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218 - Nefertari

218 - Nefertari

Titel: 218 - Nefertari
Autoren: Christian Schwarz
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wurde der blutüberströmte, halb ausgeweidete Koroh im Rektorat gefunden. Er lag inmitten des Versammlungsraumes. Die Lehrer nahmen den grausigen Fund als das, was er war: eine deutliche Warnung an sie. Von da an wagte keiner der Ältesten mehr, gegen Yao aufzubegehren. Und sie wehrten sich auch nicht, als der König die Konferenz auflöste und sich zum alleinigen Gesetzgeber der Huutsi ausrief.
    Drogbah lebte in Angst und Schrecken. Seiner Familie geschah aber nichts. Als er zum nächsten Mal ins Ausbildungslager einrücken musste, tötete ihn der Hüne Mombassa »aus Versehen« in einem Ringkampf. Ein unglücklicher Griff brach dem Fähnleinführer das Genick.
    Ruundu überlebte den Tod seines Sohnes nur um zwei Tage. Dann fand man ihn unterhalb eines steilen Felsens zerschmettert auf. Offiziell hieß es, er habe den Tod Drogbahs nicht verkraftet und sich selbst getötet. Wer allerdings der Ansicht war, der gebrechliche Mann könne den steilen Aufstieg auf den Felsen unmöglich alleine geschafft haben, behielt das für sich.
    Am dreizehnten Mai des Jahres 2524, an seinem Geburtstag, ließ König Yao offiziell verkünden, dass ein fremdes Volk im Osten das Huutsi-Großreich anzugreifen gedenke. Um den Krieg nicht auf heimischem Boden ausfechten zu müssen, würde die glorreiche Armee der Huutsi dem Feind zuvorkommen und den Krieg in dessen Land tragen.
    Zehn Tage später setzte sich ein schwer bewaffneter Heerwurm aus gut tausend bestens ausgebildeten Kriegern in Bewegung.
    ***
    Todeswüste, Mai 2524
    Zwei Schläuche Wasser hatten sich von dem Rücken des Kamshaas gelöst, als der Käfer das Tier mit sich geschleppt hatte. Deren Inhalt war nun aufgebraucht. Daa’tan hob den Schlauch über sein Gesicht und ließ die letzten Tropfen in seinen geöffneten Mund fallen. Grao sagte nichts dazu. Er schaute auf die Sandrose, die er noch immer besaß. So konnten sie wenigstens die Richtung beibehalten.
    Sie standen auf einem Hügel. Daa’tan schwitzte unter seinem triefnassen Burnus weiter. Außerdem hatte er Schnupfen. Grao störte das alles in keiner Weise. Weit vor ihnen ging die Stein- und Gerölllandschaft in Sandwüste über. »Das können wir nicht schaffen«, murmelte der Daa’mure.
    Daa’tan sah ihn von der Seite an. »Warum so pessimistisch, Grao? Du bist mit dem zukünftigen Herrn der Welt unterwegs. Mir wird schon was einfallen, darauf kannst du wetten.« Der junge Mann nahm den Wasserschlauch und stieg ein Stück den Hügel hinunter. Auf halber Höhe erstreckte sich kärgliche Vegetation, bestehend aus niedrigen Bäumen und einigen Büschen. Kakteen waren leider nicht in Sicht; mit denen wäre es einfacher gewesen.
    Daa’tan setzte sich vor einen der Bäume. Er konzentrierte sich und versenkte seinen Geist in die Seele des verkrüppelten Gehölzes.
    Gib uns das Wasser, das du in deinen Wurzeln gespeichert hast, befahl ihm Daa’tan. Wir benötigen es dringend.
    Der Baum vermochte sich gegen die Kräfte des Pflanzengottes GRÜN, die Daa’tan geerbt hatte, nicht zu wehren. Er pumpte nicht nur das Wasser, das in seinen Wurzeln steckte, sondern auch das aus seiner Rinde in die Spitze eines bestimmten Zweiges. Dort bildeten sich plötzlich Tropfen, die Daa’tan mit dem Wasserschlauch auffing. Mehr als eine Bodendecke gab der Baum aber nicht her.
    Nachdem Daa’tan alle hier befindlichen Pflanzen auf diese Weise manipuliert hatte, war der Schlauch wenigstens wieder zu einem Drittel gefüllt. Dass auch Nährstoffe in der Flüssigkeit waren und sie trübte, störte die beiden nicht. Lachend und feixend nahm Daa’tan einen Schluck.
    Gegen Abend wechselten sie von der Geröll- in die Sandwüste über. Sie erstreckte sich als durchgehend ebene, nur leicht gewellte Fläche, so weit das Auge reichte.
    ***
    Pi Ramesse / Abu Simbel
    Ägypten, 1221 bis 1214 v. Chr.
    Nefertari trauerte. Ramses, der geliebte Sohn der Götter, hatte die Sonnenbarke bestiegen und war nach einundneunzig Jahren erfüllten Lebens in das Reich des Westens gesegelt, wo ihn Osiris empfangen und gesalbt hatte.
    Der inzwischen sechzigjährige Kronprinz Mosa trat in die Gemächer seiner Mutter. Nefertari, mit ihren neunundachtzig Jahren noch immer rüstig und voller Elan, starrte dem fett gewordenen Gecken entgegen. »Was willst du?«
    Er grinste feist. »Was ich will, Mutter? Das weißt du doch. Lange genug habe ich warten müssen, aber nun ist es so weit. Ich trete die Nachfolge meines Vaters an. Du musst mich zum neuen Pharao
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