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237 - Die Welt in der Tiefe

237 - Die Welt in der Tiefe

Titel: 237 - Die Welt in der Tiefe
Autoren: Christian Schwarz
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Beine plötzlich zitterten. Kenneth wollte das Todesfeld als Abkürzung benutzen! Dieser Verrückte. Es gab angenehmere Arten, Selbstmord zu begehen.
    »Nein«, flüsterte er. »Du kriegst mich nicht, Ken. Du bluffst nur, damit ich aufgebe. So billig haust du mich nicht übers Ohr…« Adolfo Darnell ließ die Peitsche knallen. »Los, weiter, Jungs. Gib Saft, Big Jake!«
    Die eiskalte Luft brannte in seinen Lungen. Ken würde rechtzeitig abbremsen. Ganz sicher.
    Adolfo lenkte seinen Schlitten auf die rechte Flanke des Berges zu. Währenddessen nähere sich Ken immer weiter dem Todesfeld. Das Eis darauf war nur dünn, weil sich darunter ein See oder ein Fluss befand, auf jeden Fall Wasser. An jeder Stelle bestand Einbruchgefahr, einen sicheren Weg gab es nicht.
    Es gab auch keinerlei Anhaltspunkt, wo das Todesfeld begann. Kenneth lachte wild, ließ die Peitsche knallen und trieb die Hunde unerbittlich zu höchstem Tempo an. Nun musste sich zeigen, ob seine Berechnungen stimmten. Wenn er das Eis im höchsten Tempo überquerte, würde es halten, da kaum Druck entstand. Die allermeisten Hundeführer machten den Fehler, sich langsam über dünne Eisflächen zu tasten.
    Dadurch wurden sie zu lange mit dem Vollgewicht belastet, die Last brach durch.
    Die Hunde begannen schrill zu bellen und zu winseln, beugten sich aber der Macht ihres Herrn. Flach geduckt sausten sie dahin, bekamen Grip in der Schneeoberfläche, während das Eis unter ihnen knirschte und knackte. Risse bildeten sich dort, wo sich das Gespann gerade noch befunden hatte, setzten sich fort, brachen auf. Sie erzeugten neue Risse, die sich wie ein Spinnennetz über die Fläche fortpflanzten.
    Jaaaaa! Meine Berechnungen stimmen. Es klappt! Euphorie stieg machtvoll in Kenneth Clark hoch und ließ ihn noch lauter brüllen. Noch knappe fünfhundert Meter…!
    Ein furchtbares Knirschen ertönte unter den Hunden. Sie schafften es gerade noch über den hauchzarten Untergrund. Als aber der Schlitten darüber glitt, brach das Eis. Es hörte sich fast an wie eine Explosion, und für einen winzigen Moment durchflutete Kenneth eine wilde Erregung.
    Doch dann ging es nur noch ums Überleben. Der Vice-Clark spürte, wie sich der Schlitten nach hinten absenkte, wie ihn sein Gewicht immer weiter ins Wasser zog. Es dauerte nur ein paar Augenblicke, dann steckte er bis zur Hälfte im eiskalten Nass. Kenneth sah ungläubig, wie das Wasser um seine Füße schwappte.
    Aus!, durchfuhr es ihn. Gleichzeitig beugte er sich nach vorne, warf die Peitsche weg, legte sich flach auf den Schlitten. »Zieeeeeht!«, brüllte er mit schriller Stimme, »verdammt, zieeeht!«
    Die Hunde taten ihr Bestes. Sie zogen, fanden aber keinen Halt mehr auf dem Eis und rutschten nach hinten weg. Der Schlitten verschwand nun fast vollständig im Wasser. Rasend schnell bildeten sich neue Risse, brachen neue Schollen weg, vergrößerte sich das Loch. Wasser spritzte heraus.
    Kenneth sah nur noch eine Chance. Er stieß sich ab, trat den Schlitten dadurch tiefer in das Wasser und landete bäuchlings auf dem Eis. Dort rutschte er ein paar Zentimeter. Weil es unter ihm knackte, breitete er sofort Arme und Beine aus, um sein Gewicht besser zu verteilen.
    Es gelang ihm, sich auf Bauch und Handballen ein paar Meter weiter zu ziehen. Wie durch ein Wunder hielt das Eis. Aus den Augenwinkeln musste Kenneth mit ansehen, wie seine Hunde den verzweifelten Kampf verloren. Das Gewicht des Schlittens zog sie in das Eisloch hinein. Jaulend verschwand der Kopf des letzten Tieres im Wasser: Mandy, die Leithündin. Noch einmal kam sie kurz hoch… als das Wasser plötzlich zu brodeln begann!
    Kenneth erschrak zu Tode. Ein monströses schwarzes Etwas streckte für einen Moment den Kopf aus dem Eisloch, tauchte sofort wieder ab und wütete unter den sinkenden Hunden, die sich nicht aus ihrem Geschirr befreien konnten. Kenneth besaß genug Vorstellungskraft, um zu wissen, was der Seeleopard mit ihnen anstellte. Es tat ihm leid. Aber er musste schauen, nicht ebenfalls zum Opfer des Räubers zu werden.
    Vorsichtig robbte er weiter. Welche höhere, ihm wohl gesonnene Macht verhinderte, dass er doch noch einbrach, wusste er nicht zu sagen, dankte ihr aber von Herzen dafür. Irgendwann stand Kenneth Clark wieder auf sicherem Boden, mit zitternden Knien und einem dicken Klumpen im Magen. Immer wieder starrte er auf das Todesfeld hinaus.
    So fand ihn Adolfo Darnell. »Du… du Wahnsinniger!«, brüllte er den Freund an, außer sich vor Wut
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