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184 - Die Herren von Sydney

184 - Die Herren von Sydney

Titel: 184 - Die Herren von Sydney
Autoren: Ronald M. Hahn und Stephanie Seidel
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beschattet und war ihm in das Kanalsystem gefolgt, bis zu jener Stelle, an der weitere Menschen zu ihm stießen, die offenbar den Zorn anderer auf sich gezogen hatten. Agat’ol wusste nicht, was davor sich ging. Er hatte nur plötzlich registriert, dass Quart’ol in seine Richtung gelaufen kam, und war zurückgewichen, um nicht von ihm entdeckt zu werden.
    Irgendwann merkte er dann, dass die Soldaten direkt hinter ihm waren und Quart’ol verschwunden war. Er hatte Fersengeld gegeben und die Verfolger nur mit Mühe und Glück abgehängt. Da er keine Lichtquelle bei sich trug, war er andauernd gegen die Tunnelwände geprallt und hatte sich blutige Schrammen und Prellungen zugezogen.
    Doch nun war die Freiheit nicht mehr fern! Schon roch er das Wasser, sein Element! Er rutschte aus, aber es war ihm egal. Kopfüber segelte er in die Tiefe, dem Ende des vermutlich Jahrhunderte alten Kanals entgegen.
    Agat’ol klatschte auf den Bauch und schlug sich das Kinn auf, während er mit einem Fluch auf den Lippen der Freiheit entgegen raste. Dann war das Rohr endlich zu Ende; er flog im hohen Bogen ins Nichts hinaus und öffnete die Augen.
    Zwanzig Meter unter ihm breitete sich das Meer aus.
    Aber es war eine verflucht seichte Stelle, an der man sich, wenn man kein geübter Springer war, leicht die Gräten brechen konnte.
    Mit einem gurgelnden Schrei stürzte Agat’ol hinab…
    ***
    Roney hätte dem Oberkommando nicht zugetraut, dass es
    so
    schnell einlenken würde. Vermutlich hatte das Versprechen der Kristianer, den General und seinen Anhang nicht ohne faire Verhandlungen an die wütenden Bürger von Sidnee auszuliefern, ihre Entscheidung beeinflusst.
    Laut Magister Nikodeemus – der bis zu den ersten Bürgermeisterwahlen seit dem 21. Jahrhundert als Interimsherrscher amtierte – hatte die Mehrheit der Offiziere eine gewisse Überforderung in politischen Fragen zugegeben und die wissenschaftlich gebildeten Theologen als ihre Nachfolger willkommen geheißen.
    Fähnrich Enderby und Captain Archer hatten ihren Abschied vom Militär genommen und sich bei Nacht und Nebel davongestohlen. Auch Archers Gattin hatte den Uniformrock an den Nagel gehängt. Roney hatte sie zuletzt mit Einauge schäkern sehen.
    Die Drachenfliegerflotte war zwar in Flammen aufgegangen, aber die Flieger waren noch da. Der amtierende Forschungssenator Harry Roney konnte sich vorstellen, dass die Jungs, mit denen er schließlich mal befreundet gewesen war, lieber das Land erforschten als Leuten nachzuschnüffeln, die Witze übers Rathaus rissen.
    Hamoudi gab vielleicht sogar einen guten Kommmandanten ab, falls er begriff, dass man auch ein guter Chef war, wenn man über sich lachen konnte.
    Im Moment hatten die Kristianer die Macht. Die Wahlen würden erweisen, ob der Orden genügend kompetente Köpfe besaß, um die Oberhand in der Stadt zu behalten. Noch stand die Bevölkerung hinter ihm.
    Sogar die Omaristen machten sich für ihn stark, da die Kristianer niemanden verfolgten, der nach seiner eigenen Fasson selig werden wollte.
    »Und ihr?«, fragte Roney im lauen Wind, der vor der Oper übers Meer wehte. »Kehrt ihr jetzt in eure Heimat zurück? Wie hieß die Insel doch gleich?«
    »Sankt Augustus«, sagten Vogler und Clarice wie aus einem Munde.
    Quart’ol grunzte leise. Er hatte in der Zwischenzeit einen telepathischen Befehl an die Transportqualle gesandt, die auf seine Gehirnwellenmuster geeicht war.
    Kurz darauf blubberte es. Die Qualle kam an der Hafenmauer aus dem Wasser. Roneys Interesse verlagerte sich.
    »Euer Boot ist wohl doch nicht abgesoffen, was?«
    »Ähm, nein«, sagte Quart’ol. »Ich musste die Wahrheit ein wenig verbiegen, weil ich nicht erklären konnte, mit was wir wirklich nach Sidnee gekommen sind.«
    »Ein interessantes Fahrzeug.« Roney schaute zu, als Vogler und Clarice auf den Rücken der Qualle sprangen.
    Das Lebewesen – oder war es ein Schiff? – hatte keine Segel und keine sichtbare Schraube.
    Roney hielt dem kleinen Mutanten die Hand hin.
    Quart’ol nahm und drückte sie. »Macht’s gut, Freunde.«
    »Du auch.« Quart’ol schüttelte Roneys Hand. Seine Kapuze rutschte ein Stück nach hinten. Im gleichen Moment riss über ihnen eine Wolke auf und der Mond enthüllte Roney Quart’ols Gesicht.
    »Ich frage mich, in welch wundersamem Land du und deine Freunde wohl leben.«
    Quart’ol gluckste. »Ach, weißt du, wir Menschen sehen vielleicht nicht alle gleich aus, aber irgendwie sind wir uns doch alle sehr
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