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1344 - Fluchtburg der Engel

1344 - Fluchtburg der Engel

Titel: 1344 - Fluchtburg der Engel
Autoren: Jason Dark
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Manon, aber meiner sieht anders aus.«
    Ich sagte ihr nicht, wie er aussah. Ich ging einfach auf sie zu. Wie ein Freund, der sie umarmen will. Aber ich behielt dabei mein Kreuz in der rechten Hand…
    ***
    Die folgenden Sekunden liefen zwar normal ab, trotzdem erlebte ich ein Phänomen wie schon des Öfteren. Ich hatte einfach den Eindruck, als würde die Zeit verzögert ablaufen. Alles in meiner Umgebung nahm ich besonders intensiv wahr.
    Die mich umgebende Dunkelheit schien mir dichter geworden zu sein. Dafür strahlte das Feuer, das den Körper der Frau umgab in einem helleren Glanz. Jede Farbnuance der Flammen nahm ich wahr. Vom hellen Gelb bis zum tiefen Rot. Ich sah sie flackern, ich sah sie tanzen. Ich sah, dass sich ihre Spitzen leicht drehten, aber es wehte mir kein Rauch entgegen. Das wiederum bewies mir, dass ich es nicht mit einem normalen Feuer zu tun hatte, sondern mit Flammen, die von zwei verschiedenen Welten stammten und sich in Manon vereinigt hatten.
    »Nein, John…«
    Auch wenn ihre Stimme noch so sehr zitterte und sie bat, es nicht zu tun, es musste einfach sein.
    Sie stand da und wich nicht zurück. Bestimmt hatte sie eingesehen, dass es keinen Sinn hatte, fliehen zu wollen und je näher ich kam, desto mehr erwärmte sich mein Kreuz.
    Aber das U leuchtete nicht mehr rot auf. Für mich stand fest, dass es die Kraft des Erzengels nicht gab. Da wurde mir klar, dass sich Manon in ihrer Aussage nicht geirrt hatte.
    Jetzt gab es bei ihr nur noch die Flammen der Hölle. Und genau die musste ich löschen.
    Trotz des Vorhangs vor dem Gesicht sah ich die Angst in ihren Zügen und die Augen. Alles an ihr war starr geworden, selbst der Blick. Sie schien innerhalb des Feuers eingefroren zu sein.
    Der letzte Schritt.
    Ich streckte beide Arme vor und eine Sekunde später standen wir dicht zusammen wie ein Liebespaar…
    ***
    Genau jetzt kam es darauf an, wer von uns Recht behielt. Ich befürchtete, dass ich es sein würde, weil sich meiner Ansicht nach das Positive aus Manon zurückgezogen hatte. Daran konnte ich nichts ändern, denn ich musste zu einem Abschluss kommen.
    Dass ich eine von Flammen umwabernde Person festhielt, war für mich nicht zu spüren. Ich brannte nicht. Ich bekam auch nichts von irgendwelcher Hitze mit. Das war kein normales Feuer, obwohl es in der U-Bahn einen Menschen in Brand gesteckt hatte.
    Nicht bei mir, denn in meinem Besitz befand sich das Kreuz, das mich schützte.
    Manon Lacre hatte es einmal so bestaunt. Ihre Augen hatten geglänzt, als sie sehen musste, wie sich das U unten auf meinem Talisman verändert hatte. Da war es ihr wie ein kleines Wunder vorgekommen, das auch auf sie übergegriffen hatte.
    Und nun?
    Ich sah das Gesicht der jungen Frau. Man kann Schmerzen nur spüren, jedoch nicht sehen. In diesen langen Sekunden allerdings hatte ich das Gefühl, die Schmerzen sehen zu können, die sich in den Zügen abmalten. Es war etwas Besonderes, möglicherweise eine Botschaft für mich, doch aufzuhören.
    Das tat ich nicht, auch wenn es mir gegen den Strich ging. Ich presste das Kreuz gegen Manon, und ich sah in dieser Zeitspanne, wie sich das Feuer veränderte. Jetzt verwandelte es sich in ihren Feind. Die eine Hälfte war verschwunden. Manon konnte sich nicht mehr darauf verlassen, dass Uriel sie mit seiner Kraft schützte. Er hatte eingegriffen, als man sie als Hexe verbrannte und sie den höllischen Flammen entrissen.
    In meinem Griff zuckte sie zusammen. Es sah so aus, als wollte sie in die Knie sacken. Mit meinen Händen hielt ich sie fest. Nur das Feuer ließ sich nicht vertreiben.
    Ich hörte auch den Sturmwind in meinen Ohren. Das Brausen stammte von Manon, die in meinen Armen verbrannte.
    Und dann schrie sie!
    Furchtbare grauenhafte Schreie gellten an meinen Ohren vorbei.
    Ich hörte sie, ich wollte sie nicht hören, aber sie nahmen einfach kein Ende. Es war furchtbar. In meinen Ohren tobten sie und ich glaubte, Phantomschmerzen zu erleben.
    Das Feuer war jetzt zu ihrem grausamen Feind geworden und es sorgte für die Zerstörung. Manon hatte keine Chance mehr. Sie verging inmitten dieses Sturmwinds aus Flammen, die mir nichts taten, weil mein Kreuz sie für mich nicht existent machte.
    Ich hielt es eisern fest. Seine Wärme baute sich als Gegenkraft auf. Und das Wunder nahm auch in der Zukunft seinen Lauf. Ich blieb vom Feuer verschont, während Manon Lacre vor meinen Augen verbrannte.
    Die Flammen zerstörten den Körper, aber sie taten es auf ihre Art und Weise.
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