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190 - Der Finder

190 - Der Finder

Titel: 190 - Der Finder
Autoren: Jo Zybell
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»Aufhören!«, schrie Daa’tan. »Hört sofort auf, ihr Mistviecher!« Seine ansonsten ziemlich bleiche Gesichtshaut war rot angelaufen. »Los, weg da! Weg, sag ich, weg!«
    (Beruhige dich. Sie können nicht weglaufen, sie sind angebunden.) Die Tiere hatten rotbraunes Fell, große kräftige Hinterläufe und spitze Schnauzen. Sieben Exemplare zählte Grao’sil’aana, und jedes einzelne war um einiges größer als ein männlicher Primärrassenvertreter.
    Daa’tan bückte sich nach seinem Schwert, packte es mit beiden Händen und hob es über den Kopf. »Verschwindet, oder ich schlage euch tot!« Er torkelte, weil die schwere Waffe seinen schmächtigen Körper nach hinten zog. Grao’sil’aana sprang auf und hielt ihn fest.
    (So beruhige dich doch, Daa’tan!) Er versuchte dem Jungen die Klinge zu entwinden, doch der riss sich los. (Sie sind im Geäst des Baumes festgebunden, siehst du das denn nicht?)
    »Sie tun dem Baum weh! Sie fressen ihm die Blätter weg!«
    Daa’tan stampfte mit dem Fuß auf. »Er braucht seine Blätter, um Licht zu trinken! Sie verletzen ihn! Ich will ans Ufer, sofort!« Er schlug die Klinge in den Bootsrand, zwei Handbreiten tief fuhr sie ins Holz.
    (Sie brauchen das Laub für ihren eigenen Stoffwechsel.) Grao’sil’aana hielt dagegen und wusste doch, dass kein rationales Argument seinen Schützling mehr erreichen würde. Er fragte sich, woher der Junge wusste, dass Bäume mit ihrem Laub Sonnenlicht aufnahmen. Hatte er ihm das je erklärt? (Außerdem sind sie das Eigentum von eingeborenen Primärrassenvertretern, sonst wären sie nicht angebunden.)
    »Na und?« Daa’tan versuchte die Klinge aus dem Holz zu reißen.
    »Dann werden die eben auch bestraft!« Das Boot schaukelte beträchtlich.
    (Wir haben Wichtigeres zu tun, wahrhaftig Wichtigeres!) Grao’sil’aana ruderte so kräftig er konnte. Je schneller die Bäume und die darunter weidenden Tiere aus Daa’tans Blickfeld gerieten, umso besser. Die Reizbarkeit und Sturheit des Jungen brachte die Geduld des Daa’muren in letzter Zeit bis an ihre Grenzen.
    Möglicherweise, so überlegte Grao’sil’aana, stand Daa’tan wieder ein Wachstumsschub bevor. Im Vorfeld solcher intensiven Entwicklungsschübe hatte der Daa’mure früher schon beobachtet, dass der Junge seelisch aus der Balance geriet.
    »Ich will ans Ufer!« Endlich löste sich das Schwert aus dem Bootsrand. Daa’tan fiel über die Ruderbank, hielt die Klinge aber fest. Das Boot neigte sich gefährlich zur Seite. Grao’sil’aana beugte sich über Bord, um den Schrägstand auszugleichen. »Ich hab Hunger, ich will sofort ans Ufer«, krakeelte Daa’tan. »Wir können sie essen, die verfluchten Viecher!«
    (Wir haben keine Zeit zu verlieren. Du kannst Fisch essen.) Daa’tan zeterte und jammerte, bis der Daa’mure entnervt aufgab.
    Sie ruderten ans Ufer. Kaum hörte Daa’tan den Kies des Flussbettes über die Unterseite des Bootes scharren, ließ er die Ruderholme los, packte sein Schwert und sprang ins seichte Uferwasser.
    (Nicht doch, Daa’tan! Warte auf mich! Diese Organismen könnten dir gefährlich werden!) Auch Grao’sil’aana stieg ins Wasser. Er schob das Boot zur Hälfte in die Uferböschung.
    »Ich habe doch das Schwert Nuntimor!« Daa’tan verschwand ihm hohen Gras. »Damit bin ich unbesiegbar! Was soll mir schon passieren?«
    Grao’sil’aana schnappte sich die Axt und rannte dem Jungen hinterher. Als er den höchsten Punkt der Uferböschung erreichte, sah er Daa’tan durchs hohe Gras hetzen. Höchstens dreißig Schritte trennten den Jungen noch von den arglos weidenden Tieren. Der Daa’mure spurtete los.
    Sekunden später hörte er die Wutschreie des Jungen und das aufgeregte Schnauben, Fiepen und Piepsen der Tiere. Grao’sil’aana erreichte den großen Baum zu spät. Zwei der rotbraunen Pelztiere lagen bereits zuckend in ihrem Blut, auf ein drittes drosch Daa’tan mit seinem Schwert ein. Die Tiere schrien vor Angst und zerrten an den Lederriemen, mit denen sie festgebunden waren. Es war ein übles Gemetzel.
    Auch Grao’sil’aana schlug zu: Vier Axthiebe, und vier Tiere setzten mit weiten Sprüngen ins Gras. Pfeifend und in großen Sätzen flüchteten sie. Ihre durchschlagenen Lederriemen hingen aus dem Geäst.
    Daa’tan riss seine Klinge aus dem sterbenden Rotpelz. Der sank neben die Kadaver der bereits erschlagenen Tiere, zuckte noch ein wenig und erschlaffte schließlich. Daa’tan blickte sich um. Sein Blick loderte, jetzt erst registrierte
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