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184 - Die Herren von Sydney

184 - Die Herren von Sydney

Titel: 184 - Die Herren von Sydney
Autoren: Ronald M. Hahn und Stephanie Seidel
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durch. Ein fünfter Mann kauerte am Bug.
    Man hatte ihm die Hände auf den Rücken gebunden.
    Vogler und Braxton wurden unruhig, sahen sich an.
    Das Boot glitt in seichtes Gewässer. Zwei Männer sprangen heraus und zogen es an Land. Die Marsianer beobachteten, wie der Gefesselte unsanft über Bord gestoßen wurde. Jemand zerrte ihn auf die Beine, dann trieben sie ihn den Strand hinauf. Kaum hatten sie seine Fesseln durchtrennt, warf sich der Mann herum und rannte zum Boot zurück. Die Fremden lachten böse.
    »O nein, mein Freund, du bleibst hier!«, rief der Anführer, ein hagerer Kerl mit Narbengesicht. »Du hättest vorher über die Konsequenzen nachdenken sollen, bevor du einen eigenen Gindrim-Handel aufziehst, an der Familie vorbei! Sei froh, dass wir dich nicht gleich ins Meer werfen!« Er zeigte in die Runde.
    Vogler und Braxton duckten sich automatisch. »Diese Insel ist unbewohnt, hier kannst du keinen Schaden anrichten. Und versuch nicht zu schwimmen! Die Shaakas warten nur auf einen leckeren Happen wie dich!« Er lachte rau. »Also dann. Los, Männer, zurück zur Destille!«
    Als sich die vier ihrem Boot zuwandten, folgte ihnen der Verstoßene. Die Männer jagten ihn fort, doch er machte immer wieder kehrt, wie ein störrisches Kind. Er griff nach ihnen, krallte sich an ihrer Kleidung fest.
    »Lasst mir doch wenigstens etwas Gindrim hier!«, flehte er.
    Schließlich wurde es dem Anführer zu bunt. Mit zweien seiner Leute ging er auf den Unglücklichen los, und sie schlugen ihn, bis er blutend am Boden lag. Aber selbst dann wollte er nicht aufgeben, kroch auf allen Vieren hinter seinen Peinigern her. Einer warf ihm ein Messer hin. »Für die Jagd«, sagte er höhnisch.
    Das Boot war schon im Wasser, als der geprügelte Mann auf die Beine kam. Er planschte durch die Uferwellen auf das Heck zu und rief den Matrosen weinend zu: »Nehmt mich doch wieder mit! Lasst mich nicht im Stich!«
    Der Anführer rammte ihm ein Ruderblatt in die Rippen. Unter dem Stoß knickte der Mann ein, taumelte zurück und schlug der Länge nach ins Wasser. Mit dem Gesicht nach unten blieb er liegen. Er rührte sich nicht, während das Boot im gespenstischen Nebel verschwand.
    Clarice war zu schockiert, um ihren Gefährten noch rechtzeitig festzuhalten. Vogler sprang auf und eilte los, so schnell er konnte. Viel Zeit blieb ihm nicht, wenn er den Fremden vor dem Ertrinken retten wollte, und das wollte er unbedingt.
    Blut trieb in Schlieren auf dem Wasser. Der Geruch lockte Würmer aus dem Grund; sie wimmelten bereits um den Verwundeten herum. Vogler packte ihn am Kragen, zog ihn keuchend an Land und rollte ihn auf den Rücken. Der Mann kam zu sich und spuckte Wasser. Im nächsten Moment riss er die Augen auf.
    »Aaaaah!«, brüllte er. Blankes Entsetzen verzerrte sein Gesicht, er starrte Vogler an, als hätte er den Teufel persönlich erblickt, und krabbelte rückwärts – auf Händen, Füßen und Hintern – davon. »Ein Dämon! Ein Dämon! Wudan, hilf mir!«
    Aber Wudan tat ihm den Gefallen nicht. Schließlich war Vogler auch kein Dämon, sondern ein gewöhnlicher Marsianer; über zwei Meter hoch, sehr schlank und mit einem Pigmentmuster auf der Haut, das an die Fellzeichnung von Leoparden erinnerte. Unter Seinesgleichen wäre er nicht aufgefallen. Der ausgesetzte Asiate jedoch kannte keine Marsmenschen. Und das hatte furchtbare Konsequenzen.
    Der Mann verlor allen Lebensmut. Er musste glauben, auf einer Insel des Schreckens gestrandet zu sein, von der es kein Entrinnen gab. Einem solchen Albtraum wollte er sich nicht stellen.
    Ehe Vogler reagieren konnte, hob der Mann das Messer und rammte es sich in den Leib. Blut spritzte. Es traf Clarice, die ihrem Gefährten gefolgt war und gerade neben dem Fremden auf die Knie ging, um zu helfen. Die Marsianerin stieß einen gellenden Schrei aus und stürzte zu Boden. Eine gnädige Ohnmacht umfing ihre Sinne.
    ***
    »Vielleicht solltest du eine Weile schlafen«, meinte Vogler unsicher zu seiner Kollegin. Clarice saß an ihrem Arbeitstisch im Labor, das Kinn in die Hand gestützt.
    Vor ihr stand ein Mikroskop der neuesten Generation, das an eine Reihe bionetischer Geräte zur Probenauswertung angeschlossen war. Daneben lagen Fossilien von einer Fundstelle am Südrand der Insel. Sie waren sehr interessant, enthielten sie doch Einschlüsse unirdischen Materials. Mondgestein, möglicherweise.
    Aber der sonst so engagierten Wissenschaftlerin schienen die Proben bedeutungslos zu sein. Seit einer
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