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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
Autoren: Karl May
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kommen. Sie wollen ihn auspressen, bis er gar nichts mehr besitzt, und dann soll er ermordet werden.“
    „Ah! So etwas habe ich vermutet. Wie ist dieser Kaufmann nach Karanirwan-Khan gekommen?“
    „Der Hamd el Amasat, dessen Namen du nanntest, hat ihn hingelockt.“
    „Wurde nicht gesagt, wie der Kaufmann heißt?“
    „Es war ein fremder, ein ausländischer Name, und darum habe ich ihn nicht behalten, zumal ich so große Angst und Sorge hatte.“
    „Aber wenn du ihn wieder hörtest, würdest du vielleicht wissen, ob es dieser Name ist?“
    „Ganz gewiß, Herr.“
    „Lautet er Galingré?“
    „Ja, ja, so hieß er; ich besinne mich ganz genau.“
    „Was wurde weiteres gesprochen von dem, was sie vorhaben?“
    „Nichts, denn da kam der sechste Reiter. Er ist ein Flickschneider und erzählte von Feinden, wegen denen er in den Wardar gestürzt sei. Jetzt weiß ich, daß ihr diese Feinde seid. Ich mußte ein großes Feuer machen, damit er sich seine Kleider trocknen konnte; darum und weil der Alte mit seiner Wunde nicht fertig wurde, blieben sie so lange bei uns. Dieser Flickschneider erzählte von der Bastonade, welche er bekommen habe Er konnte nur sehr schwer gehen und hatte keine Schuhe an, sondern seine Füße mit Lappen umbunden, welche mit Talg eingerieben waren. Ich mußte ihm neue Lappen schaffen, und da ich keinen Talg hatte, stachen sie unsere Ziege tot, um Talg zu bekommen. Ist dies nicht eine schändliche Grausamkeit?“
    „Allerdings. Wieviel war diese Ziege wert?“
    „Gewiß fünfzig Piaster.“
    „Dieser mein Begleiter, Hadschi Halef Omar, wird dir fünfzig Piaster schenken.“
    Halef zog sofort den Beutel und hielt ihr ein halbes Pfundstück hin.
    „Herr“, fragte sie ganz verblüfft, „willst du etwa den Schaden bezahlen, welchen deine Feinde anrichten?“
    „Nein, das kann ich nicht, denn ich besitze nicht den Reichtum des Padischah; aber für eine Ziege können wir dir sorgen. Nimm das Geld!“
    „So freue ich mich, dir getraut und euch mein Haus und meinen Mund nicht verschlossen zu haben. Gesegnet sei euer Kommen, und gesegnet euer Gehen; gesegnet sei jeder eurer Schritte und alles, was ihr tut!“
    Wir verabschiedeten uns von den Leuten, welche uns ihre Dankesworte für die erhaltene Gabe noch weit nachriefen, und kehrten zu dem Ausgangspunkt unseres kleinen Abstechers zurück, um dann der ursprünglichen Richtung wieder zu folgen.
    Wir kamen zunächst weiter durch offenes Land, wo nur hier oder da ein einzelner Baum zu sehen war. Unser vorher so munterer Führer war sehr nachdenklich geworden. Als ich ihn nach der Ursache fragte, antwortete er:
    „Herr, ich habe die Gefahr, in welcher ihr euch befindet, gar nicht so schwer genommen, wie sie ist. Erst jetzt erkenne ich, in welch einer schlimmen Lage ihr seid. Das macht mir Sorge. Wenn eure Feinde ganz unerwartet aus dem Hinterhalt über euch herfallen, seid ihr verloren.“
    „Das glaube ich nicht; wir würden uns wehren.“
    „Du hast ja gar keine Idee, mit welcher Sicherheit hierzulande der Czakan geworfen wird, und kein Mensch ist imstande, einen auf ihn geschleuderten Czakan abzuwehren.“
    „Nun, ich kenne einen, der es vermag“, erwiderte ich.
    „Das glaube ich nicht. Wer soll das sein?“
    „Ich selbst.“
    „Oh, oh!“ lächelte er, indem er mich von der Seite anblickte. „Es ist jedenfalls nur ein Scherz gewesen.“
    „Es war sehr ernst gemeint. Der Mann hatte es auf mein Leben abgesehen.“
    „Das begreife ich nicht. Jedenfalls hat er nicht mit dem Czakan umzugehen gewußt. Gehe in die Berge; da kannst du Meister dieser fürchterlichen Waffe sehen. Lasse dir von einem echten Skipetaren oder gar von einem Miriditen zeigen, wie das Beil gehandhabt wird, und du wirst staunen.“
    „Nun, der Mann, mit welchem ich es zu tun hatte, war ein Skipetar, sogar ein Miridit.“
    Er schüttelte ungläubig den Kopf und fuhr fort:
    „Wenn es dir gelungen ist, seinen Czakan zu parieren, so ist er dann dir gegenüber waffenlos gewesen, und du hast ihn besiegt?“
    „Allerdings. Er hat sich in meiner Gewalt befunden, und ich schenkte ihm das Leben. Er gab mir dafür sein Beil, das hier in meinem Gürtel steckt.“
    „Ich habe diesen Czakan bereits lange heimlich bewundert. Es ist ein außerordentlich schöner Czakan, und ich dachte, du hättest ihn irgendwo gekauft, um recht kriegerisch zu erscheinen. Trotzdem ist er unnütz in deiner Hand, denn du verstehst nicht, mit ihm zu werfen. Oder hattest du dich bereits in dieser
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