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1619 - Die Vampir-Echse

1619 - Die Vampir-Echse

Titel: 1619 - Die Vampir-Echse
Autoren: Jason Dark
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nett. Sie war keine Zicke, sondern eine Frau, die zuhören konnte, wenn man mit ihr sprach. Ihr konnte man das Herz ausschütten, ohne damit rechnen zu müssen, dass es ihr von anderer Seite als Tratsch wieder zugetragen wurde.
    Lisa wusste, dass es nur wenige Menschen gab, denen man das Herz ausschütten konnte. Shao gehörte dazu, und das machte sie so sympathisch.
    Sie konnte es sich leisten, ihren Gedanken freien Lauf zu lassen; denn den Weg kannte sie im Schlaf. Es begann dunkel, dann wurde es wegen der Mauerleuchte in der Mitte der Strecke heller, und danach musste sie wieder ein dunkles Stück hinter sich bringen.
    Sie war noch nie belästigt worden und dachte auch an diesem späten Abend nicht daran.
    Es wurde anders, als sie in den Schein der Lampe trat. Da sie auf weichen Sohlen ging und so gut wie keinen Laut hinterließ, hörte sie deutlich das kratzende Geräusch dicht vor sich. Es warnte sie, und Lisa blieb stehen. So etwas war ihr auf dieser Gasse noch nie widerfahren.
    Sie sah nach unten und vor sich. Dabei hatte sie das Glück, in der Nähe der Lampe zu stehen, denn ihr Licht fiel nicht nur auf das eingerissene Pflaster, sondern auch auf den Gullydeckel, der sich in der Mitte der Gasse befand.
    Wieder hörte sie das seltsame Kratzen. Es war ein Geräusch, das sie nicht mochte. Es verursachte ihr Unbehagen.
    Da war der Gully mit dem schweren Deckel.
    Und er bewegte sich!
    Lisa hielt den Atem an. Urplötzlich kam es über sie. Zahlreiche Empfindungen schössen durch ihren Kopf. Sie wusste nicht, ob sie wegrennen oder bleiben sollte. Etwas in ihr sorgte dafür, dass sie nicht wegrannte und weiterhin nach unten schaute.
    Es war keine Täuschung gewesen. Der Gullydeckel bewegte sich tatsächlich, und dabei blieb es nicht, denn die Kraft unter ihm drückte ihn jetzt in die Höhe.
    Was war das? Wer hauste in der Tiefe und war so stark, dass er einen Gullydeckel bewegen konnte?
    Sie verstand es selbst nicht, dass ihre Neugierde stärker war als die Furcht. Plötzlich wollte sie wissen, wer da unten versuchte, ins Freie zu gelangen.
    Noch kratzte der Deckel. Dann war er gänzlich aus seiner Umrandung angehoben worden. Er schwebte für einen Moment über der Öffnung und wurde dann zur Seite geschoben, sodass die Öffnung freilag.
    Dort kam jemand. Etwas anderes konnte sich Lisa Dell nicht vorstellen.
    Dort in der Tiefe hatte jemand gelauert, der sich nun einen Weg ins Freie bahnen wollte.
    Sie trat etwas zurück, wobei ihr Blick nach wie vor auf die runde Öffnung gerichtet blieb, in der noch nichts zu erkennen war.
    Sekunden verstrichen, bis Lisa die Bewegung in der Rundung erkannte.
    Also doch. Da war eine Person, die aus der Tiefe der Kanalisation an die Oberfläche klettern wollte.
    Lisa machte sich Gedanken darüber, wer das sein könnte.
    Möglicherweise ein Kanalarbeiter, der den Feierabend verschlafen hatte.
    Zwei Atemzüge später war sie schlauer, Ein Gesicht erschien. Es war das Gesicht einer Frau, das leicht grünlich schimmerte.
    Erleichtert fühlte sich Lisa Dell nicht, denn es blieb nicht bei diesem Gesicht. Sie sah den Kopf und auch die Haare, die eigentlich keine waren. Wenn doch, dann mussten sie stark gegelt sein. Wie die breiten Zinken eines Kamms standen sie in die Höhe.
    Und die Gestalt stemmte sich weiterhin hoch. Sie legte dabei ihre Hände auf den Rand, und jetzt hatte Lisa das Gefühl, neben sich zu stehen, denn was sie da sah, das konnte nicht sein. Das waren keine normalen Hände, keine menschlichen Finger, es waren die Krallen eines Reptils, einer Echse!
    »Das kann nicht sein!«, flüsterte Lisa, »Das ist eine Täuschung. So etwas gibt es nicht…«
    Aber was sie sah, war keine Halluzination. Sie schaute in ein Gesicht, das eine sehr glatte Haut aufwies. Da gab es auch einen Mund, der aussah, als wäre er von einem violetten Lippenstift nachgezeichnet worden.
    Noch war der Mund geschlossen. Einen Moment später aber öffnete er sich. Eine gespaltene Zunge huschte hervor.
    Und das war noch nicht alles!
    Lisa sah noch mehr, weil der Mund weit geöffnet worden war. Aus dem Oberkiefer ragten zwei spitze Zähne hervor, sodass Lisa der Gedanke an einen Vampir kam.
    Das war zu viel für sie.
    Ein gellender Schrei stieg aus ihrer Kehle und brach sich an der Mauer…
    ***
    Shao war klar, dass sie sich beeilen musste. Lisa Dell war kein ängstlicher Mensch, das wusste sie. Auch hatte sie nie Probleme damit gehabt, den Weg zu ihrer Wohnung allein zu gehen. Wenn sie schrie, dann musste
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