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218 - Nefertari

218 - Nefertari

Titel: 218 - Nefertari
Autoren: Christian Schwarz
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wäre. Paser würde es dulden müssen.«
    »Hat er dich bereits berührt?« Ramses ging wie ein Löwe im Käfig auf und ab. Seine Augen verhießen den Tod.
    »Nein, noch warte ich damit.«
    »Sein Glück. Dann wird er dich auch nicht berühren, meine Schöne. Und da es dein Wunsch ist, dich fest an einen Mann zu binden, werde ich dich zum Weib nehmen und in der Folgezeit zur Großen Königlichen Gemahlin machen, sobald mein Vater Sethos den Weg in die Unterwelt antritt. Ich werde niemals zulassen, dass ein anderer Mann, zumal ein gewöhnlicher Sterblicher, von deinen Fingern liebkost wird.«
    Nefertari besaß die Kaltblütigkeit, um fünf Tage Bedenkzeit zu bitten. Dann sagte sie: »Ich freue mich, dass du mich erwählt hast, mein starker Stier, denn wir sind füreinander geschaffen. Doch bevor ich dein Weib werde, sollst du mir ein Geschenk nach meinem Wunsche machen. Denn auch wenn wir füreinander erschaffen sind, wäre es möglich, dass du irgendwann meiner Hände, meines Mundes und meines Schoßes überdrüssig wirst und mich meidest. Für diese Zeit muss ich Vorsorgen.«
    »Das wird niemals passieren, meine Schöne. Aber sage mir, was du haben willst. Ich kann dir jeden Wunsch erfüllen.«
    »Das weiß ich. Doch was ich mir von dir erbitte, hat nichts mit Gold und edlen Geschmeiden zu tun. Was ich von dir will, ist Folgendes: Lasse mich für ein halbes Jahr meiner Wege ziehen, ohne dass du mir nachspionieren lässt. Denn ich habe noch etwas Wichtiges zu erledigen. Wenn ich wieder da bin, will ich gerne deine Gemahlin werden.«
    Ramses rang sichtlich mit sich. Ein halbes Jahr ohne Nefertari schien ihm wie eine Ewigkeit. Aber er war klug genug zu wissen, dass er ihren Willen respektieren musste. »Also gut, meine Schöne. Dann tue, was du tun musst. Irgendwann einmal wirst du es mir sicherlich erzählen. Ich aber übe mich für dieses halbe Jahr in Enthaltsamkeit, denn ich will keine andere Frau außer dir mehr berühren und meine Schwester nennen.«
    Nefertari lachte glockenhell. »Versprich mir nichts, was du nicht halten kannst, mein starker Stier. Es ist die Natur der Männer viel stärker als die der Frauen, in der Liebe ständig Abwechslung zu suchen. Ich werde niemals eifersüchtig sein, wenn es dich nach Abwechslung verlangt und du andere Frauen beschläfst. Ich selbst allerdings werde mein Leben lang keinen anderen Mann als dich mehr anschauen und meinen Bruder nennen, denn mit dir bekomme ich mehr als jede andere Frau auf dieser Welt.«
    ***
    Noch in der Nacht packte Nefertari ihre Reisesachen zusammen. Auf ihrer persönlichen Barke schiffte sie sich auf dem Nil Richtung Norden ein. Bei der ägyptischen Garnison, die in der alten verfallenden Hyksos-Stadt Avaris untergebracht war, ließ sich Nefertari vom Kommandanten ein Pferd geben und verpflichtete ihn zu vollkommenem Stillschweigen über ihre Anwesenheit.
    (Hyksos: Semitisches Volk, das um 1700 v. Chr. Ägypten eroberte und 108 Jahre lang von der Hauptstadt Avaris aus beherrschte. Die Hyksos brachten Pferd, Streitwagen und Bogen als neue Waffen nach Ägypten.)
    Dann verließ sie das Nildelta und ritt ganz allein in die östliche Wüste hinaus, den Sinai hoch nach Norden. Während den Ägyptern selbst nach vierhundert Jahren das Pferd als Reittier noch unheimlich war und sie es lieber vor ihre Streitwagen spannten, hatten die Hethiter diese Vorbehalte nicht. Das Volk, das sich selbst Chatti nannte und das sich in Kleinasien neben Babylonien und Ägypten als dritte Großmacht manifestiert hatte, nutzte die Tiere durchaus zum Reiten. Und da E’fah als Hethiterprinzessin Puduchepa wie der Teufel geritten war, konnte sie es nun auch als Nefertari. Angst hatte sie nicht, da sie sich durchaus ihrer Haut zu wehren verstand.
    Nefertari, in den langen Mantel der Beduinen gekleidet, trieb ihr Pferd unermüdlich an und durchritt die verbrannte Grenzmark, die die beiden verfeindeten Reiche von Chatti und Ägypten trennte. Vier Tage später ritt sie auf Karkemisch zu. Die Stadt, die sich in einer steppenartigen Ebene auf einem Berg erhob und deren Mauern aus gewaltigen Steinblöcken bestanden, diente den Hethitern als Grenzfestung gegen die Ägypter. Raben kreisten über Karkemisch und stießen immer wieder auf menschliche Schädel und Gebeine herab, die an den Mauern hingen. Nefertari zügelte ihr Pferd vor dem riesigen, gut bewachten Südtor. Vier hethitische Soldaten zwangen sie mit gekreuzten Lanzen dazu.
    Sie verursachte sogleich beträchtlichen Aufruhr,
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