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1588 - Die falsche Kette

Titel: 1588 - Die falsche Kette
Autoren: Unbekannt
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verwundert. Sie beschloß jedoch, sich nicht dazu zu äußern, sondern zunächst einmal abzuwarten. „Möchtest du einen Rundgang durch das Schiff machen?" fragte Amdan Cutrer so höflich, als spräche er mit einer Fremden.
    Dorina Vaccer nahm an, daß ihr Schüler nach einer Gelegenheit suchte, ungestört und ohne Zeugen mit seiner Meisterin zu reden. Sie fragte sich jedoch, warum er sich dabei so umständlich anstellte.
    Warum bat er sie nicht einfach um ein Gespräch unter vier Augen, wie er es sonst bei solchen Gelegenheiten ohne jedes Zögern getan hatte?
    Sie verließen die Zentrale und gingen nebeneinander den Hauptkorridor entlang. „Ich hoffe, daß die Aktion der Überschweren nicht Teil irgendeines geheimen Plans ist, den du und die anderen verfolgen", bemerkte Amdan Cutrer plötzlich. „Ich verstehe nicht, wie du das meinst", erwiderte Dorina Vaccer irritiert.
    Amdan Cutrer blieb stehen und starrte sie an. Er wirkte hilflos und ängstlich. „Ich bin ja bereit, es zu akzeptieren", sagte er. „Ihr habt mit der Unsterblichkeit wirklich ein höheres Maß an Weisheit erlangt. Eure Pläne sind für uns nicht mehr durchschaubar. Das ist in Ordnung. Wir alle sind bereit, uns euch unterzuordnen. Aber ein solches Töten, die Vernichtung der Bevölkerung eines ganzen Planeten - so etwas läßt sich auch durch die neue Ordnung nicht rechtfertigen."
    Natürlich nicht! wollte Dorina Vaccer ihm antworten.
    Aber sie zögerte.
    Da war etwas in Amdan Cutrers Stimme, was ihr zu denken gab.
    Sein letzter Satz hätte eine Anklage sein sollen, zumindest aber eine Feststellung. Statt dessen klang dieser Satz eher wie eine Frage.
    Dorina Vaccer stellte irritiert fest, daß Amdan Cutrer sich seiner Sache nicht sicher war. Er wartete darauf, daß seine Meisterin ihm eine Erklärung lieferte, die das grausame Geschehen im nachhinein als sinnvoll erscheinen ließ - als wichtigen Bestandteil eines Planes zur dauerhaften Befriedung der Milchstraße.
    Dorina Vaccer fragte sich, wie um alles in der Welt ihr Schüler auch nur ansatzweise auf die Idee gekommen sein konnte, eine solche Erklärung überhaupt in Betracht zu ziehen. Selbst wenn sich in der letzten Zeit einiges geändert haben mochte, nach all den Jahren hätte er die Ansichten seiner Meisterin zu solch grundlegenden Themen kennen sollen.
    Und ich sollte Amdan Cutrer kennen! dachte sie in plötzlichem Erschrecken. Er benimmt sich nicht ohne jeden Grund so merkwürdig. Wenn ich nur wüßte, was ich ihm angetan habe!
    Sie fühlte sich zu elend, als daß sie es riskiert hätte, ihren Schüler gleich hier und jetzt danach zu fragen.
    Abgesehen davon fürchtete sie sich vor der Antwort, die er ihr geben würde.
    Sie brauchte Zeit und Ruhe, um nachzudenken. Sie mußte Ordnung in ihre Gedanken und Gefühle bringen. „Ich weiß von keinem Plan, der Cebu Jandavaris Tat rechtfertigen könnte", sagte Dorina Vaccer zu ihrem Schüler. „Aber das muß nicht unbedingt bedeuten, daß nicht trotzdem irgendeine Absicht dahintersteckt."
    Amdan Cutrer schien mit dieser Auskunft nichts anfangen zu können.
    Kein Wunder! dachte Dorina Vaccer. So, wie ich es formuliert habe, könnte man glatt annehmen, daß ich durchaus bereit wäre, die Existenz eines solchen Planes zu akzeptieren. Das ist völliger Unsinn.
    Natürlich können kein noch so komplexer Plan und kein noch so hochgestecktes Ziel als Rechtfertigung für ein derartiges Verbrechen herhalten!
    War das wirklich so?
    Sie erinnerte sich vage an gewisse Überlegungen, die sie angestellt hatte.
    An Gespräche mit Aramus Shaenor und Balasar Imkord.
    Ihr wurde übel bei diesen Gedanken. Ein Schwindelgefühl erfaßte sie, als hätte sie sich zu weit vorgebeugt und zu tief in einen Abgrund hinabgeschaut. „Ich muß über diese Dinge nachdenken", verkündete Dorina Vaccer hastig und zog sich in ihre Kabine zurück.
     
    3.
     
    3.10.1173 NGZ Der Zellaktivator lag immer noch in dem verschlossenen Fach. Die Frist war längst abgelaufen.
    Und Dorina Vaccer war immer noch am Leben.
    Sie erinnerte sich an die Schmerzen, die Schwäche, das Gefühl der Desorientierung, den imaginären Sturz in die Tiefe, und sie glaubte zu wissen, was sie in diesen Stunden erlebt hatte.
    Entzugserscheinungen, dachte sie. Es ist wie eine Sucht. Es hat mich der Welt und dem Leben entfremdet. Es bewahrt den Körper vor allen Erscheinungen des Alterns, aber gleichzeitig zerstört es die Psyche. Ich war nicht mehr ich selbst. Wenn die Unsterblichkeit nur meinen Körper
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