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204 - An Afras Ufern

204 - An Afras Ufern

Titel: 204 - An Afras Ufern
Autoren: Mia Zorn
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die Schelm wieder in See. Mit Kurs auf die Ostküste Afras. Denn dorthin wollten Matt und Rulfan.
    »Ich brauche hier noch jemanden an den Jakobsleitern!«
    War das nicht Matts Stimme? Rulfan drehte sich um. Er sah Matthew Drax, der sich über die Reling beugte und eine große lederne Tasche an Bord hievte. Hinter der Brüstung tauchte der Kopf eines Mannes auf. Der Albino lief zu ihm und half ihm über die Reling. Der Mann trug einen hellen Leinenanzug, war groß und schlank, und seine Haut hatte die Farbe von Kakao.
    »Ich bin Doktor Nikemdo.«, stellte er sich vor. »Ich muss nach Nyaroby und zahle gut für die Überfahrt.« Er grinste Rulfan breit an.
    Bevor der Albino etwas sagen konnte, ertönten von unten Schreie. Neugierig schauten die drei Männer über die Reling.
    Im Wasser lagen zwei Beiboote der Schelm. Voll gepackt mit Vorräten, Trinkwasser und Matrosen. Die Männer starrten zu einer der Leitern aus Tauen, die an der Schiffswand der Schelm hin und her pendelte. Ein Mann hing daran. Mit nur einer Hand umklammerte er das schwankende Tau. Die andere paddelte hilflos in der Luft. Seine Füße suchten vergeblich Halt in den Sprossen zu finden.
    Er trug ein dunkles Kapuzengewand, und auf seiner Schulter hockte ein kleiner Affe. Das braune Fellknäuel umschlang mit Schwanz und Pfoten den Hals des Mannes und kreischte erbärmlich.
    »Verflucht noch mal! Habe ich dir nicht gesagt, du sollst das Seil festhalten!«, brüllte ein Matrose im Boot einen anderen an.
    »Jetzt greift es euch schon!« Drei Männer sprangen hoch und hangelten nach dem Ende des Seils, das an der Jakobsleiter befestigt war. Als sie es endlich erwischten, ging ein Ruck durch die Leiter.
    Die plötzliche Erschütterung führte dazu, dass der Mann im Kapuzengewand für einen Augenblick den Halt verlor. Er rutschte an dem Tau nach unten. Es verursachte ein hässliches Geräusch, als das grobe Sisal die Haut seiner Handfläche aufscheuerte. Schließlich gelang es ihm, auch mit der anderen Hand das Tau zu ergreifen. Wie ein schlaffer Sack hing er jetzt an der Schiffswand. Der Affe auf seiner Schulter schrie und die Männer im Boot fluchten.
    »Alles in Ordnung?«, rief Matt dem Mann zu. Der Angesprochene blickte nach oben. Dabei rutschte ihm die Kapuze vom Kopf. Die Haut seines Gesichts war fast so schwarz wie sein krauses Haar. Er verzog seine Lippen und zwei strahlend weiße Zahnreihen glänzten zu Matthew empor.
    Kapitän Haggard drängte sich zwischen Matt und Rulfan und ergriff die Taue der Leiter. »Ziehen wir ihn nach oben, bevor er uns doch noch ins Meer fällt und Fischfutter wird!«, knurrte er.
    Mit vereinten Kräften zerrten sie den Mann an Bord. Als er schließlich zwischen ihnen stand, schaute er fast verlegen zu den großen Männern auf. Er war fast zwei Köpfe kleiner als Rulfan, hatte bernsteinfarbene Augen und unglaublich weiße Zähne. Sein Alter war schwer zu schätzen. Feine graue Strähnen durchzogen sein Haar. Er mochte Mitte dreißig sein.
    Aber wenn er lächelte, sah er aus wie ein Zwanzigjähriger. An seinem Halsansatz schimmerte eine Tätowierung, die einem Kranz aus winzigen Perlen glich.
    »Wie ist dein Name?«, fragte Kapitän Haggard.
    Der Mann öffnete die Lippen und kehlige Laute ertönten aus seinem Mund.
    »Er kann nicht sprechen!« Doktor Nikemdo kam heran. »Er hat keine Zunge. Im Hafen von Madagaskar nannten sie ihn Ohnzung!« Der Arzt stellte seine große lederne Tasche vor den kleinen Mann und wies ihn an, sich auf eines der hölzernen Fässer zu setzen, die inzwischen von den Beibooten an Bord der Schelm geschafft wurden. »Zeig mir deine Hand, Ohnzung!«
    Zögernd öffnete Ohnzung die zur Faust geballte Hand. Ein blutiger Striemen zog sich entlang der Innenfläche. Durch die aufgerissene Haut starrte das rohe Fleisch.
    Der kleine Affe sprang kreischend von der Schulter des Mannes und landete auf dem Rand des Fasses. Sein gestreifter Schwanz strich unruhig über das Holz. Er war doppelt so lang, wie der dunkelbraune Körper des Tieres groß war. Mit den winzigen Pfoten hielt sich der Lemuur am Arm seines Herrchens fest. Seine schwarzen Augen hefteten sich auf die verwundete Hand.
    Doktor Nikemdo schnalzte mit der Zunge. »Das sieht schlimmer aus, als es ist«, brummte er und öffnete seine Tasche.
    »Ich werde die Wunde desinfizieren und dir einen Salbenverband auflegen.«
    Während der Arzt verschiedene Fläschchen und Mullbinden aus der Tasche beförderte, begann der kleine Affe die Wunde an Ohnzungs
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