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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul
Autoren: Karl May
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weil er mein Gefangener ist.“
    „Er ist nicht dein, sondern mein Gefangener; denn du hast ihn mir übergeben.“
    „Darüber wollen wir uns nicht streiten; aber ich möchte doch nachsehen, wie er sich befindet.“
    „Er befindet sich gut. Wenn Heider Mirlam dies sagt, so ist es wahr. Sorge dich nicht um ihn, Herr, sondern setze dich zu mir, und laß uns eine Pfeife Tabak rauchen!“
    Ich folgte seinem Wort, um ihn nicht zu erzürnen, verließ ihn aber sehr bald wieder, um mich niederzulegen. Warum sollte ich den Bebbeh nicht sehen? Schlecht behandelt wurde er nicht; dafür bürgte mir das Wort des Khan. Dieser aber wurde jedenfalls von einem Grund geleitet, den mein mangelhafter Scharfsinn nicht zu entdecken vermochte. Ich beschloß, morgen in aller Frühe den Bebbeh auf meine eigene Gefahr hin freizulassen und dann mich von den Bejat zu trennen. So schlief ich ein.
    Wenn man vom Morgengrauen bis zum späten Abend auf dem Pferd hängt, so wird man selbst als Gewohnheitsreiter müde. Das war auch bei mir der Fall. Ich schlief gut und fest, und ich wäre sicher vor dem Morgen nicht aufgewacht, wenn nicht das Murren meines Hundes mich geweckt hätte. Als ich die Augen aufschlug, war es sehr dunkel; dennoch erkannte ich einen Mann, welcher aufrecht in meiner Nähe stand.
    Ich griff zum Messer.
    „Wer bist du?“
    Bei dieser Frage erwachten auch die Gefährten und nahmen die Waffen zur Hand.
    „Kennst du mich nicht, Herr?“ erklang die Antwort. „Ich bin einer der Bejat.“
    „Was willst du?“
    „Herr, hilf uns! Der Bebbeh ist entflohen!“
    Ich sprang sofort auf und die anderen mit.
    „Der Bebbeh? Wann?“
    „Ich weiß es nicht. Wir haben geschlafen.“
    „Ah! Hundertsechzig Mann haben ihn bewacht, und er ist entflohen?“
    „Sie sind ja nicht da!“
    „Diese Hundertsechzig sind fort?“
    „Sie kommen wieder, Herr.“
    „Wohin sind sie?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Wo ist der Khan?“
    „Auch mit fort.“
    Da faßte ich den Mann bei der Brust.
    „Mensch, habt ihr vielleicht eine Schurkerei gegen uns vor? Das sollte euch schlecht bekommen!“
    „Laß mich, Herr! Wie können wir dir Schlimmes tun! Du bist ja unser Gast!“
    „Halef, untersuche, wie viele Bejat sich noch hier befinden!“
    Es war so dunkel, daß man den Platz nicht zu überblicken vermochte. Der kleine Hadschi erhob sich, um meinen Befehl auszuführen.
    „Es sind noch vier hier“, erklärte sogleich der Bejat, „und einer steht draußen am Eingang, um ihn zu bewachen. Drüben aber im anderen Lager waren wir unser zehn, um den Gefangenen zu bewachen.“
    „Wie ist er euch entkommen? Zu Fuß?“
    „Nein. Er hat sein Pferd mitgenommen, nebst einigen Waffen von uns.“
    „Das ist ein Beweis, daß ihr sehr kluge und aufmerksame Wächter seid. Aber warum kommt ihr da zu mir?“
    „Herr, fange ihn wieder!“
    Beinahe hätte ich laut aufgelacht. Eine naivere Zumutung konnte mir ja gar nicht gestellt werden. Ich ließ diese Aufforderung ganz unbeachtet und erkundigte mich nur weiter:
    „Ihr wißt also nicht, wo der Khan mit den anderen ist?“
    „Wir wissen es wirklich nicht.“
    „Aber er muß doch einen Grund haben, fortzugehen!“
    „Den hat er.“
    „Welcher ist es?“
    „Herr, wir sollen ihn dir nicht sagen.“
    „Gut. Wir wollen einmal sehen, wer jetzt zu befehlen hat, der Khan oder ich –“
    Halef unterbrach mich, indem er meldete, daß wirklich nur noch vier Bejat zu bemerken seien.
    „Sie stehen dort in der Ecke und hören uns zu, Sihdi!“ sagte er.
    „Laß sie stehen! Aber sag, sind deine Pistolen geladen, Hadschi Halef Omar?“
    „Hast du sie jemals ungeladen gesehen, Sihdi?“
    „Nimm sie heraus, und wenn dieser Mann die Frage, welche ich ihm jetzt zum letzten Mal vorlegen werde, nicht beantwortet, so jagst du ihm eine Kugel durch den Kopf. Verstanden?“
    „Habe keine Sorge, Sihdi; er soll zwei Kugeln erhalten anstatt einer!“
    Er nahm die Waffen aus dem Gürtel und ließ die vier Hähne spielen. Ich fragte den Bejat abermals:
    „Weshalb hat sich der Khan entfernt?“
    Die Antwort ließ nicht einen Augenblick auf sich warten:
    „Um die Bebbeh zu überfallen.“
    „Die Bebbeh? So hat er mich also belogen! Er sagte, daß er die Dschiaf besuchen wolle.“
    „Herr, Khan Heider Mirlam sagt nie eine Lüge! Er will wirklich zu den Dschiaf, wenn ihm der Überfall gelungen ist.“
    Jetzt fiel mir ein, daß er mich gefragt hatte, ob ich mit den Bebbeh Freund oder Feind sei. Er hatte mir seinen Schutz
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