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1566 - Das Musical-Gespenst

1566 - Das Musical-Gespenst

Titel: 1566 - Das Musical-Gespenst
Autoren: Jason Dark
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tanzen konnten.
    Stevie konnte es kaum erwarten, die Bühne zu betreten. Er lief schnell, und als er sie erreicht hatte, rannte er auf die Mitte zu und hielt dicht vor der Rampe an.
    Er fühlte sich schon als Star und riss beide Arme in die Höhe, wobei er den Oberkörper zurückbeugte und den Mund öffnete, sodass Johnny befürchtete, dass er anfangen würde zu singen, doch da hielt sich Stevie Mulligan zurück.
    Auch Johnny Conolly betrat die Bühne. Es gab das Sprichwort von den Brettern, die die Welt bedeuten. Das traf in diesem Fall nur bedingt zu, denn Johnny stand nicht auf Brettern. Seine Füße befanden sich auf einer neutralen grauen Bespannung, unter der wahrscheinlich die Bretter lagen.
    Es war nicht nur eine leere Bühne, sondern auch eine dunkle. Zumindest betraf das den Hintergrund, in dem sich kein einziger Lichtstrahl verlor.
    Da war es finster wie in dem berühmten Bärenhintern.
    Johnny hatte eine kleine Leuchte mitgenommen.
    Stevie befand sich in seinem Element. Er fing an zu pfeifen, dann tanzte er und streckte dabei seine Arme einem nicht vorhandenen Publikum entgegen, wobei er sich sogar einige Male verbeugte, um den imaginären Beifall entgegenzunehmen.
    »Fühlst du dich gut?«
    »O ja, super. Ich auf der Bühne. Ich ein Musical-Star. Das ist mein heimlicher Traum.«
    »Dann erfülle ihn dir. Lass dich ausbilden. Ich verspreche dir auch, dass ich deine Vorstellung besuchen werde.«
    Stevie winkte ab. »Nein, nein, das läuft nicht. Mir fehlt einfach das Talent. Ich habe keine Stimme, und so toll bewegen kann ich mich auch nicht.«
    »Dein Pech.«
    Johnny sah die Umgebung nüchterner. Er kam nicht auf den Gedanken, hier herumzutanzen oder so zu tun, als würde er singen. So etwas juckte ihn nicht. Sein Blick war mehr auf die dunkle Seite der Bühne gerichtet, und wenn er sich wieder umdrehte, dann schaute er sich die Zuschauerreihen an, die nach hinten hin anstiegen und an ihrem Ende so etwas wie eine Galerie bildeten.
    »Bist du fertig?«, fragte Johnny, als sich Stevie wieder einmal vor dem nicht vorhandenen Publikum verbeugte.
    »Bin ich.«
    »Dann können wir ja gehen.«
    Stevie fuhr zu Johnny herum.
    »Aber wir sind doch gerade erst gekommen«, beschwerte er sich.
    »Das weiß ich. Aber, was zum Henker, soll ich auf dieser Bühne? Ich bin kein Sänger und auch kein Schauspieler. Hier fühle ich mich einfach nicht wohl.«
    »Aber hast du denn keine Fantasie?«
    »Genug. Aber nicht, um auf einer leeren Bühne zu stehen.«
    Stevie ließ nicht locker. »Es ist ja nicht nur die Bühne«, flüsterte er.
    »Überlege mal, du - du - hast hier alles. Ein ganzes Theater für dich allein…«
    »Und was ist mit dem Gespenst?«
    Stevie grinste ihn breit an. »Das kommt vielleicht noch. Wer weiß das schon?«
    »Ja, wer weiß es…«
    Plötzlich war es da. Keiner der beiden hatte damit gerechnet, und es riss Johnny die nächsten Worte von den Lippen.
    Ein gellendes und unheimlich klingendes Gelächter hallte über die Bühne und den leeren Zuschauerraum…
    ***
    Der Spaß war vorbei. Vor allen Dingen für Stevie Mulligan. Er stand auf der Bühne in Nähe der Rampe und bewegte; sich nicht mehr.
    Es war alles anders geworden. Es gab keinen Spaß mehr, denn dieses Gelächter hatten sie sich nicht eingebildet. Es war echt gewesen - oder?
    Allmählich verwehte sein Echo, und Stevie, dem ein Schauer nach dem anderen über den Rücken lief, fragte mit leiser Stimme: »Hast du das gehört, Johnny?«
    »Klar.«
    »War das echt?«
    Conolly junior hob die Schultern. »Ja, es hat sich zumindest echt angehört.«
    Stevie nickte, obwohl er sich wünschte, dass es anders wäre.
    »Man kann so was auch künstlich erzeugen.«
    »Kann man…«
    Stevie drehte sich auf der Stelle und wischte dabei den Schweiß aus seinem Gesicht. Der war ihm bestimmt nicht nur durch seine körperliche Anstrengung ausgebrochen. Johnny stand nah genug, um den Ausdruck der Angst in seinen Augen zu sehen.
    »Das Gespenst«, flüsterte Stevie. »Ich glaube fest daran, dass uns das Musical-Gespenst entdeckt hat. Dann ist es doch wahr, was man sich erzählt.«
    »Es kann auch jemand gewesen sein, der sich mit uns einen Spaß erlauben will.«
    »Ha, wer denn?«
    »Das frage ich dich. Wem hast du denn von unserem kleinen Ausflug erzählt?«
    »Niemandem.« Stevies rechter Zeigefinger wies auf Johnny. »Du etwa?«
    »Nein.«
    »Dann war es echt.«
    Johnny hatte da seine Zweifel, aber er gab zu, dass er auch unsicher geworden war. Er musste sich
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