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162 - Ein Bildnis, das die Hölle schuf

162 - Ein Bildnis, das die Hölle schuf

Titel: 162 - Ein Bildnis, das die Hölle schuf
Autoren: A.F.Morland
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die Straße. Er hatte nicht die Absicht, sich weit zu entfernen. Den erstbesten Menschen, der ihm begegnete, würde er überfallen und töten.
    Ein Wagen kam die Straße entlang. Purviance verließ das Streulicht der Straßenlampe und zog sich in eine finstere Mauernische zurück. Das Fahrzeug hielt in seiner Nähe an, stand mit laufendem Motor vor einem Einfamilienhaus.
    Den Mann am Steuer kannte Purviance nicht, aber die Frau daneben war ihm bekannt. Das war Afton Landers. Seit ihrer Scheidung vor einem Jahr hatte sie eine Menge Männerbekanntschaften, obwohl sie weder jung war noch begehrenswert aussah. Sie machte zumeist einen verbitterten Eindruck, als wäre sie auf ihren Ex-Mann und ihre gesamte Umwelt nicht gut zu sprechen. Aber sie schien sich auch verstellen zu können, sonst hätte sich nicht ständig ein anderer Verehrer um sie bemüht.
    Die hole ich mir! dachte Purviance und wartete voller Ungeduld, doch Afton Landers stieg nicht aus. Was hat sie dem Kerl denn soviel zu erzählen? fragte sich der Maler ärgerlich. Bei laufendem Motor! Wenn sie zu quasseln aufhörte, würde er schon längst weiterfahren, aber sie findet kein Ende!
    Endlich bekam der Mann seinen Abschiedskuß. Afton Landers stieg aus.
    Purviance machte sich bereit. Sobald der Wagen weg war, wollte er starten, doch in dem Fahrzeug saß ein Kavalier der alten Schule. Er wartete, bis Afton Landers im Haus war, erst dann fuhr er weiter, und James Purviance zerbiß einen Fluch zwischen den Zähnen. Er hatte hier unnütz Zeit vertrödelt.
    Enttäuscht setzte er seinen Streifzug durch die Nacht fort.
    ***
    Paul Jordache war Student, mit irdischen Gütern nicht gerade reich gesegnet, aber er war entschlossen, sich durch das Studium zu beißen, um Strafverteidiger zu werden. Er machte alles, was ihm Geld einbrachte, gab schwachen Schülern Nachhilfeunterricht, übernahm Botengänge, spendete für Geld Blut und jobbte, wenn andere schliefen, als Nachtwächter auf einer Großbaustelle. Zwischen den Runden büffelte er die britischen Gesetze.
    Er drehte den Schraubenverschluß seiner Thermosflasche auf und goß Tee in die Schale, die vor ihm stand. In kleinen Schlucken trank er und widmete sich wieder den Gesetzesnovellen der letzten Jahre.
    Ein Geräusch veranlaßte ihn, aufzustehen und an das Fenster der kleinen Bauhütte zu treten.
    Wer trieb sich dort draußen herum? Sollte er nachsehen? Nachts wird auf Baustellen viel gestohlen. Es ist sagenhaft, was die Leute alles brauchen können, und manche sind so unverschämt, mit einem Anhänger aufzukreuzen und diesen so vollzuladen, daß er beinahe zusammenbricht. Aber nicht, wenn ich Dienst habe! ging es Jordache durch den Kopf. Bei mir wird nichts gestohlen. Ich nehme meinen Job verdammt ernst.
    Der Student holte seine lichtstarke Stablampe und verließ die Holzhütte, um nach dem Rechten zu sehen. Er verachtete Diebe, Menschen, die die Frechheit besaßen, sich einfach zu nehmen, was sie wollten.
    Der milchige Lichtfinger schob sich über den staubigen Boden. Jordache ging um einen breiten, nicht sehr hohen Turm herum. Einen Augenblick später erfaßte das Licht einen Mann, der eine mitternachtsblaue Windjacke trug.
    »Na, Freundchen!« sagte der Nachtwächter betont unfreundlich. »Was suchen wir hier? Du hast doch nicht etwa vor, hier etwas zu stehlen?«
    Purviance verbarg das Messer hinter seinem Rücken. Wenn er zustechen wollte, mußte er näher an den Nachtwächter herankommen.
    »Was willst du hier?« fragte Jordache scharf. »Hast du die Tafeln nicht gesehen, die ringsherum angebracht sind? Das Betreten der Baustelle ist verboten! Oder kannst du nicht lesen? Kommst du direkt aus der Baumschule?«
    »Das reicht!«, gab Purviance zornig zurück. »Ich lasse mich von dir nicht beleidigen.«
    Die Augen des Malers weiteten sich, und Paul Jordache stöhnte unter einem plötzlich einsetzenden Kopfschmerz. »So darf niemand mit James Purviance reden!« zischte der Monster-Maler. »Aber das brauchst du dir nicht zu merken, denn ich werde dich ohnedies töten.«
    Jordache wich ächzend zurück. Purviance versteckte das Messer nicht länger vor ihm. Als der Nachtwächter die lange Klinge sah, drehte er sich um und ergriff die Flucht. Der Kopfschmerz war so schlimm, daß er beinahe den Verstand verlor. Der Schädel schien ihm zerspringen zu wollen.
    Torkelnd erreichte der Student die Bauhütte. Sein Mörder folgte ihm. Jordache wollte die Tür hastig schließen, doch Purviances Fußtritt riß sie ihm aus
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