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1665 - In der Totenstadt

1665 - In der Totenstadt

Titel: 1665 - In der Totenstadt
Autoren: Jason Dark
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den Kopf, um einen Blick auf den Waldrand zu werfen, der inzwischen mit der Dunkelheit verschmolz.
    »Sie stinken«, sagte Jenny, die ihm sogar die Tür öffnete.
    Fuller lachte nur. »Ja, das weiß ich.«
    »Ist aber ein ekliger Geruch.«
    »Sie können Ihren Wagen später auslüften lassen. Und jetzt lassen Sie uns endlich fahren.«
    »Ja, ja, keine Panik.«
    Jenny nahm hinter dem Lenkrad Platz. Sie schaute zu, wie sich der Mann auf den Sitz fallen ließ und den Kopf gegen die Nackenstütze lehnte. Dabei zerrte er die Tür zu.
    »Haben Sie ein besonderes Ziel, Mister?«
    »Nein, erst mal nur weg, bevor sie kommen.«
    »Und wer sind sie?«
    »Starten Sie endlich! Oder wollen Sie sich in Lebensgefahr begeben?«
    »Hatte ich nicht vor.«
    »Dann geben Sie Gas.«
    Jenny Mason wusste nicht, was mit diesem Mann passiert war. Aber sie wollte ihm den Gefallen tun und war froh, dass der Motor sofort ansprang. Der erste Gang, der Start - und sie sah plötzlich die Bewegung am Waldrand.
    Der Opel ruckte an, aber Jenny trat sofort wieder auf die Bremse, als sie sah, wer den Wald verlassen hatte und jetzt vor ihrem Wagen stand. Das Blut wich aus ihrem Gesicht, und sie hörte die leise Stimme ihres Beifahrers sagen: »Hoffentlich ist es nicht zu spät…«
    ***
    Jenny Mason sagte kein Wort. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie hatte nur Augen für diese Gestalt, die menschliche Umrisse hatte, aber eine Kleidung trug, die im Licht der Scheinwerfer glänzte, als wäre sie mit Öl eingerieben.
    Das war nicht zu fassen. Sie sah auch kein Gesicht. Über den Kopf hatte die Gestalt so etwas wie eine Gasmaske gestülpt. So ein Ding kannte sie aus Filmen. Dort wo die Augen saßen, blitzten runde Glasfenster.
    Die Gestalt konnte einem Menschen Angst einjagen, auch wenn sie sich nicht bewegte, so wie jetzt. Sie wirkte wie ein Klotz, und in ihren Händen hielt sie ein rotes Band, das Jenny Mason an einen gefärbten Würge strick erinnerte.
    »Mein Gott!«, sagte sie nur.
    »Geben Sie Gas!«
    »He! Soll ich ihn überfahren?«
    »Ja!«
    »Dann kann er tot sein!«
    »Nein. Er ist schon tot!«
    Die Friseurin hatte den Satz genau verstanden. Ein Toter, der lebte. Sie wurde an Filme erinnert, die sie gesehen hatte, und plötzlich hatte sie das Gefühl, innerlich zu brennen. Sie warf dem Mann neben ihr einen schnellen Blick zu und erkannte, wie ernst der Ausdruck in seinem Gesicht war.
    Der Verkleidete vor ihr bewegte sich.
    Einen langen Schritt trat er auf den Opel zu.
    »Starten Sie!«, schrie Fuller. Jenny Mason gab erneut Gas, der Wagen machte einen Satz nach vorn und raste auf die Gestalt zu…
    ***
    Jenny Mason liebte ihr Auto heiß und innig. In diesen Momenten allerdings hatte sie den Gedanken daran ausgeschaltet, sie handelte nur reflexartig. Instinktiv spürte sie, dass es hier um mehr ging als nur um ein Auto. Was sie da aus dem Weg räumen sollte, das konnte auch ihr Leben gefährden. Der Mann neben ihr hatte es ihr überdeutlich gesagt.
    Das Untier vor dem Opel wich nicht zurück. Es wartete auf die Konfrontation. Im Licht der Scheinwerfer sah es nicht aus wie ein normaler Mensch, obwohl die Gestalt dazu passte. Es traf keinerlei Anstalten, sich zur Seite zu werfen, es ging dem Wagen sogar noch einen kleinen Schritt entgegen.
    Aus Jennys Mund drang ein gellender Schrei, als der Zusammenprall erfolgte. Der Mann neben ihr tat nichts. Sie hatte den Eindruck, dass ein Toter neben ihr saß. Die Gestalt hatte sich auf die Kühlerhaube geworfen. Jenny Mason kam es vor, als wollte sie den vorderen Teil des Wagens in die Straße hineindrücken. Sie hörte schreckliche Geräusche. Ihr Gesicht verzerrte sich, und plötzlich konnte sie nichts mehr sehen, abgesehen von der Gestalt, die auf der Kühlerhaube lag und deren Kopf dicht vor der Windschutzscheibe auftauchte.
    Hätte der Opel etwas mehr Fahrt gehabt, wäre die Gestalt zur Seite geschleudert worden. So aber lag sie auf dem Fahrzeug, und Jenny vergaß zudem, das Gaspedal durchzutreten. Der Wagen stand. Wie nebenbei bemerkte sie, dass er zur Seite gedrückt worden war. Das war jetzt alles unwichtig. Es gab für sie nur die grausame Wirklichkeit, in der sie sich befand. Dass die Scheibe noch hielt, war für sie ein kleines Wunder. Sie starrte in ein Gesicht, das eigentlich keines war. Es war von einer Maske verdeckt. Da sah sie große künstliche Augen, die aus Glas bestanden, aber sie sah auch Hände, die sich von den Rändern der Kühlerhaube lösten, um gegen die Scheibe zu schlagen und
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