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2386 - Die Diskrete DomÀne

Titel: 2386 - Die Diskrete DomÀne
Autoren: Unbekannt
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Sonst zeigte er keinerlei Reaktion.
    Ich streckte die Arme aus, als könnte ich die Feldlinien greifen, fühlen. Der zylindrische Raum, den ich vor mir sah, war klein und vollends umschlossen von geripptem Metall. Der Steg hin zum Raum war schmal und von keinem Geländer begrenzt. Man durfte nicht an Höhenangst leiden, wollte man dorthin gelangen. „Eine Vernichtungskammer", fuhr ich fort. „Das Potenzial an Feldschirmen, die auf das Zimmer einwirken, ist groß genug, um ein gut geschütztes Raumschiff zu zerstören."
    Wiederum keine Reaktion. Mein Begleiter sah mich bloß an, tat keinen Mucks - und glitt in einen der Raumtrenner, um auf der anderen Seite als feiner Nebel wieder zum Vorschein zu kommen, dessen Tröpfchen sich schließlich auflösten.
    Ich sah mich um.
    Erwarteten die Holografischen Pförtner, dass ich die Kammer und andere Räumlichkeiten in Eigenregie erforschte? „Willkommen", sagte eine sanfte Stimme hinter mir.
    Ich drehte mich um - und blickte in ein ähnliches Gesicht wie zuvor. Ein weiterer Pförtner stand da, bloß ein wenig feister und kräftiger als seine Vorgänger. „Ich bin ein Gesandter des Inkarnierten", sagte er leise, ohne mir Zeit zu geben, mich auf die verwirrenden Umstände einzustellen. „Ich bin ein ... erfahrener Aspekt des Zentralen Rechners von And'rol. Ich repräsentiere Mentalität und Kompetenz der Erbauer. Solltest du zur besseren Orientierung Wert auf persönliche Ansprache legen, dann nenne mich Schalug."
    „Schalug." Ich hielt die Hand zurück, die ich der Holografie soeben reichen wollte. „Mein Name ist Ama Zurn."
    „Ich weiß." Stille. Schalug rührte sich nicht, starrte mich an. Sein Gesicht wurde heller, transparenten „Ich bin hier, um Antworten auf meine Fragen zu erhalten."
    „Ich weiß."
    Wiederum Stille. „Deine Erbauer haben eine sehr schöne, eine sehr interessante Stadt errichtet."
    „Ich weiß."
    Ich atmete tief durch, fühlte plötzlich Zorn - und im nächsten Moment Erleichterung.
    Ich war nicht so wie er, sondern mehr.
    Kein Produkt, dessen maschinelle Gleichgültigkeit seinen Lebenszyklus bestimmte. Ich fühlte und lebte Emotionen - wenn auch in einem weitaus geringeren Maß als die Telomon, die ich vor den Toren der Stadt zurückgelassen hatte.
    Ich fühlte ein Knacksen in meinen Ohren, als steige der Luftdruck unvermittelt an.
    Mentalsensoren!, dachte ich alarmiert.
    Man prüft mich.
    Leises Flüstern kroch von den Gehörgängen her immer tiefer in mich hinein. Es erzeugte Juckreiz in den Ganglien, leichte Schmerzen in meinen Augen, Verwirrung in meinem Kopf. „Es ist notwendig, dass wir einen komplexen Gesinnungstest vornehmen, bevor wir ein ernsthaftes Gespräch beginnen", sagte Schalug völlig unvermittelt. „Es ist uns wichtig, deine Motivation, deine Integrität und etwaige versteckte Programmierungen zu erkennen, die uns schaden könnten."
    Programmierungen ...
    Sicherlich besaß ich einige Befehle, die in meiner DNA verankert waren.
    Basisprogramme, die mein Lebensziel definierten und mich unbarmherzig auf Kurs hielten. Ihre Existenz war mir schmerzhaft bewusst, nicht jedoch ihr Sinn. „Du bist ein Kunstwesen", sagte Schalug schließlich. „Ein Androide mit genau abgegrenzten Aufgabengebieten, der allerdings auch einen gewissen Raum für Selbstständigkeit und Eigenverantwortung zugeordnet erhielt. Dein Moralbild entspricht bis auf geringe Abweichungen jenem meiner Erzeuger. Du hast die Prüfung bestanden."
    Das Kratzen in Kopf und Ohren endete.
    Die Mentalsensoren hatten ihre Aufgabe erfüllt. „Wir können uns nun besser unterhalten", fuhr der Gesandte des Inkarnierten fort. „Komm mit mir."
    Er marschierte vorneweg. Seine Füße berührten den Boden nicht, schwebten eine Handbreit darüber hinweg. Es ging aufwärts, immer aufwärts, die Wendeltreppe entlang.
    Ich fühlte weitere Kraftströme, die meine Sinne reizten. Einmal mehr, einmal weniger, doch immer präsent.
    Die Kreise, die wir zogen, wurden enger.
    Die Kammern und Räumlichkeiten im Zentrum des Gebäudes wurden weniger und schmäler. Ein lukenähnliches Tor öffnete sich nach oben weg. Wir befanden uns in der Turmspitze. Schartenartige Fenster boten einen ausgezeichneten Rundumblick. Im Süden sah ich Alexim Afateh und Lemaha Ellyund. Die kleine Frau redete wild gestikulierend auf jenen Pförtner ein, dem ich als Erstem begegnet war.
    Zwei hölzerne und gepolsterte Stühle schoben sich aus dem Boden. Eine Karaffe und ein fein geschliffenes Glas tauchten wie von
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