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2:0 für Oma

2:0 für Oma

Titel: 2:0 für Oma
Autoren: Ilse Kleberger
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zuerst mit Stein geschmeißt — Peppino hat nur zurückgeschmeißt !“
    „Trotzdem war das gemein“, schluchzte Brigitte, „Rolf ist doch noch so klein.“
    „Peppino sein auch nicht größer“, sagte Maria und stemmte die Fäuste in die Seiten. Tatsächlich war Peppino wohl rundlicher, aber eher noch etwas kleiner als Rolf.
    „Trotzdem“, schluchzte Brigitte. Dann wandte sie sich an ihre Brüder: „Ich sag euch was — ihr bleibt hier bei Rolf. Er soll sich nicht bewegen, vielleicht hat er eine Gehirnerschütterung — ihr bleibt hier, und ich hole unsre Oma!“ Ohne noch eine Antwort abzuwarten, stapfte sie den Hügel hinab, schwang sich auf ihr Rad, das an der Weide lehnte, und sauste davon.
    „Ha“, rief Peter und sah die Italienerkinder triumphierend an, „ihr werdet’s ja erleben. Unsre Oma, die wird euch ganz schön fertigmachen. Wenn unsre Oma erst kommt...“
    „Du sein ganz still“, unterbrach ihn Maria. „Wer schon eure Oma sein? Wenn ihr Oma holen, holen wir die Nonna — basta!“
    Sie stieg den Hügel hinab und verschwand in der Tür der Baracke. Die kleinen und die winzigen Italiener drängten hinterher. Auch Mario zog sich langsam von der Gruppe um Rolf zurück.
    Es dauerte nicht sehr lange, bis die Kinder Brigitte zurückkommen sahen. Wie erwartet, war sie nicht allein, sondern fuhr hinter einer zierlichen alten Dame her, die einen lila Strohhut auf dem Kopf trug und deren lange Röcke beim schnellen Radfahren flatterten. An der Lenkstange hing eine Handtasche, und quer über den Gepäckträger hatte sie einen Regenschirm geklemmt. Ohne diesen Schirm ging Oma nie aus. Er diente ihr als Regen- und Sonnenschutz, als Waffe und zu allem möglichen anderen. Neben Rolf sprang Oma behende vom Rad und gab es Peter zum Halten. Sie beugte sich zu dem Verletzten hinab und betastete seinen Kopf. „Nur eine Schramme“, murmelte sie und dann lauter: „Nun steh mal auf!“
    „Kann er nicht“, sagte Karoline eifrig, „er hat’s versucht, aber er ist immer wieder hingefallen.“
    Oma bewegte Rolfs Arme und Beine. Das ging ganz ohne Schmerzen. Dann machte sie sich an seinen Hosentaschen zu schaffen und zog mehrere große Wackersteine heraus. Auch vorne im Höschen steckten einige davon, die ein erhebliches Gewicht hatten. Als Rolf durch Oma „ausgeräumt“ war, sagte sie noch einmal: „Nun steh auf!“
    Es ging. Er erhob sich ganz leicht und fiel auch nicht mehr hin. Es waren wohl wirklich nur die Steine gewesen, die ihn immer wieder umgeworfen hatten.
    Oma betrachtete nachdenklich ihre verschrammten und bepflasterten Enkel: „Wo sind...“
    „Die Spaghettifresser?“ Jan rümpfte die Nase. „Die haben Angst vor dir und sind deshalb abgehauen. Sie wollen irgend so ‘ne heilige Frau holen, eine Nonne haben sie gesagt — was die hier wohl soll?“
    Oma meinte: “Nonna heißt auf italienisch Großmutter, sie werden von ihrer Oma gesprochen haben.“
    Sie setzte ihren Hut gerade, der etwas verrutscht war, nahm die Handtasche, ergriff den Regenschirm und fing an, mit seiner Hilfe den Hügel zu erklimmen. „Da oben ist eine Bank. Ich werde mich dort von der raschen Fahrt ein wenig ausruhen und die Aussicht genießen.“
    Ehe ihre Enkel ihr sagen konnten, daß die Bank eigentlich den „Spaghettis“ gehörte und daß diese es gar nicht gerne sähen, wenn sich jemand anderes auf ihr niederließe, öffnete sich die Barackentür, und die Italienerkinder drängten heraus, so geschwind wie ein Korken, der aus einer Sektflasche springt. In ihrer Mitte schoben sie eine alte Frau voran, die einen grauen Haarknoten nachlässig zusammengedreht hatte und eine gestreifte Schürze über dem rundlichen Leib trug. Sie begann den Hügel zu besteigen, hielt aber nach ein paar Schritten nach Luft schnappend wieder an und schüttelte den Kopf. Da sprang Maria vor sie hin und redete auf sie ein mit blitzenden Augen und wie Vögel flatternden Händen. Immer wieder zeigte sie zur Bank hinauf, wo Oma kerzengerade Platz genommen hatte.
    Schließlich nickte die alte Italienerin, ächzte und setzte sich wieder in Bewegung. Mario, Maria und ein paar kleine Italiener schoben von hinten, bis sie oben an der Bank angekommen war, wo sie sich schwer atmend fallen ließ. Als sie ein wenig besser Luft bekam, machte sie eine Handbewegung, als scheuche sie Fliegen fort, worauf Mario, Maria und die anderen Kinder im Nu den Hügel räumten.

    Oma und die Nonna blickten sich an. Langsam fingen sie an zu sprechen. Oma zeigte auf
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