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1704 - Teuflische Abrechnung

1704 - Teuflische Abrechnung

Titel: 1704 - Teuflische Abrechnung
Autoren: Jason Dark
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nicht.« Tanner wischte Wassertropfen aus seinem Gesicht. Er trat noch näher an die Leiche heran, senkte den Kopf, weil er mehr sehen wollte – und hielt plötzlich den Atem an, während sich seine Gedanken jagten.
    Baxter hatte recht. Unbekannt war ihm die Tote nicht. Er hatte diese junge Frau schon mal gesehen. Eine Wunde oder einen anderen Hinweis darauf, dass sie ermordet worden war, sah er nicht. Es hätte sich bei der Toten auch um eine Selbstmörderin handeln können.
    Keiner seiner Leute störte den Chiefinspektor. So konnte er sich voll und ganz seinen Gedanken hingeben. Er musste zugeben, dass ihm das Gesicht der Toten bekannt vorkam, aber er wusste nicht, wo er es unterbringen sollte. In den letzten Tagen jedenfalls war sie ihm nicht begegnet.
    Und sie war noch jung, so verdammt jung. Es ärgerte Tanner, dass er sich nicht erinnern konnte.
    Die Stimme seines Assistenten riss ihn aus den Gedanken.
    »Ich glaube, es ist mir wieder eingefallen, Chef.«
    Tanner stellte sich aufrecht. »Dann sind Sie besser als ich.«
    »Das will ich damit nicht sagen, aber ich glaube, es zu wissen.«
    »Dann raus damit.«
    »Sie ist die junge Frau, die wir gerettet haben.«
    Tanner zuckte leicht zusammen. Dabei schaute er seinen Mitarbeiter starr an.
    »Ja, Chef, ja.«
    »Und weiter?«
    »Erinnern Sie sich an Lex Larkin? An unseren Einsatz in dessen Keller?«
    »Wie könnte ich das vergessen?«
    Plötzlich war wieder alles da. Tanner sah die Szene in allen Einzelheiten vor sich. Er erinnerte sich auch an die junge blonde Frau, die auf dem Bett gelegen hatte und ein Engel hatte werden sollen.
    »Ist sie das, Baxter?«
    »Ich denke schon, Chef.«
    Tanner schaute erneut genauer hin. Er hörte das leise Trommeln der Tropfen, die auf seinen Hut klatschten. Das Wasser rann an seiner Hutkrempe herab. Der Mantel war nass geworden. Die Feuchtigkeit erreichte allmählich seine Haut, aber das alles war jetzt uninteressant geworden, denn dieser Anblick rüttelte ihn auf, und er musste zugeben, dass sich Baxter nicht geirrt hatte.
    »Das fünfte Opfer«, flüsterte er vor sich hin.
    »Das sehe ich auch so, Chef.« Boris Baxter fuhr fort: »Aber der Killer sitzt hinter dicken Mauern. Er kann die Frau nicht umgebracht haben, denke ich.«
    »Sind Sie denn sicher, dass man sie getötet hat?«
    »Das müssen wir noch herausfinden.«
    »Und Sie wissen auch nicht, um wen es sich dabei handelt? Sie kennen keinen Namen oder so?«
    »Noch nicht. Wir wollten warten, bis Sie eingetroffen waren, Chef. Ich habe das in die Wege geleitet.«
    »Ach? Dann haben Sie schon vorher den Verdacht gehabt?«
    »Das gebe ich zu.« Baxter wirkte ein wenig beschämt.
    »Dann schauen wir mal.« Tanner selbst fasste die Tote an, um sie zu untersuchen. Er hatte sich die dünnen Latexhandschuhe übergestreift, was er zwar nicht mochte, aber auch nicht zu ändern war.
    Behutsam drehte er sie auf den Bauch. Sie trug zwar keine Jacke mit Taschen, das Kleidungsstück würde man vielleicht noch finden, aber Taschen befanden sich in den Hosen.
    Tanner durchsuchte die beiden hinteren. In der ersten fand er nichts. Als er seine Finger in die zweite Tasche steckte, kratzte etwas Hartes über seine Kuppen hinweg. Er drückte die Finger noch tiefer und bekam das zu fassen, was in der Tasche verborgen gewesen war.
    Es war eine kleine Plastikhülle, in der allerdings ein zusammengefalteter Zettel steckte, der nicht beschrieben war. Jedenfalls war außen nichts zu sehen.
    Die Männer umstanden ihren Chef eng, als dieser damit begann, den Zettel aus der Plastikhülle zu ziehen. Ein grauer, dunkler Regenschirm hielt die Nässe ab.
    Tanner selbst faltete den Zettel auseinander, und jeder sah, dass er nicht leer war. Diese Seite war mit einem blauen Kugelschreiber beschrieben worden. Die Hülle hatte die Botschaft vor Nässe geschützt.
    Im Magen des Chiefinspektors breitete sich ein starker Druck aus. Er atmete durch die Nase und merkte auch, dass sein Herz schneller klopfte.
    Vor seinen Leuten hatte er keine Geheimnisse, deshalb las er laut vor.
    »Wer immer mich und diese Botschaft findet, der sollte wissen, dass ich nicht mehr leben kann. Was ich erlebt habe, war einfach zu schlimm. Trotz einer Behandlung wurde ich dieses Trauma nicht los. Die Vergewaltigungen waren einfach zu schlimm, und ich habe erkennen müssen, dass meine Rettung keine wirkliche Rettung war. So blieb mir nur dieser eine Weg, um für immer Ruhe zu haben. Entschuldigung …«
    Tanner ließ die Botschaft sinken.
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