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1922 - Die Solmothen

Titel: 1922 - Die Solmothen
Autoren: Unbekannt
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feste Beziehung einzugehen.
    Also mußte er sich fragen, wieso er bislang gezögert hatte, mit der Werbung um Gaaha zu beginnen, zumal er mehr als nur ahnte, daß er erhört werden würde.
    Andererseits ... die Freude über ihr Zeichen hatte ihn sofort übermannt. Er hatte instinktiv, ohne großartig darüber nachzudenken, ein Revier um den blauen Stein markiert.
    Dabei war ihm klar, daß kein anderer männlicher Solmothe Gaahas Zeichen falsch auffassen und mißbrauchen würde. Jeder Bewohner der Korallenburg wußte von den wenn auch noch nicht sehr festen - Banden zwischen ihm und Gaaha; keiner hätte sich in ihre im Entstehen begriffene Beziehung gedrängt. Nur Liebe und Harmonie waren erstrebenswert und Bestand hatte nur, was auf diese Weise geschaffen wurde.
    Was hatte ihn also davon abgehalten um sie zu werben?
    Mit langsamen Schlägen der Schwanzflosse verließ er das soeben markierte Revier und hielt der Korallenburg entgegen. Die Euphorie war völlig von ihm abgefallen und von einer tiefen Nachdenklichkeit ersetzt worden. Er rief sich zur Ordnung und hielt nach irgendwelchen Anzeichen Ausschau, die auf einen Rabbastuhr hindeuteten, der seine heimatlichen Tiefen des Meeres verlassen hatte, um in höheren Regionen auf Beutezug zu gehen, oder auf ein anderes Raubwesen, bemerkte aber keine.
    Dutzende Schulen bunt schillernder Fische unterschiedlichster Größe schwammen in seiner näheren Umgebung ruhig ihrer Wege.
    Seine Gedanken kehrten zu Gaaha zurück. Nun ja ... genaugenommen hatte sie bislang noch nie, durch keine einzige Bewegung der herrlich langen, knolligen Nase, durch kein Zwinkern der schwerwimprigen Lider über den großen, schwarzen Augen, durch keine Drehung des dicken, massigen und so attraktiven Halses, angedeutet, daß sie für ihn mehr empfand als Achtung und Freundschaft.
    Vor ihm zeichneten sich die Umrisse der ersten Korallen ab, die ihre Burg bildeten. Sie erstreckte sich kilometerweit in alle Richtungen; über fünftausend Solmothen lebten hier. und dabei war ihre Burg bei weitem nicht die größte, die er kannte. Er hatte schon Korallenbänke besucht, die weit über zehntausend Bewohnern Unterkunft und Schutz boten.
    Zielstrebig tauchte er in das Labyrinth der bebauten und noch unbearbeiteten Berge und Schluchten aus Kalkablagerungen. Er nahm die Duftnoten zwar wahr, mit denen die Solmothen ihre jeweiligen Quartiere markierten, achtete jedoch kaum auf sie, fand den Weg zu seinem Elternhaus wie im Schlaf. Die Artgenossen, denen er begegnete, schienen zu erkennen, wie gedankenverloren er war, und es zu respektieren. Sie wichen ihm aus, und keiner sprach ihn an.
    Aber hatte er denn Gaaha gegenüber irgendwelche Andeutungen gemacht? Nein, keineswegs. Der Schritt, sich ein Leben lang an einen Partner zu binden, wollte gut überlegt sein. Und er mußte sich eingestehen, daß er genau dies bislang nicht getan hatte - über ihre Beziehung und deren Zukunft nachzudenken. Vielleicht hatte Gaaha das von ihm erwartet; und nachdem sie zur Auffassung gelangt war, er habe Zeit genug für diese Überlegungen gehabt, hatte sie ihm mit ihrer Aufforderung einen sanften Anstoß gegeben.
    So weit, so gut. Er erkannte, daß die eigentliche Frage lautete, warum er noch nicht über eine gemeinsame Zukunft für sie beide nachgedacht hatte.
    Und darauf hatte er keine Antwort.
    Noch nicht.
    Fast wäre er an der Öffnung in der Korallenwand vorbeigeschwommen, die den Eingang zu seinem Elternhaus bildete. Im letzten Augenblick zwang er seine fünfhundert Kilogramm Lebendgewicht in den Tunnel. Dabei schrammte er an der Wand entlang, was ihm nicht mehr passiert war, seit er ein ausgelassenes Kind von fünfzehn Jahren gewesen war. Kalkablagerungen zerrieben unter seiner Körpermasse, doch seine dicke, widerstandsfähige Haut verhinderte, daß er Schmerz empfand.
    Arusa, seine Mutter, fuhr erschrocken herum, als sie das ungewohnte Geräusch vernahm. Unwillkürlich sonderte sie vor Aufregung über ihre Nase etwas Sekret ab.
    Battanboo pfiff sofort eine Beruhigung. „Tut mir leid." Er betrachtete die Tunnelwand. „Aber der Schaden hält sich in Grenzen."
    Doch im nächsten Augenblick erkannte er an ihrer Miene, daß sie wohl weniger wegen des Malheurs als wegen seiner frühen Rückkehr erregt war.
    Dann fing sie an, leicht zu tanzein, ein noch deutlicherer Ausdruck ihrer Aufgewühltheit.
    „Was ist passiert?" fragte er. „Ist Vater etwas zugestoßen?"
    Doch seine Besorgnis war überflüssig. Im nächsten Augenblick
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