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190 - Der Finder

190 - Der Finder

Titel: 190 - Der Finder
Autoren: Jo Zybell
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Mammutleibes?
    Nacheinander kletterten die Anangu in einen der drei Kriechgänge.
    Matt zögerte nicht lange und folgte ihnen. Durch das haarige Gestrüpp ging es schräg nach unten. Hin und wieder passierte er düstere Felltunnelpassagen und musste sich an den Stimmen der Anangu orientieren. Wirklich dunkel jedoch wurde es nie. Den Schafsleuten, denen die Anangu die Riesentiere geraubt hatte, hatten ein System von Höhlen, Schächten und Gängen durch das drahtige Fell geschnitten, das immer für genug Licht und Luft sorgte.
    Die Stimmen der vier Anangu entfernten sich; sie waren kleiner und beweglicher in diesen engen Gängen als er. Einer der Schafsgiganten blökte, und es klang beängstigend nach dem Tiefflug eines Kampfjets. Von unten hörte Matt die befehlsgewohnte Stimme des Anführers und von fern ein Geschrei, das halb nach Wahnsinn und halb nach Verzweiflung klang.
    Bald führte der Kriechtunnel zu einem steilen Gefälle. Matts Finger tasteten und erwischten die harten schmalen Fellquasten, an denen man sich auf steilen Abschnitten festhalten konnte wie an Leitersprossen. Es wurde heller, die Stimmen rückten wieder näher, und dann endlich – Tageslicht und frische Luft.
    Matthew Drax stieg an einem knotigen, geflochtenen Klettertau nach unten, dem feuchten rötlichen Boden entgegen. Sie standen zwischen den turmartigen Vorderläufen des Schafstitanen und beobachteten einen Kampf. Der größte von ihnen drehte sich nach Matt um, als hätte er auf ihn gewartet.
    »Komm her, Commanderdrax«, sagte er. »Schau dir einen an, den die Götter mit Wahnsinn geschlagen haben.«
    Der kräftig gebaute Mann mit der bronzefarbenen Haut und dem langen Kraushaar winkte ihn heran. Es war Daagson, der Erste Wächter des Uluru, der Anführer der Anangu. Matt hielt ihn für einen gnadenlosen Mörder.
    Er dachte nicht daran, zu ihm zu gehen. Er entfernte sich im Gegenteil ein paar Schritte vom Schafstitanen und den Anangu. Zum einen war es ihm nicht geheuer, sich in unmittelbarer Nähe dieser Schafsbeine aufzuhalten; ein einziger nervöser Schritt des Riesentieres konnte einen Mann zertreten. Vor allem aber nutzte Matt jede Gelegenheit, um Daagson seine Autonomie zu demonstrieren. Er war kein Gefangener. Er hatte nur das Angebot angenommen, auf den geraubten Schafen mit zum Uluru zu reisen.
    Die Wahrheit war: Der Erste Wächter des Uluru würde ihn am liebsten töten. Das hatte er Matt eiskalt ins Gesicht gesagt. Dass er es nicht tat, dass er ihn tatsächlich als freien Mann zum Uluru bringen wollte, war nicht sein eigener Entschluss. Jemand hatte es ihm befohlen. Jemand, den er »Herr« und »Ahne« nannte und mit dem er in telepathischer Verbindung stand.
    Matthew Drax hatte keine Ahnung, wer dieser Jemand sein mochte.
    Doch er ahnte bereits, dass es sich nicht vermeiden lassen würde, ihn kennen zu lernen. Wohl war Matt nicht bei diesem Gedanken.
    Drei Männer kämpften miteinander, etwa zweihundertfünfzig Schritte entfernt, unmittelbar vor dem Schafsgiganten, der die exotische Herde anführte, einem braunen Widder. Zwei der Männer waren dunkelhäutige Anangu. Sie drangen mit Kurzschwertern und Speeren auf den dritten Mann ein. Dieser war ein kleiner drahtiger Bursche von höchstens zwanzig Jahren mit langem schwarzen Haarzopf und einem schmutzigen Tuch um die Stirn. Sein schwerer Pelzmantel schien ihm viel zu groß zu sein. Er kämpfte mit einer Art Säbel. Und er kämpfte gut.
    Matthew Drax ging dem Kampfplatz entgegen. »Warum greifen deine Leute diesen Burschen an?«, fragte er im Vorübergehen und an Daagsons Adresse. »Wolltet ihr zur Abwechslung mal wieder jemanden massakrieren?«
    »Er ist wahnsinnig!«, rief Daagson. »Er ist mit seinem Krummschwert auf den Mammutbock losgegangen.«
    »Und wenn schon.« Matthew Drax drehte sich um. »Muss man deswegen gleich auf ihn einprügeln? Ihr hättet an ihm vorbeiziehen können, und mit ein bisschen Glück hätten die Riesen ihn nicht totgetreten.«
    »Er interessiert mich«, sagte Daagson. »Was geht es dich an, Commanderdrax?«
    Matt wandte sich ab und lief noch näher an den Kampfplatz heran.
    Ein paar Schritte davor blieb er stehen. Das Gesicht des Weißen war spitz, seine schwarzen Schlitzaugen loderten wie im Fieber, und ein langer dünner Schnurrbart bog sich über seinen schmalen Lippen.
    Der Bursche sah ziemlich verhungert aus. Er war über und über mit rötlichem Sand bedeckt.
    »Lasst ihn!«, rief Matt, ohne zu wissen, ob die Anangu ihn verstanden. »Warum
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