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2012 - Folge 7 - Ein Grab im Dschungel

2012 - Folge 7 - Ein Grab im Dschungel

Titel: 2012 - Folge 7 - Ein Grab im Dschungel
Autoren: Bastei
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welche Macht ihr Herr verfügte, und er würde sicher nicht wie Schlachtvieh an einem Ort ausharren, der so wenige Fluchtmöglichkeiten bot.
    Ericson würde, wenn er so vorausschauend war, wie Pauahtun es ihm unterstellte, schleunigst von der Insel verschwinden.
    »Sie haben das Ufer fast erreicht«, meldete Chac in diesem Moment. Pauahtun blickte durch das Fernglas und fand die Worte bestätigt. Ericson musste schon nicht mehr schwimmen. Das Wasser war so flach, dass er durchs Wasser waten konnte, wobei er den dicklichen Jungen hinter sich herzog. Nicht weit vom Ufer entfernt ging der Strand in ein Pinienwäldchen über.
    »Kannst du nicht schneller fahren?«, rief Kulkulcan durch die schmale Tür in den engen Ein-Mann-Ruderstand hinein.
    »Nein«, antwortete Huracan.
    Das Rettungsboot, im Grunde kaum mehr als eine plump geformte Kapsel aus glasfaserverstärktem Polyester, war nicht auf Tempo ausgelegt. Der 28-PS-Motor brachte es auf gerade mal sechs Knoten.
    »Es spielt keine Rolle«, sagte Pauahtun. Nur seine Hand, die eben noch flach auf der roten Polyesterverkleidung gelegen hatte und sich nun langsam und mit knackenden Knöcheln zur Faust ballte, verriet, dass seine Ungerührtheit lediglich vorgetäuscht war. »Ich weiß, wohin sie wollen.«
    Das Fernglas vor den Augen, ließ er den Blick ostwärts über die Küste der Île de Ré schweifen. Bis er etwas fand, das in seinen neu gefassten Plan passte. Er streckte den Kopf in das winzige Ruderhaus und befahl: »Kursänderung!«

    »Jandro kann nicht mehr«, sagte Maria Luisa, und ihr Ton machte Tom klar, dass sie sich diesmal auch durch sein eindringlichstes »Wir müssen weiter!« nicht davon abbringen lassen würde, ihrem Bruder eine Pause zu gönnen.
    Aber das war auch nicht nötig.
    »Okay, wartet dort, hinter den Büschen.« Er zeigte auf ein Gesträuch etwas abseits der schmalen Straße, die durch einen Grüngürtel von der Küste getrennt parallel zum Ufer verlief. Durch die Bäume und das Buschwerk hindurch war auf dem Meer draußen immer wieder mal das Signalrot des Rettungsbootes ihrer Verfolger zu sehen gewesen, während Tom mit seinen Schützlingen zu Fuß der Straße folgte, während allmählich ihre Kleidung am Körper trocknete. Nach einer Weile hatten die Indios sie vollends überholt und waren außer Sicht geraten. Was keineswegs hieß, dass sie nicht jederzeit wieder auftauchen konnten.
    »Wo willst du hin?«, fragte Maria Luisa, die stehen geblieben war und ihren keuchenden Bruder stützte.
    Tom winkte ab. »Ich bin gleich wieder da. Tu einfach, was ich sage.«
    »Tu, was ich sage«, äffte sie ihn nicht böse gemeint nach. »Du bist nicht mein Vater, weißt du?«
    Er blinzelte ihr zu. »Dafür halte ich auch viel zu viel von dir.«
    Sie wurde rot und half ihrem Bruder, sich im Schatten des Gebüschs hinzusetzen. Dann reichte sie ihm den Asthma-Inhalator, den er sich rasch an die Lippen hielt.
    Tom trabte los in Richtung der flachen Wasserbassins, die vor ihnen den bewachsenen Uferstreifen ablösten. Dutzende davon bildeten eine regelrechte Poollandschaft, die sich weit die Küste entlang erstreckte. Salzgärten, auf deren Wasseroberfläche sich das »weiße Gold« absetzte. So genannte Sälzer trugen es mit hölzernen Rechen ab und türmten es zu weißen Hügeln auf.
    Am Straßenrand standen ein Reisebus, der eine Touristengruppe hergebracht hatte, die sich da draußen die Meersalzgewinnung vorführen ließ, und die Fahrzeuge der Arbeiter. Dabei handelte es sich in erster Linie um Fahrräder, aber es war auch ein dreirädriger Kleinlaster darunter.
    Der musste genügen.
    Tom atmete durch. Die Entscheidung fiel ihm nicht leicht, trotz allem, was auf dem Spiel stand. Er war kein Dieb. Andererseits klaute er den Wagen ja auch nicht. Er lieh ihn sich nur aus.
    Tom öffnete die Fahrertür des Pritschenwagens, stieg ein und brauchte die Kiste nicht einmal kurzzuschließen. Der Schlüssel steckte. Tom wertete das als ein Zeichen des Himmels.
    Mit aufheulendem Motor setzte er das klapprige Wägelchen auf der schmalen Straße zurück und stoppte es auf der Höhe von Maria Luisa und Jandro.
    »Schnell, einsteigen!«, rief er ihnen zu.
    In der Kabine war nicht genug Platz, deshalb kletterten die Geschwister auf die Ladefläche. Durch die offene Scheibe in der Rückwand des Fahrerhauses konnten sie einander verständigen.
    »Du weißt aber schon, dass das Diebstahl ist.« Die Spanierin mit dem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn konnte sich die Bemerkung
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