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2365 - Die Drokarnam-Sphäre

Titel: 2365 - Die Drokarnam-Sphäre
Autoren: Unbekannt
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verwunderlich.
    Gibt es irgendjemanden, dessen Seele nicht zerbräche, wäre er in meiner Situation? Ich habe alle nur vorstellbaren Höllen durchlitten.
    Wenn ich doch nur sterben, diese elende Existenz beenden könnte. Ich gäbe alles darum, meinem Gefängnis zu entkommen.
    Der Tod wäre ein Preis, den ich mit Freuden zahlte - aber es ist mir nicht möglich zu sterben, denn ich habe den Körper, der mich einst beherbergte, längst verlassen. Nun bin ich unsterblich.
    Obwohl ich keine Augen mehr besitze, sehe ich; oder ich nehme wahr, auf gänzlich andere Art. Ich sehe den Leib des Lemurers Inday Anuun-Drazin. Meinen Körper. Er liegt in einem Sarkophag inmitten der Drokarnam-Sphäre, die ich vor Jahrtausenden erbauen ließ.
    Jahrtausende ... ein Gedanken voller Schrecken. Ein gewaltiger Zeitraum, eine Ewigkeit voller Qual. Ich weiß, was Angst ist. Ich weiß es, durchleide ich sie doch in jedem Augenblick. Die Angst entsteht durch die Gewissheit, dass diese Jahrtausende nur einen winzigen Bruchteil meiner noch verbleibenden Lebenszeit bilden.
    Ich bin in der Drokarnam-Sphäre gefangen. Allein. Einsam.
    Und der Wahnsinn schreitet immer weiter fort. Schon wallt jene unbestimmbare Dunkelheit wieder auf mich zu. Es ist kein optisches Phänomen, nicht einmal auf einer hyperphysikalischen Ebene lässt es sich bestimmen, sonst würde ich es spüren.
    Die Dunkelheit der Seele ist 'nicht messbar, nicht analysierbar und nicht greifbar. Und doch ist sie da.
    In mir.
    Sie entstammt mir selbst und kämpft gegen mich, legt sich über mich, deckt mich zu.
    Der Wahnsinn kehrt zurück, schrecklich und entsetzlich und zugleich auf einer anderen Ebene voll süßer Verlockung: Gib die Kontrolle über dich ab, Inday Anuun-Drazin. Werde zu Day-Drazin, sei dir nicht mehr bewusst, wer du bist, was du bist. Vergiss dein Schicksal.
    Existiere, ohne nachzudenken.
    Sei einfach. Walle im Drokarnam hin und her und hin und her, ohne etwas zu empfinden. Keine Freuden ... aber auch keine Angst und kein Entsetzen.
    Gib die Kontrolle ab.
    Gib sie AB.
    Ich gebe sie ab, und ich frage mich, ob ich jemals wieder zurückfinden werde. Oder vergeht mein eigenes Ich endgültig, weicht für immer jener kreatürlichen Form von Leben, die sich als Day-Drazin begreift?
    Ich wünsche mir so sehr, noch einmal zu mir selbst zu finden. Während sich die Dunkelheit um mich zusammenzieht, mich schnürt und erdrückt, wünsche ich die Angst und das Entsetzen zurück.
    Selbst diese Empfindungen sind besser, als gar nicht mehr zu sein.
     
    *
     
    Licht strahlt auf.
    Zuerst handelt es sich nur um einen kaum wahrnehmbaren Schimmer, eine dumpfe Ahnung davon, dass es noch etwas anderes gibt als Schwärze und Nicht-Bewusstsein.
    Ich kehre zurück aus der Tiefe. Die Dunkelheit bröckelt von mir ab. Meine Gedanken formen sich neu. Wie schon so oft in der Vergangenheit zündet der Lichtfunke die Intelligenz, die den Wahnsinn vertreibt.
    Und die Erinnerung kehrt zurück wie ein Alptraum.
    Langsam, ganz langsam, bilde ich mich selbst, indem ich mein Bewusstsein zusammensetze, die Teile eines komplizierten Seelenpuzzles.
    Inday Anuun-Drazin wird wieder geboren.
    Zum ungezählten Mal.
    Der erste Gedanke: Ich hoffte darauf, dass genau das geschieht. Eine Urerinnerung sagt mir, dass ich wieder entstehen wollte.
    Also muss dieser Vorgang gut sein, trotz des namenlosen Schreckens und des Entsetzens, die damit einhergehen.
    Der Kreislauf beginnt von neuem. Ich existiere wieder, und ich fürchte mich.
    Weitere Erinnerungen formen sich und bringen die Gewissheit: Es wird nie vergehen: Niemals enden.
    Nichts unterscheidet sich vom letzten Zyklus meiner Bewusstwerdung. Genau wie damals hilft mir auch jetzt der Blick auf jene von Wucherungen entstellte Gestalt, die einst meine Seele beherbergte.
    Ich finde zu mir selbst.
    Der Körper Inday Anuun-Drazins ist tot.
    Er liegt in dem offenen Sarkophag. Er hatte sich aus eigener Kraft hineinbegeben, nachdem er die Sphäre aus Drokarnam vollständig verschlossen hatte.
    Er?
    Ich tat es. Ich selbst. Ich bin dieser Inday Anuun-Drazin, der seinen eigenen Tod überlebte. Alles um mich her, der Sarkophag, die geschlossene Drokarnam-Sphäre - ich entwickelte alles mit nur einem Ziel. Ich plante, meinen körperlichen Tod als Geistwesen zu überleben.
    Dieser Plan ging auf, weil ich etwas Besonderes bin, eine Psi-Begabung, die außergewöhnliche Affinität zu dem Hypermineral besitzt, das mich umgibt.
    Ich erinnere mich an jedes einzelne Detail.
    Ich
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