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2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

Titel: 2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)
Autoren: Brian D'Amato
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irgendeiner Zeit, da bin ich mir sicher – sogar weiter als 1-Ozelot, wer immer das war. Und im extremen Kern der Bedeutung von »Heute« kam ich an eine Art Berg mit einer Höhle am Gipfel. Und in dieser Höhle – die viel größer war als der Berg, sogar größer als die gesamte Umgebung – sah ich, oder hörte ich, oder spürte ich die Menschen der Zukunft, und alle schrien sich aus Angst vor dem Geborenwerden die Seele aus dem nichtvorhandenen Leib und bettelten darum, nicht auf die Welt kommen zu müssen. Zumindest habe ich das auf bildlicher, vielleicht auch symbolischer Ebene gesehen. Um es abstrakter auszudrücken, habe ich ein massives Wachstum in der Fähigkeit zur Empathie erlebt, wobei es sich um einen geistigen Akt handelt, der Einsicht und Vorstellungskraft verlangt. Ich begriff – begriff zum ersten Mal wirklich  –, dass jemand beliebig viele glückliche oder schöne Erlebnisse haben kann, die schlechten Erfahrungen in seinem Leben aber dennoch überwiegen. Das gilt nicht nur für die Mehrheit; es trifft auf jeden zu. Und wenn man von Menschen spricht, die noch nicht geboren sind, nützen die guten Zeiten, die sie angeblich haben können, niemandem – denn sie existieren ja noch nicht –, aber sie profitieren auf jeden Fall, wenn sie die schlechten Erfahrungen verpassen, die sie definitiv haben würden. Und sosehr ich mich bemühte, die kristalline Logik dieser Überlegung ließ sich nicht ankratzen: Für ein Bewusstsein war es und wird es immer ein Verlustgeschäft sein, in Existenz zu treten.
    Ich weiß, das hört sich an, als hätte ich einen schlechten Trip hinter mir und würde mich mit Timothy Leary um das letzte Hühnerkostüm streiten. Aber sogar die zugeknöpften Konzernleute – selbst die FBI -Beamten, so ziemlich die fantasielosesten Bürokraten auf diesem Planeten – sind sich einig, dass das Spiel funktioniert, und zwar gut. Aber ich brauche mich hier überhaupt nicht zu verteidigen. Ich schreibe das nicht, um mich zu rechtfertigen oder um Vergebung zu bitten. Ich schreibe es wie der Kommandant eines Panzerkreuzers, der die Pflicht hat, seine Besatzung über den Zustand des Schiffes zu informieren. Und selbst wenn kein Einziger unter den ≈ sieben Milliarden von Ihnen meine Überlegung begreift, ist es unerheblich. Wenn Sie mir folgen und diesen Erkenntnissprung nachvollziehen könnten, würden Sie mir zustimmen. Sie würden mir sogar danken. Und wenn Sie an meiner Stelle wären, würden Sie genauso handeln.
    Selbstverständlich würden Sie niemandem wehtun wollen. Schmerzlosigkeit stände ganz oben. Und gleich danach käme der Umstand, dass Sie auch mit viel Geld keine eigene Sammlung von, sagen wir, Atombomben kaufen könnten. Sie müssten eine Möglichkeit finden, bei der eine kleine Katalysatormenge eine große Wirkung erzielt, etwas so Einfaches und Natürliches wie … wie …
    Nein, drücken wir es so aus: An 6 Erde, 19 Flut, 12.19.8.10.1 starrte ich wie alle anderen mit aufgerissenen Augen auf die Verwüstung. Als der erste Schock nachgelassen hatte, fragte ich mich, was außer dem Offensichtlichen – dass es sehr viele Menschen getroffen hatte und dass es ein Anschlag auf vermeintlich sicherem Boden gewesen war – dieses Massaker an sich hatte, dass es noch entsetzlicher wirkte, als die Summe aller Teile vorgab. Lag es daran, dass ich lange nicht begriff, keinen Trailer für den neuen Jerry-Bruckheimer-Film zu sehen, sondern die Realität? Lag es daran, dass man tatsächlich eine Art satanischer Präsenz spürte, ein diabolisches Lächeln in den grauen Wolken bemerkte? Oder war der Grund der, dass es gar keine Präsenz gab, dass hinter dem Rauch nur Leere herrschte – Leere und noch mehr Leere? Eine Zeit lang hatte ich geglaubt, der Eindruck entstehe aus der Schönheit; das spektakulärste Ereignis, an das irgendjemand auf der Welt sich erinnern kann, spektakulärer als die Landung der Alliierten in der Normandie oder die Anschläge vom 11. September 2001 – wie die Flugzeuge einfach verschwanden, unddiese Beardsley’schen Staubwolken, als die Sandburgen zusammenstürzten. Als es vorüber war, empfand man nicht den Tod zahlloser Menschen, nur dieses billige Gefühl wie nach einem Feuerwerk, oder wie wenn man ein großes Dessert heruntergeschlungen hat und schuldbewusst auf den leeren Teller blickt. Ich war enttäuscht von mir, so gedacht zu haben. Aber irgendwann ging mir auf, dass es in Wirklichkeit jeden getroffen hatte, und ich sah, wie leicht es
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