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2093 - Requiem für einen Ewigen

Titel: 2093 - Requiem für einen Ewigen
Autoren: Unbekannt
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genug davon kriegen. Die höhere Kosmologie war ein Gebiet, das mich unglaublich faszinierte.
    Aber es ging mir alles zu langsam. Ich hätte lieber mehr Wissen schneller in mich hineingesaugt. Aus diesem Grund fragte ich bei den Mentoren an, ob es denn nicht möglich sei, sich den gewünschten Lehrstoff durch Hypnoschulung anzueignen.
    „Theoretisch ist das durchaus denkbar", bekam ich zur Antwort. „Aber in Harcoy-Maranesh legen wir größten Wert darauf, dass die Rous sich ihr Wissen nicht durch automatische Prozesse beschaffen. Sie sollen es sich durch natürliche Lernprozesse aneignen und so besser die Zusammenhänge begreifen. Uns kommt es vor allem auf die Qualität der Gelehrtheit an. Das ist der Grund, warum wir die Hypnoschulung ablehnen."
    Ich verstand damals nicht, wie das gemeint war. Aber mit der Zeit begriff ich, dass es tatsächlich eine ganz andere Qualität des Wissens war, wenn man sich mit Engagement den kosmologischen Themen widmete, weil sie einen interessierten.
    Einer, der wohl nie recht würde erfassen können, was die Schöpfung eigentlich war, wieso es den Kampf zwischen Ordnung und Chaos ewig geben würde und warum er nötig war, das war Xiantopo. Der Phangene scharte rasch eine Gruppe von Helfern um sich, die für ihn die Vorlesungen besuchten und ihm ihr Wissen zutrugen, während er damit beschäftigt war, ein Machtsystem aufzubauen, mit dem er über alle anderen Rous herrschen konnte. Er war in seinen Mitteln nicht wählerisch, schreckte nicht vor Terror und Gewalt zurück.
    Es mochte durchaus so sein, dass am Ende Xiantopos Kämpferqualitäten den Ausschlag geben würden und man ihn zum Crux kürte. Aber Verständnis für kosmische Zusammenhänge würde Xiantopo nie aufbringen können.
    Wenn er die Funktionsweise von Kosmonukleotiden erklärte, merkte man sofort, dass er keine Ahnung davon hatte.
    Ganz anders der kleine Felokee Royan, er war das Paradebeispiel eines Musterschülers. Er konnte die kompliziertesten Phänomene so anschaulich erklären, dass man sie sofort begriff. Und wenn man ihm nicht sofort folgen konnte, brachte er die Geduld auf, das Thema so lange zu beschreiben, bis man es doch kapiert hatte.
    Das war der Grund, warum Xiantopo um Royans Gunst buhlte und ihn gerne in seine Bande eingegliedert hätte.
    Aber Royan wies ihn immer wieder ab.
    „Ich habe kein Interesse, dich zu fördern, Xiantopo", hatte er vor Zeugen erklärt. „Ich will selbst Crux werden."
    „Dann pass nur auf, dass du den Tag der Entscheidung erlebst", hatte Xiantopo mit unmissverständlicher Drohung und voller Hass erwidert.
    Ich war sicher, dass Xiantopo nicht davor zurückschrecken würde, unliebsame Konkurrenten mit Gewalt aus dem Weg zu räumen. Es kam in Harcoy-Maranesh immer wieder zu mysteriösen Unfällen, bei denen Rous ihr Leben verloren. Und es war ein offenes Geheimnis, dass solche „Unfälle" inszeniert wurden, um sich lästiger Gegenspieler zu entledigen. Viele solcher Aktionen gingen auf das Konto von Xiantopos Bande. Er prahlte sogar damit und setzte solche Vorkommnisse als Druckmittel gegen andere ein.
    Er hatte bereits versucht, mich als Wasserträger für sich zu gewinnen. Als ich ihm eine klare Absage erteilte, hatte er gemeint: „Ich würde mir das noch einmal gut überlegen, Kintradim. Oder willst du, dass dir dasselbe wie Anyook widerfährt?"
    Anyook war einer von Xiantopos Mitläufern gewesen. Als er glaubte, seine Zeit sei gekommen, hatte er versucht, Xiantopo bei den Mentoren anzuschwärzen und sich so persönliche Vorteile zu verschaffen. Doch die Mentoren mischten sich in die Angelegenheiten der Rous nicht ein. Sie ließen sie ihre Händel selbst austragen, und manchmal hatte es sogar den Anschein, dass sie solche sogar förderten. Sie trafen so eine Vorauswahl, bei der die Schwächsten auf der Strecke blieben. Ich war sicher, dass der geheimnisvolle Richter den Mentoren sogar den Befehl gegeben hatte, Unfrieden und Konkurrenzneid zu fördern. Denn anderenfalls hätten sie es kaum zugelassen, dass die Gewalt unter den Rous so eskalierte. Es verging kaum ein Tag, an dem nicht ein Schwächerer einem Stärkeren unterlag.
    Ich selbst zählte mich auch zu den Schwächeren, und ich rechnete mir keinerlei Chancen aus, bei der Entscheidung um den Titel eines Crux eine Rolle zu spielen. Aber ich wollte mich ebensowenig unterkriegen lassen und so lange wie möglich überleben.
    Ich musste mich oft mit anderen schlagen, die sich mir körperlich überlegen fühlten. Ich lernte
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