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1663 - Insel der Schatten

Titel: 1663 - Insel der Schatten
Autoren: Unbekannt
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Geschäfte machen. Und die Reisewege hielten sich meistens im überschaubaren Rahmen.
    Einen Nachteil hatte das jedoch: Das Meer spielte hier oft verrückt. Fünfzig oder mehr Wirbelstürme hatte Klundan hier schon überstanden.
    Er ging zum Bug und zog sich ein Stück an der Takelage des Vordermastes in die Höhe. Sein Blick ging in die Ferne. Durch die zunehmende Dunkelheit, verursacht von den dichten Wolken, schien der Horizont näher gerückt zu sein. Die Welt war kleiner geworden. Und die Sonne Culla, die stets genau über ihm im Zenit stand, war längst nicht mehr zu sehen.
    Ja, er hatte schon so manchen Sturm überstanden. Er spürte auch jetzt keine Furcht vor den Urgewalten der Natur. Und an die Weissagungen des Priesters Xiorkezz glaubte er schon gar nicht.
    Aber der Wirbelsturm, der sich jetzt ein paar Meilen voraus zusammenbraute, verhieß wirklich nichts Gutes.
     
    *
     
    Norfertus versetzte dem Rudergänger einen Stoß, so daß der Owigo zur Seite taumelte. Das Ruderrad nahm der erfahrene Seemann nun selbst in zwei seiner Handlungsarme. „Verschwinde!" schnauzte er den anderen an, der aber gelassen blieb. Die cholerischen Anfälle des Steuermanns waren kein Geheimnis für ihn. „Ich mache das jetzt selbst. Bei dem Sturm wird ein erfahrener Mann gebraucht."
    Die ZYNC war in der letzten Stunde immer stärker ins Stampfen geraten, denn der schwere Seegang kam direkt von achtern. Das Schiff schaukelte stark um seine Querachse.
    Norfertus riskierte es aber nicht, den Kurs zu ändern. Klundan hatte schon den Befehl gegeben, alle Beisegel einzuholen. Nur das Hauptsegel am Mittelmast stand noch im Wind.
    Der Steuermann hätte es auch längst einholen lassen, aber er kannte seinen Kapitän. Ohne das Quidor-Symbol fühlte der sich nicht wohl.
    Inzwischen war das Schiff längst ein Spielball der Naturgewalten. Dabei hatte man das Zentrum des Wirbelsturms noch gar nicht erreicht. Das Ruder benutzte Norfertus nur dazu, um den Kurs im Wind zu halten, denn wenn die ZYNC erst ins Schlingern geriet, sich also um ihre Längsachse schaukelnd bewegen sollte, bestand die erhöhte Gefahr, daß sich die Ladung selbständig machte.
    Nun setzte ein kalter Regen ein. Die schweren Tropfen, die dem Owigo auf die derbe Körperhaut peitschten, machten ihm wenig aus. Er hielt das Ruder nun mit vier Armen, er wollte kein Risiko eingehen. Einzelne Sturmböen drohten das Schiff immer wieder aus dem Kurs zu werfen. „Kapitän!" gellte Norfertus' Ruf übers Oberdeck.
    Klundan kämpfte sich durch die Wind- und Regenböen heran. „Ich kann den Kurs nicht mehr lange halten!" rief der Steuermann. „Laß das Großsegel einholen. Es fliegt uns sowieso gleich von den Leinen. Oder es reißt den Mast um."
    Klundan zögerte noch einen Moment. Er warf prüfende Blicke nach oben. Der Matrose aus dem Krähennest kletterte gerade herab. Ihm war es in der Höhe zu unsicher geworden. „Ich sehe da oben nichts mehr!" brüllte er gegen den Wind. „In Ordnung", entgegnete Klundan, der auch jetzt die Ruhe bewahrte. „Holt das Großsegel ein. Und zwar sofort."
    Sechs Seemänner kletterten an den Tauen und Ketten hoch. Der Regen wurde dichter, und der Wind putzte das Deck blank. Zu sehen war von unten fast nichts mehr. Auch das Symbol versteckte sich hinter den Regenschauern und der zunehmenden Dunkelheit. „Ich kann nur hoffen", rief Norfertus, „daß wir nicht gerade ins Zentrum des Sturms gelangen!"
    Klundan verzichtete auf eine Antwort. Er beobachtete, wie das Großsegel herabgelassen und eingerollt wurde. „Gute Arbeit, Männer!" lobte er die Mannschaft. „Haltet die Eimer bereit. Ich rechne damit, daß wir über kurz oder lang von Brechern überschüttet werden. Und dann heißt es schöpfen, was das Zeug hält. Gullat und Vorsiin, stellt euch an die Pumpe. Denkt an unsere Ladung!
    Wenn das Wasser im Rumpf höher als eine viertel Körperlänge steigt, können wir den Frühlingskohl über Bord werfen. Und bei einer halben Körperlänge saufen wir ab. In beiden Fällen gibt es für euch keine Heuer."
    Zwei Owigos eilten davon. Die anderen formierten sich an den beiden Mulden links und rechts vom Hauptmast, in denen sich bereits Wasser von den Brechern und dem Regen gesammelt hatte. Sie bildeten eine Kette von den Mulden bis zur Reling.
    Die ersten Eimer wurden gefüllt, weitergereicht und der Inhalt über Bord gekippt. Die Pumpe begann zu arbeiten.
    Blitze zuckten vom dunklen Himmel und hüllten die Szene in ein gespenstisches Licht. Der Sturm
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