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170 - Hüte den Speer - Magiure, Margo

170 - Hüte den Speer - Magiure, Margo

Titel: 170 - Hüte den Speer - Magiure, Margo
Autoren: Margo Maguire
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verstand sie sofort das Ausmaß des Leids und die furchtbare Trauer. Sie wusste, dass die Männer mehrere ihrer Gefährten verloren hatten, und unter den Toten war einer, der einen besonderen Platz in ihren Herzen einnahm.
    Keelin musste ihnen helfen.
    Sie ging zu einer kleinen Truhe, in der sie ihre Habseligkeiten aufbewahrte. Dort lagen einige Leinengewänder und ein älteres Kleid, das sie in Streifen reißen konnte. Keelin nahm so viel Stoff, wie sie brauchte, und bereitete einen Verband für den Jungen vor.
    Dann ging sie ihre Lederbeutel durch und holte die getrockneten Kräuter hervor, die sie nun brauchen würde. In den letzten Jahren war sie von ihrem Onkel in die Kunst des Heilens eingeweiht worden, sodass sie bei der Wahl der Heilkräuter Tiarnans Rat nicht länger benötigte. Poterium Sanguisorba , um die Blutung zum Stillstand zu bringen, und Frauenmantel, damit die Wunde nicht zu eitern begann.
    Als sie sich wieder dem Engländer zuwandte, hatte er den Pfeil schon herausgezogen. Die offene Wunde am Rücken blutete stark, und Keelin trat neben den Edelmann, um ein weißes Leinentuch auf die Wunde zu drücken. Der Junge stöhnte auf.
    „Adam …“, sagte der Engländer mit zittriger Stimme.
    Keelin spürte die Hitze und die Kraft des Mannes neben ihr. Sein Haar schimmerte wie helles Gold. Sie betrachtete sein ebenmäßiges Antlitz – die lange, gerade Nase, den kräftigen Kiefer und die unerschütterlichen, hellblauen Augen – und fragte sich, ob es in Irland auch nur einen Mann gab, der sich mit der gleichen Aufmerksamkeit um sie kümmern würde, die der besorgte Engländer dem Jungen entgegenbrachte.
    Gewiss gibt es einen solchen Mann in meiner Heimat, rief sie sich in Erinnerung. Der Mann, dem sie versprochen worden war, würde sich ihrer annehmen, wie es noch niemand zuvor getan hatte. Ihr Vater Eocaidh hatte sicherlich für den richtigen Gemahl gesorgt. Keelin hatte Tiarnan schon oft nach ihrem Verlobten gefragt, aber ihr Onkel war in seinen Antworten stets ausweichend gewesen. Schließlich war sie der Fragerei überdrüssig geworden, zumal es tatsächlich möglich war, dass Tiarnan nichts Genaues wusste. Dem Rat der Ältesten oblag das letzte Wort, und vermutlich hatte man ihren Onkel in die Entscheidung nicht mit einbezogen.
    „Es ist ein gutes Zeichen, Mylord“, sagte Keelin leise, „das Aufstöhnen.“
    Jetzt erst sah er sie an und nahm sie zum ersten Mal richtig wahr. Eine tiefe Röte huschte über sein Gesicht, und rasch wandte er den Blick von ihr.
    „E…Edward.“ Der englische Edelmann wandte sich zu dem Ritter in der Nähe der Tür. Dann räusperte er sich und fuhr fort: „Seht nach, ob es in dem nahe gelegenen Dorf einen Arzt gibt und bringt ihn her, sofern …“
    „Ich bin eine Heilerin, Mylord“, sagte Keelin und breitete die Lederbeutel neben der Schlafstatt des Jungen aus. „Und ich habe alles hier, um den armen Burschen zu versorgen.“ Sie öffnete einen der Beutel, streute ein dunkles Pulver in ein kleines Gefäß und tat etwas Wasser hinzu. Dann mischte sie die Zutaten zu einer geschmeidigen Paste und trug dem englischen Edlen auf, den Verband auf dem Rücken des Jungen anzuheben.
    „Es ist eine ernste Verletzung“, meinte sie betroffen, als sie etwas von der Paste auf die klaffende Wunde gab. Wie lebensbedrohlich die Wunde tatsächlich war, verschwieg sie dem Engländer.
    Marcus starrte auf Keelins zierliche Hände, als sie den Wundverband anlegte. Nur wenige Augenblicke hatten ausgereicht, um sein Leben auf den Kopf zu stellen. Draußen standen die Gefährten neben seinem toten Vater, und hier lag der schwer verwundete Adam mit flachem Atem in einer Bauernkate, in der nur ein alter Mann und eine wunderschöne Frau wohnten, die offensichtlich keine gewöhnliche Bäuerin war.
    Sie war auch keine Engländerin.
    Aber was tat sie hier? Plötzlich kam es ihm in den Sinn, dass die junge Frau in irgendeiner Weise mit jenen hinterhältigen Kriegern in Verbindung stehen könnte, die im Wald über seine Reiterschar hergefallen waren. Waren diese Schurken womöglich ihre Beschützer? Hatten sie deshalb angegriffen?
    Außerdem war es ihm merkwürdig vorgekommen, dass die Frau gar nicht überrascht gewesen war, als er mit Adam und den Gefolgsmännern vor der Hütte stand. War sie gewarnt worden, dass sich eine Schar Ritter näherte?
    Es kam ihm unwahrscheinlich vor. Die Verbindung zu den Barbaren schien ihm weit hergeholt zu sein. Sie waren nun ganz in der Nähe von Wrexton,
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