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140 - Die Loge des Gehenkten

140 - Die Loge des Gehenkten

Titel: 140 - Die Loge des Gehenkten
Autoren: A.F.Morland
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Stunden machen? Nach Hause zu fahren zahlt sich nicht aus.«
    »Oh, mach dir deswegen keine Gedanken. Ich werde in deiner Nähe sein, bei Freunden.«
    Vicky schaute mich mit ihren veilchenblauen Augen fragend an.
    »Bei wem?«
    »Bei Roxane und Metal«, antwortete ich.
    Zwei Minuten später stoppte ich meinen scharzen Rover vor dem grell beleuchteten Eingang eines Nobelhotels in der City. Ein gutaussehender Mann im schwarzen Smoking erwartete Vikky.
    Er sah fast ein wenig zu gut aus, und sein strahlendes Lächeln gefiel mir nicht. Ihm war der Erfolg, den er bei Frauen hatte, anzusehen.
    Sein Auftreten war dementsprechend selbstsicher, und er hatte nur Augen für meine Freundin, die er mit Komplimenten überhäufte, als sie ausstieg.
    Mich würdigte er keines Blickes. Wahrscheinlich nahm er an, ich wäre Vickys Chauffeur. Sie wandte sich mir noch einmal zu, bückte sich und schaute zum offenen Fenster herein.
    Meine Augen verloren sich in der Tiefe ihres attraktiven Ausschnitts, und ich wünschte mir, sie hätte ein hochgeschlossenes Kleid getragen.
    »Hör mal, laß dich von Mr. Don Juan nicht verschlingen«, sagte ich. »Der Bursche hat so einen hungrigen Blick.«
    »Sei unbesorgt, er wird hungrig bleiben«, versicherte mir meine Freundin.
    »In zwei Stunden bin ich wieder zur Stelle.«
    »So lange kann ich seinem umwerfenden Charme leicht widerstehen. Ich liebe dich, Tony.«
    Ich grinste. »Meine Antwort gebe ich dir nach dem Essen - in Naturalien.«
    Vicky senkte die seidigen Wimpern. Ihre Stimme wurde dunkler, als sie sagte: »Ich freue mich darauf.«
    Sie richtete sich auf, und ich fuhr weiter. Im Rückspiegel beobachtete ich, wie der Mann meiner Freundin galant seinen Arm bot, und ich hoffte, daß er sich zu sonst nichts hinreißen ließ.
    ***
    An einer Stelle verdichtete sich der Nebel, und der Wind vermochte ihn nicht weiterzuschieben. Die feuchte Luft krallte sich ins Erdreich und weichte es auf.
    Sie hatte ihr Ziel erreicht, und nun sickerte die geheimnisvolle Kraft, die sie mitgebracht hatte, in das alte Grab.
    Höllentau hatte sich auf den eingesunkenen Hügel gelegt, gesandt von bösen Mächten, damit nicht länger ruhte, was man hier vor langer Zeit bestattet hatte.
    Nasse Schwärze überzog das Grab und sickerte langsam in die Tiefe. Sie mußte den Toten erreichen, ihn berühren, ihn benetzen, ihn beleben!
    Der Tod eines Menschen ist keine endgültige Sache, wenn die Hölle es nicht will. Nicht nur Gutes kann auferstehen, auch das Böse kann sich erheben, wenn die Zeit dafür reif ist, und das war sie.
    Lange hatte Nero Quater in der finsteren Tiefe seines Grabes warten müssen, doch nun war der Zeitpunkt seiner Wiederkehr gekommen.
    Er hatte gewußt, daß ihn die Hölle nicht im Stich lassen würde, war stolz und hoch erhobenen Hauptes in den Tod gegangen, voller Vertrauen in die Kraft des Satans.
    Der Priester hatte ihn aufgefordert, in der Stunde seines Todes zu bereuen, doch er hatte den Geistlichen ausgelacht. »Bereuen, Pfaffe? Was sollte ich bereuen? Was ich getan habe, hat mir Spaß gemacht, und ich würde es immer wieder tun.«
    »Gleich stehst du vor Gott, unserem Herrn…«
    »Mein Herr ist der Teufel«, hatte Nero Quater auf dem Galgengerüst so laut geschrien, daß alle es hörten und sich erschrocken bekreuzigten. »›Was ihr dem geringsten meiner Brüder antut, das tut ihr mir an.‹ Steht es so nicht in der Bibel? Dieser Spruch hat nicht nur für Gott, sondern auch für den Herrscher der Finsternis Gültigkeit. Ihr hängt hier nicht Nero Quater, sondern den Teufel, und der wird sich eines Tages dafür rächen!«
    Der Henker wurde aufgefordert, seines Amtes zu walten. Alle, die gekommen waren, um der Hinrichtung auf dem Dorfplatz beizuwohnen, sahen, wie der große, kräftige Mann an den Delinquenten herantrat.
    »Der Herr sei deiner armen Seele gnädig«, sagte der Priester.
    »Halt dein Maul!« schrie Quater zornig. »Ich will von deinem Herrn nichts mehr hören. Sag, Henker, wie viele Menschen hast du schon am Halse aufgehängt?«
    Der Henker antwortete nicht. Er griff nach der Schlinge, die über dem Delinquenten baumelte, und streifte sie ihm über den Kopf.
    »Was ist das für ein Gefühl?« fragte Nero Quater grinsend. »Was empfindet man dabei? Kommst du dir nicht wie ein Mörder vor? Hast du kein Mitleid mit den Menschen, die du tötest? Du bekommst Geld dafür. Ja, du bist noch schlimmer als die, die du vom Leben zum Tod beförderst. Nicht alle sind so stark wie ich. Bestimmt
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