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221 - Feindliche Übernahme

221 - Feindliche Übernahme

Titel: 221 - Feindliche Übernahme
Autoren: Christian Schwarz
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sollte. Also, schwieg sie erst einmal, um nachzudenken. Dabei bemerkte sie zum ersten Mal, dass sich der Körper, in den sie gefahren war, in einem wirklich erbärmlichen, ja lebensbedrohlichen Zustand befand.
    Bevor sie sich weiter um die Aufmüpfige kümmerte, musste sie erst einmal diesen Körper, der dringend Wasser brauchte, retten. Nichts war momentan wichtiger. Angst stieg in der Königin hoch, das gerade gewonnene Sanktuarium wieder zu verlieren und in einen der hier krauchenden Käfer wechseln zu müssen.
    Mit der Angst kam die Schwäche über Nefertaris Geist. Sie fühlte sich plötzlich elend, konnte nicht mehr klar denken, musste zusehen, wie die Leiden des Körpers auch ihr Bewusstsein in Mitleidenschaft zogen. Doch schon kurze Zeit später hatte sie die Schwächephase überwunden und konnte ihren Geist wieder unabhängig von der Befindlichkeit des Körpers stark und präzise agieren lassen..
    Nefertari bangte. Diese kurze mentale Schwächephase war das erste Anzeichen dafür, dass ihr Bewusstsein begann, die Symbiose mit dem neuen Körper einzugehen, um sich irgendwann komplett mit ihm zu einer harmonischen Einheit zu verbinden.
    Einer Einheit, die dann in gegenseitiger Wechselwirkung existierte. Das hieß, dass der Körper von den Befindlichkeiten des Bewusstseins abhängig war und umgekehrt. Bis dieser harmonische Zustand aber erreicht war, würden einige Wochen ins Land gehen. Während dieser Zeit würde sie diese Wechsel zwischen mentaler Stärke und Schwäche noch öfters erleben.
    Dieses Mal war der Übergang anders gewesen als sonst.
    Bisher hatte sie ihn immer genau geplant und sich langsam an den neuen Wirt gewöhnen können. Doch nun war sie nicht nur abrupt in einem tödlich geschwächten Körper gelandet, den sie selbst steuern musste – es handelte sich offenbar auch noch um eine Telepathin, die ihr mentalen Widerstand entgegensetzen konnte!
    Nefertari schaffte es mit einiger Mühe, den Körper Aruulas wieder auf die Beine zu stellen. Schwankend stand sie da und stützte sich am Rand des Sarkophags ab. Abscheu und Hass durchdrangen sie, als sie die Grabkammer betrachtete und sich ihres Sohnes und Mörders Mosa erinnerte.
    Aber nur für einen Moment. Dann konzentrierte sich Nefertari wieder auf das Hier und Jetzt. Sie ließ Aruula an all diesen Gedanken teilhaben; nicht weil sie es wollte, sondern weil sie alle Kraft aufbringen musste, um den Körper zu steuern und gleichzeitig ihr Unterbewusstsein zu schützen. Was sie momentan dachte, sollte die Barbarin ruhig erfahren – nicht aber all die Erinnerungen an ihre bisherige Existenz.
    Du bist fast verdurstet, fremde Frau, und musst also schon vor längerer Zeit hier hereingekommen sein. Vielleicht weißt du, wo der Eingang liegt. Wenn du ihn mir zeigst, finde ich einen Weg hinaus.
    Nefertari hatte nicht vergebens auf eine Erwiderung Aruulas gehofft. Ich habe heimlich einen Grabräuber verfolgt, folgte die Antwort nach einem kurzen Zögern, ohne dass die Kriegerin ihre mentale Abschirmung vernachlässigte. Er tastete die äußeren Wände ab. Da ist ein großer Mann in einem pferdebespannten Wagen aufgemalt. Er spannt gerade seinen Bogen und schießt auf seine Feinde.
    Es ist Ramses, der größte König, den das Land Kemet jemals hervorgebracht hat, sagte Nefertari nicht ohne Wehmut.
    Er war wie der Sonnengott Re, und ich habe ihn geliebt. Was hat es mit seinem Bildnis auf sich?
    Ich habe gesehen, dass der Grabräuber Hadban auf den Kopf des Königs drückte, fuhr Aruula fort. Auf eine Art Snaak, die an der Krone sitzt. Und plötzlich zitterte der ganze Berg.
    Ein Spalt in der Wand öffnete sich, dann hob sich ein Felsquader nach oben. Das war das Letzte, was ich gesehen habe. Plötzlich war ein Schatten hinter mir und schlug mich nieder. Als ich in dieser Kammer erwacht bin, war sie fest verschlossen.
    Das hilft mir nicht weiter. Es mag sein, dass Rahotep, der königliche Baumeister, für diesen Mechanismus verantwortlich war, aber ich habe darüber keine Kenntnis. Auf diese Weise können wir den Ausgang also nicht öffnen.
    Nefertari überlegte einen Moment. Dann packte sie mit zitternden Händen die eine Hälfte des zerbrochenen Sarkophagdeckels. Die Adern an Aruulas Hals schwollen an, als sie versuchte, das Deckelfragment keuchend und stöhnend ein Stück zur Seite zu schieben. Doch der Spalt erweiterte sich um keinen Millimeter.
    Nefertari schaffte es mit eisernem Willen, die emporsteigende Übelkeit zu unterdrücken. Dann stemmte sie
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