«
    Wäre die Situation nicht so brisant gewesen, hätte Matt lauthals gelacht. »Eine ›Ente‹ nennt man eine falsche Nachricht, und die Arschkarte zieht man sprichwörtlich, wenn man… in der Klemme steckt.« Er verzichtete darauf, ihr zu erklären, dass der Begriff auf die rote Karte beim Fußball zurückging, die der Schiedsrichter in der Gesäßtasche aufbewahrte; das hätte nur weitere Fragen provoziert.
    Angestrengt starrte er nach draußen, aber in dem weißen Gestöber war nichts auszumachen. Kurz fragte er sich, ob ihnen der Lotse aus Clarktown in dieser Situation hätte helfen können. Aber die Überlegung war müßig, denn der junge Mann war an der Grenze des US-Territoriums bei einer Wachstation ausgestiegen – kurz bevor der Sturm losgelegt hatte.
    Aruula legte von hinten ihre Hand auf seine Schulter. »Ich hatte einen bösen Traum!« Ihre Stimme
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