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1467 - Landhaus der Leiden

1467 - Landhaus der Leiden

Titel: 1467 - Landhaus der Leiden
Autoren: Jason Dark
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Haltung. Aber er hatte nicht zustechen können, obwohl er das Messer noch in der Hand hielt, denn eine andere Macht hatte ihn davon abgehalten.
    Mehrere Schlingpflanzen umschlangen seinen rechten Arm und hielten ihn zurück. Aber nicht nur dort war er gefesselt. Zwei hatten sich um seinen Hals gedreht, andere hielten den Körper umwickelt, sodass er sich kaum mehr bewegen konnte.
    Er war gefangen!
    Ich schaute nicht nur zweimal hin, sondern gleich mehrere Male, und das Bild blieb.
    Vergessen war auch meine Angst vor dem tödlichen Messer, dafür drehten sich meine Gedanken um etwas anderes. Kurz vor der Attacke war mir bereits ein bestimmter Verdacht gekommen, und der hatte sich nun in mir gefestigt.
    Jemand hatte mir geholfen. Jemand, der nicht unbedingt auf meiner Seite stand und zu den Dämonen zählte, aber es war jemand, der meine Arbeit akzeptierte, weil wir hin und wieder gemeinsame Interessen besaßen.
    Ich dachte nicht nur an den Namen des Dämons, ich sprach ihn auch mit halblauter Stimme aus.
    »Mandragoro…?«
    Der Klang war kaum verweht, da hörte ich das leise Wispern, das für mich Antwort genug war.
    Also doch!
    »Wo bist du?«
    »Ich bin überall und nirgendwo, das weißt du doch, John Sinclair. Die Umwelt gehört mir, der Wald, der Sumpf…«
    »Und der Green Man.«
    »Ja.«
    »Dann hast du ihn damals gerettet. Du hast ihn in deiner Welt versteckt und wieder freigelassen.«
    »Es stimmt«, hörte ich die Stimme, die zu keinem Gesicht und keiner Gestalt gehörte. Sie war trotzdem überall vorhanden. Sie schien aus jedem Ast, jedem Zweig und jedem Blatt zu strömen.
    »Er hat die Farbe des Sumpfes angenommen. Er wollte wieder frei sein. Er wollte zurück in sein Haus. Ich habe ihm die Freiheit gegeben, aber ich wusste nicht, dass er dort weitermachen würde, wo er aufgehört hatte. Es waren keine Schuldigen, die er bestrafen wollte, dann hätte er meine Unterstützung gehabt. Er wollte einfach nicht, dass ein Fremder sein Haus betritt. Er war damals schon schlecht, als er Menschen tötete, um sie seinen dämonischen Göttern zu opfern, und er ist heute auch noch schlecht. Aber ich will keine unschuldigen Toten mehr. Wer schuldig ist, der soll sterben, der andere nicht.«
    »Ja, das habe ich verstanden«, sagte ich und fragte weiter: »Was hast du jetzt mit ihm vor?«
    »Ich werde ihn aus dem Weg schaffen.«
    »Wie?«
    »Er wird nicht mehr zurückkehren«, erklärte mir Mandragoro.
    »Ich nehme ihn mit.«
    Dass er nicht gelogen hatte, bekam ich wenig später zu sehen. Da bewegten sich die Schlingpflanzen, die den Green Man festhielten.
    Ich war wieder einmal erstaunt darüber, wie sehr die Natur dem Umweltdämon Mandragoro gehorchte. Er konnte Leben schenken, er konnte auch welches vernichten, und das tat er hier.
    Der Green Man wurde von mir weggezerrt. Er bewegte sich nicht mal. Er war nicht in der Lage, um sich zu schlagen. Mandragoros Fesseln saßen einfach zu stramm, obwohl sie locker aussahen. Da konnte sich der Green Man noch so anstrengen. Er wurde nicht erlöst, aber er entschwand meinen Blicken. Wenig später hörte ich aus der Dunkelheit das Knacken von Knochen und ein wildes Grunzen, wie es nur von Schweinen abgegeben werden konnte. Ich sah sogar die vierbeinigen Schatten am Rande des Lichtscheins entlang huschen, und als ich das Schmatzen und Würgen hörte, da war mir klar, welche Beute die Wildschweine bekommen hatten.
    Ich richtete mich auf.
    Es gab keine Fessel mehr, die mich hielt. Ich konnte mich so frei bewegen wie immer, und erst jetzt verspürte ich die Reaktion auf meine gefährliche Lage. Da zitterten mir nicht nur die Beine, sondern auch die Hände, und der Schweiß war aus jeder Pore meines Körpers gedrungen.
    Bevor ich ging, drehte ich mich um und winkte einfach nur in den dunklen Wald hinein.
    »Mach’s gut, Mandragoro, und danke…«
    ***
    Als ich den Wald endlich verließ und auf Johnny Conolly zuging, der noch immer neben dem Golf stand, dessen Fahrerin sich hineingesetzt hatte, ging es mir schon wieder besser. Ich konnte schon wieder lächeln, was auf Jonnys Gesicht ebenfalls ein Lächeln hinterließ, trotz der schmerzenden Wunde, die er aus der Autoapotheke versorgt hatte.
    »Hast du es geschafft, John?«
    Ich blieb stehen und hob die Schultern. »Nein, wenn ich ehrlich bin, ich habe es nicht geschafft. Aber du kannst beruhigt sein, es gibt den Green Man nicht mehr.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja.«
    »Und wie ist er dann umgekommen?«
    Ich winkte ab. »Ach, weißt du,
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