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1922 - Die Solmothen

Titel: 1922 - Die Solmothen
Autoren: Unbekannt
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absonderten.
    „Ja", bestätigte sein Vater. „Doch wenn wir ein drittes Kind bekommen wollen, muß es jetzt geschehen. Wie gesagt, wir möchten dich nicht vertreiben. Doch wir haben damit begonnen, einen weiteren Raum zu schaffen. In dreizehn Monaten müssen wir damit fertig sein."
    Unwillkürlich setzte Battanboo zu einer tänzelnden Bewegung an. „Ich freue mich für euch", sagte er. „Ich freue mich wirklich. Die Harmonie der Dinge nimmt ihren Lauf.
    Gaaha hat mich heute aufgefordert, um sie zu werben."
    Seine Mutter lächelte schwach. „Ich kann nicht sagen, daß mich das überrascht. Die Zeichen waren nicht zu übersehen. Eigentlich konnte nur der sie übersehen, dem sie galten. So ist das immer."
    „Was wirst du unternehmen?" fragte der wesentlich nüchterner denkende Soidofa.
    Battanboo kräuselte seine Nackenhaut. „Ich werde mit ihr sprechen", antwortete er. „Sie wissen lassen, daß ich ihre Aufforderung zur Kenntnis genommen habe, aber noch eine Zeitlang nachdenken muß."
    „Über dich und Gaaha?" fragte Arusa.
    „Das auch", gestand Battanboo ein. „Aber hauptsächlich über mich und mein bisheriges Verhalten. Und was daran nicht in Ordnung ist." Er wandte sich um und schwamm aus der Wohnung.
    „Du bist immer bei uns willkommen!" rief Arusa ihm hinterher. Es war überflüssig, denn das wußte er.
    Wie in Trance glitt er durch die verzweigten Straßen der Korallenburg. Die vom Rotbräunlichen über Ockertöne ins Graublaue gehenden Färbungen der Kalkablagerungen boten den Solmothen eine hervorragende Tarnung und hoben sich deutlich vom Blau des Ozeans ab. Natürlich stellte die Korallenburg. ein gewaltiges Kalkgebirge von mehreren Kilometern Ausmaß, an sich schon einen gewissen Schutz dar; kein Meeresraubtier wagte sich in die dicht besiedelte Stadt. Deren Bewohner waren normalerweise zwar überaus friedlich, wußten sich aber zu wehren, wenn sie angegriffen wurden.
    Als Battanboo in die Straße bog, in der sich Gaahas Behausung befand, kam sie gerade aus dem Tunnel, der den Eingang zum Bau ihrer Eltern bildete. Sofort bemerkte er. daß ihr Bauch sich verfärbt hatte - ein weiteres Zeichen dafür, daß sie es mit der Partnersuche ernst meinte. Während die ausgewachsenen Solmothenbullen durchgehend eintönig gefärbt waren, wiesen die Bäuche der Frauen unterschiedliche Zeichnungen auf, die bei der Werbung besonders attraktive Muster annahmen.
    Leicht tänzelnd näherte er sich ihr und streifte sie behutsam. „Schwimmen wir hinaus?" fragte er. Er mußte nicht erklären, wohin: natürlich zu jener Perlakoralle, auf der sie ihren Liebesbeweis für ihn zurückgelassen hatte.
     
    *
     
    In den folgenden Wochen, Monaten und Jahren schwammen sie noch oft hinaus zu jener Koralle, auf der jener Perlamarin. den Gaaha für Battanboo geschaffen hatte, langsam, aber stetig wuchs. Er schien immer heller zu leuchten, und seine kräftige blaue Farbe schien immer intensiver zu werden, genau wie ihre Beziehung.
    Anfangs unterhielten sie sich lediglich, und Battanboo wurde allmählich bewußt, wo sein Problem lag und wieso er bislang die bequeme Möglichkeit gewählt hatte: Er war in einer Gesellschaft aufgewachsen, deren harmonische Ordnung ihm viele Freiheiten gewährt und ihn nicht gedrängt hatte, Verantwortung zu übernehmen. Damit war nicht die Beteiligung etwa an gemeinsamen Bauunternehmungen in der Korallenburg gemeint oder an den Wachbereitschaften zum Schutz ihrer Familien vor Raubwesen. Nein, gemeint war die Verantwortung, an der Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des harmonischen Zusammenlebens mitzuwirken.
    Die Rechte des einen enden dort, wo die des anderen anfangen. Rechte sind stets mit Pflichten verbunden.
    Nun begann Battanboo allmählich zu verstehen, was damit tatsachlich gemeint war. Es waren keine Worte nötig, um mit Gaaha zur Übereinkunft zu gelangen, eine gemeinsame Behausung zu bauen. Zwar dauerte es eine Weile, bis sie einen geeigneten Standort in einem noch kaum bebauten Teil der Korallenburg gefunden hatten, ganz am Rand der Stadt, doch sie konnten mit den eigentlichen Ausschachtungen beginnen, noch bevor Arusa mit ihrem dritten und letzten Kind niederkam. Da ihnen Angehörige seiner und Gaahas Familie halfen, die Korallen auszuhöhlen. machten sie schnell Fortschritte.
    Aus ihrer immer engeren geistigen Nähe entwickelte sich bald eine körperliche. Es bereitete ihnen höchstes Vergnügen, ihre Begierde mit Wassertänzen auszudrücken, Tänzen nur für sie beide, mit denen
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