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171 - Teutelstango

171 - Teutelstango

Titel: 171 - Teutelstango
Autoren: Dämonenkiller
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Gleichgültigkeit… Der einzelne war fast machtlos, so sehr er sich auch einsetzte, und auch für die Polizeibeamten hatte der Tag nur vierundzwanzig Stunden. Sie konnten nicht überall zugleich sein. Es fehlte an Personal. Freiwillige gab es genug, doch für viele war es eine Flucht nach vorn, und äußerst sorgfältig mußte die Spreu vom Weizen getrennt werden. Und selbst dann - wer sollte diese Leute bezahlen?
    So drückte man gern ein Auge zu, wenn die Leute sich selbst halfen, und ignorierte es wohlwollend, wenn dabei auch mal etwas kräftiger zugelangt wurde.
    Hier, am Stadtrand, im Armenviertel, hatte man einige Male sehr kräftig zugelangt, und es hatte sich herumgesprochen. Seitdem herrschte Ruhe.
    In dieser Nacht aber fehlte die Patrouille.
    Andrea begriff das nicht. Es war ebenso ungewöhnlich wie jener Vampir und der Mann mit dem blitzespeienden Stab. So unglaublich, unfaßbar…
    Die Tür öffnete sich. Der hochaufgeschossene Ricardo erschien. „Still", zischte er. „Bist du verrückt? Du machst das ganze Haus wach!"
    Andrea fiel ihm in die Arme. Ein Krampf löste sich, und sie konnte weinen. „Ein Mord", stieß sie hervor. „Ein Mord, Ricardo. Ein Mann ist getötet worden, dort drüben, ich hab's gesehen…"
    Ricardos Augen wurden zu schmalen Schlitzen. „Was redest du da?" fragte er und schob das Mädchen sanft zurück, hielt es an den Schultern. „He, komm doch zu dir. Beruhige dich."
    „Dort", stieß Andrea hervor und deutete auf den am Boden liegenden Mann.
    Ricardo nahm die Szene mit einem einzigen Blick in sich auf. Die kleinen, baufälligen Häuschen, die schmalen, verdreckten Gehsteige, der schwere Mercedes auf der Straße, der nicht in diese Gegend paßte, der Mann auf der Straße, ein paar Meter weiter die jämmerliche Straßenlaterne, deren Schein gerade so weit reichte wie ein ausgestreckter Arm.
    „Hast du den Mörder gesehen? - Wo ist die Patrouille?" stieß Ricardo hervor.
    „Ich… ich weiß nicht. Die ganze Straße ist leer, wie ausgestorben", sagte Andrea hilflos. „Ich hatte so ein seltsames Gefühl, als ich dein Haus verließ. Ich blieb hier im Eingang stehen. Dann kam der Wagen, hielt an, und ein Mann stieg aus. Er schoß mit einem Stab um sich, und plötzlich tauchte eine riesige Gestalt auf und warf sich auf ihn und tötete ihn und… "
    „Langsam", sagte Ricardo und küßte ihre Stirn. „Du redest Unsinn. Schoß mit einem Stab… Ich habe keine Schüsse gehört."
    „Es war lautlos, es waren Blitze, und das alles hat doch höchstens eine Minute gedauert! Ich bin doch gerade erst raus…"
    Ricardo nickte. Er hatte sich gerade noch einen Becher Orangensaft eingeschenkt, nachdem Andrea sich verabschiedet hatte. Und dann hatte sie wie eine Irre an die Haustür gehämmert.
    „Wo ist der Mörder jetzt?" fragte Ricardo.
    „Weg… geflogen…"
    Das glaubte er ihr nicht. Aber daß niemand mehr zu sehen war, gab ihm etwas Sicherheit. Zudem mußte die Patrouille irgendwo in der Nähe sein, zwei Männer, die sich die Nacht um die Ohren schlugen, um für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Jede Nacht zwei andere; sie wechselten sich regelmäßig ab. Auch Ricardo war einmal im Monat mit einem anderen Mann unterwegs.
    Natürlich schloß das nicht aus, daß doch mal in einem stillen Winkel etwas passierte. Und jetzt schien ja auch etwas passiert zu sein. Aber er brauchte nur laut zu rufen, dann würden die anderen kommen… Deshalb glaubte Ricardo nicht, daß er in Gefahr war, wenn er hinüberging und sich den Toten ansah.
    „Bleib hier stehen", bat er Andrea und setzte sich in Bewegung. Sein Fuß trat hinter eine leere Cola-Dose, die irgend jemand einfach auf die Straße geworfen hatte. Es schepperte laut durch die Nacht. Unwillkürlich zuckte Ricardo zusammen.
    Dann erreichte er den Wagen. Unwillkürlich legte er die Hand auf das kühle Blech. Ein gepflegtes, teures großes Fahrzeug. Nicht neu, aber mit Sicherheit wertvoll. 300 SEL - 6.3, las Ricardo die Typenziffern am Kofferraumdeckel. Wer sich so ein Geschoß leisten konnte, gehörte nicht gerade zu den Ärmsten im Lande.
    Die Gestalt, die den Wagen nach Andreas Worten gefahren hatte und jetzt tot auf der Straße lag, war eher ärmlich. Oder sah es nur so aus? Ricardo kauerte sich neben den Toten, ließ seine Fingerspitzen prüfend über den Anzugstoff gleiten. Der fühlte sich teuer an. Aber er sah verschrumpelt und zerknittert aus, beschmiert von einer undefinierbaren Masse, die an Ricardos Fingern plötzlich klebte wie
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