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218 - Nefertari

218 - Nefertari

Titel: 218 - Nefertari
Autoren: Christian Schwarz
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ja ein Ende haben…
    ***
    Abu Simbel
    Ägypten, 1214 v. Chr., 1. und 2. Monat der Aussaat
    Mosa selbst fand am Morgen den leblosen Körper seiner Mutter. Er informierte die Ärzte, verbot ihnen aber, den Leichnam zu berühren. Denn ihm fehlte die letzte Gewissheit, dass Nefertari wirklich den Weg in die Unterwelt angetreten hatte. Zu phantastisch war, was er belauscht hatte: dass ein fremder Geist in ihrem Körper wohnte. Dies, so mutmaßte er, musste das Geheimnis ihrer Unsterblichkeit sein. Hatte das Gift auch diesen Geist töten können, oder existierte er noch immer und wartete nur darauf, dass jemand die sterbliche Hülle berührte, in der er nun gefangen war, um auf einen neuen Körper überzuwechseln?
    Die Ärzte beugten sich seinem Befehl, denn jeder konnte sehen, dass Nefertari tot war. Mosa ließ den Raum versiegeln und ordnete die Beisetzung schon für die nächste Woche an – auch dies ein Affront gegen die Königswürde, denn normalerweise dauerte der Prozess der Mumifizierung siebzig Tage.
    Die Vorbereitungen waren längst getroffen. Mosa hatte Merire das Grab abgekauft, das dieser sich unter dem großen Tempel des Ramses in Abu Simbel hatte anlegen lassen. Der Pharao hatte ihm einst diese Gunst gewährt, nachdem ihm Merire im Feldzug gegen die Nubier das Leben gerettet hatte.
    Außerdem hatte Mosa von den Männern der Tempelbauwerkstätte, die ständig an den beiden mächtigen Tempeln arbeiteten, in aller Eile einen Sarkophag anfertigen lassen. Angeblich für sich selbst, denn er fühle den Tod nahen. So redete er voller Falschheit und die Männer glaubten ihm. Mancher war sogar froh, den unerträglichen Störenfried loszuwerden, der sie ständig anhielt, die steinernen Verherrlichungen der Königin, die sie in den kleineren, den Nefertari-Tempel schlugen, zu verfälschen.
    Der Sarkophag, den Mosa hatte anfertigen lassen, war ungewöhnlich, denn er wies die Form eines Ankh auf, das Zeichen der Ewigkeit. Mosa fand es angemessen und erheiternd, dass der Dämon im Körper seiner Mutter künftig in einem Gefängnis dieser Form wohnen musste.
    Er ließ den Sarkophag ins Schlafgemach der Toten bringen. Zusammen mit Merire, den er als seinen Verbündeten betrachtete, hob er Nefertari auf Stangen in den Sarg und übergoss sie mit Harzen. So sollte verhindert werden, dass jemals wieder eines Menschen Hand den Leichnam berührte.
    Zum Schluss warfen sie den Dämonenstab, aus dem Nefertari Blitze geschleudert hatte, in den Sarkophag. Er versank im noch zähen Harz.
    Mosa rief sich zum neuen Pharao aus und begann die Begräbnisfeierlichkeiten für seine Mutter zu organisieren. Er verkündete, dass es ihr Wille gewesen sei, sich unter dem Tempel begraben zu lassen, der ihren geliebten Gatten am mächtigsten darstellte, unter dem von Abu Simbel nämlich. Jeder glaubte diese Lüge, weil sie der Wahrheit gemäß klang.
    Dann ließ Mosa den Ankh-förmigen Sarkophag, seiner Mutter durch ausgewählte Männer in die Grabkammer des Merire schaffen. Niemand wagte es, das Handeln des neuen Herrschers in Zweifel zu ziehen. Mochten die Pharaonen mit ihresgleichen tun, was sie für richtig hielten, es ging das Volk nichts an.
    Mosa war äußerst zufrieden. Voller Triumph rief er seinen Gott Aton an und dankte für das gute Gelingen. Nun konnte nichts mehr schief gehen. Denn selbst wenn der fremde Geist den Anschlag überstanden hatte, so konnte er sich nicht mehr bemerkbar machen oder gar einen anderen Körper übernehmen.
    Inzwischen segelten sieben Schiffe den Nil herauf. Sie waren voll goldener und silberner Grabbeigaben und transportierten zudem die Totenpriester des Amuntempels aus Pi Ramesse, die die letzten Begräbniszeremonien vorzunehmen hatten. Wie würden sie auf das ungewöhnliche Vorgehen des neuen Herrschers reagieren? Mosa war sicher, sie durch reiche Geschenke für den Tempel ruhig stellen zu können. Diese Methode funktionierte immer bei den Amun-Priestern.
    Sie kamen unbeschadet an. Mosa, der durch sie erfuhr, dass in Pi Ramesse auch sein Bruder Merenptah Ansprüche auf die Thronfolge anmeldete, ließ die Grabbeigaben hinunter in den Bauch der Erde schaffen. Es ging über zwölf Stufen und dann durch einen schmalen, schmucklosen Gang, der plötzlich schräg nach unten führte und in einer riesigen Höhle endete, hinter der die eigentliche Grabkammer lag. Hier stellten die Träger die Gaben für ein gutes Leben der Königin im Jenseits nach einem genauen Plan ab. Es sollte ihr an nichts fehlen.
    Steinmetze
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