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1360 - Abschied der Vironauten

Titel: 1360 - Abschied der Vironauten
Autoren: Unbekannt
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Zusammenhang seinem Gedächtnis. Nur so viel begriff er trotzdem: Es handelte sich um ein fremdes Tonleitersystem, eine Skala aus zwanzig oder zweiundzwanzig Frequenzsprüngen.
    Sein gesamtes Denken schwang im Rhythmus der sacht raunenden Melodie. „Was kann das sein?" fragte er. Der Logiksektor antwortete nicht. Es war, als ob das Phänomen gerade dort entspränge. Denn um ein Phänomen handelte es sich, und Atlan stellte zweifelsfrei fest, daß die Melodie keinen akustischen Widerhall im Raum fand. Ein mentaler, vielleicht psionischer Klang? Ganz gewiß.
    Aus dem sachten Raunen wurde ein voller Ton. Das Volumen der Melodie schwoll an und steigerte sich innerhalb weniger Sekunden zu einem reißenden Geräuschorkan. Als ob ein kleines Kind am Lautstärkeregler einer Phonoanlage dreht, dachte der Arkonide. In dieser Beziehung irrte er nicht, dessen war er sicher. „Hilf mir doch!" bat er den Logiksektor - aber wiederum vergebens.
    Die Töne löschten allmählich den Zusammenhang seiner Gedanken aus, und als nur mehr Fetzen ohne Sinn übrig waren, schwand ihm das Bewußtsein.
    Denkst du noch an Starsen, die Tiefenstadt?
    Das war der Logiksektor, dachte er mit einem Rest zusammenhängenden Verstandes. Aber er konnte sich auch irren.
     
    *
     
    „Ich habe dich vor einer Stunde gefunden", erklärte Roi Danton besorgt. „Du bist ja am vereinbarten Treffpunkt nicht aufgetaucht, und da mußte ich dich eben suchen, Alter."
    Atlan ächzte leise. „Nenne mich nicht so", verlangte er. „Ein bißchen mehr Respekt... Du hast wohl vergessen, wer dich als kleines Kind auf dem Schoß gewiegt hat."
    „Eben nicht. Deshalb sage ich ja >Alter<. Außerdem siehst du ziemlich schlecht aus, wie dein eigener Vater."
    „Der ist seit zwölftausend Jahren tot."
    Roi lächelte nur. „Was war bloß los?" fragte Atlan. „Da war diese Melodie ... Ich erinnere mich nicht, verdammt." Und er sprach die Wahrheit; in seinem Schädel war eine Leere, die er in dieser Form selten erlebt hatte.
    Falsch, sprach der Logiksektor da, du hast so etwas noch nie erlebt. „Was hast du damit zu tun?" fragte Atlan, einer Eingebung folgend. Roi Danton würde lediglich ein undeutliches Gemurmel hören. Er würde aufgrund langjähriger Erfahrung erkennen, daß der Arkonide mit seinem zweiten Ich kommunizierte.
    Ich habe nichts damit zu tun. Wie kommst du darauf, daß ich dir etwas verschweigen könnte? „Weil ich es oft genug erlebt habe, deshalb."
    Atlan schaute resigniert in das ernste Gesicht seines Gegenübers. Was sollte er Roi Danton sagen? Sollte er tatsächlich die Geschichte von der sonderbaren Melodie erzählen, auf deren Töne er sich nicht mehr besinnen konnte? Nein, es gab Wichtigeres zu tun, gerade im Angesicht ihrer drückenden Probleme. „Ich komme nicht dahinter", sagte er deshalb, „was geschehen ist. Nicht einmal mein Logiksektor weiß Rat."
    „Willst du die Sache auf sich beruhen lassen?"
    „In der Tat."
    „Das kann gefährlich werden."
    Der Arkonide wußte dies selbst, doch er hatte sich bereits einen vagen Plan zurechtgelegt. „Schluß damit. Gehen wir zu Tek und sprechen durch, was weiter geschieht." Dabei legte er mehr Zuversicht in seine Stimme, als tatsächlich in ihm war.
    Sie nahmen einen kleinen Schwebewagen, der leise surrend und in geringer Flughöhe seine Passagiere ans Ziel beförderte. Um diese Zeit bewegte sich nur wenig Verkehr in Hagon, der Hauptstadt der Gänger des Netzes. Die zielstrebige Betriebsamkeit früherer Tage schien einer lähmenden, von widernatürlicher Mittagshitze geprägten Atmosphäre gewichen zu sein. Vielleicht bildete er sich das Ganze nur ein? Die Netzgängerorganisation als solche war aufgelöst, aber man war ja noch immer beschäftigt, in Not geratenen Völkern Estartus beizustehen.
    Ronald Tekener wartete bereits an der Straßenecke, wo sie einander ohnehin hatten treffen wollen. „Da seid ihr ja!" rief er. „Hallo, Roi! Hallo, Atlan!"
    Atlan gab den Gruß zurück. Er musterte wie zufällig das pockennarbige Gesicht des alten Freundes und fand darin Unsicherheit. Den Zwischenfall mit der Melodie überging er wohlweislich. Tekener würde sonst nicht eher Ruhe geben, als bis die Sache geklärt war. „Ich glaube, ihr wißt, worüber ich mit euch sprechen möchte."
    „Sicher", antwortete Roi. Gemeinsam mit Atlan hatte sich der schlanke Mann Tekener gegenüber gesetzt. „Es geht um die Aufgabenteilung. Wer bleibt hier in Estartu, und wer bricht auf in die Milchstraße."
    „Genau." Atlan
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