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1320 - Wolfsmond

1320 - Wolfsmond

Titel: 1320 - Wolfsmond
Autoren: Jason Dark
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Sie wollte schreien.
    Andere an ihrer Stelle hätten es vermutlich auch getan. Sie hatte jedoch schon zu viel erlebt und war deshalb in der Lage, mit einem derartigen Anblick fertig zu werden.
    Es gab einen menschlichen Körper, das war okay. Nur passte der verdammte Kopf nicht dazu.
    Es war der Kopf eines Wolfs!
    ***
    Glenda sah es, aber sie war in den ersten Sekunden nicht in der Lage, genauer darüber nachzudenken. Sie wusste auch, dass sie sich nicht geirrt hatte. Dieses Bild war keine Halluzination. Es gab dieses Geschöpf mit dem Körper eines Mannes und mit dem Kopf eines Wolfs.
    Basta – keine Diskussion mehr!
    Glenda bewegte sich nicht von der Stelle. Sie war stolz auf sich, dass es ihr gelang, kein Geräusch zu verursachen, und so beobachtete sie die vier Frauen weiter.
    Plötzlich sah sie auch einen gewissen Sinn darin, dass jemand die Saunatür abgeschlossen hatte. Glenda hatte nicht stören sollen. Später war die Tür dann wieder geöffnet worden, weil man davon ausging, dass Glenda verschwinden würde.
    Das hatte sie nicht getan.
    Und sie würde es noch nicht tun. Sie gab sich einige Sekunden, um weiterhin beobachten zu können.
    Die Frauen hatten sich über den nackten Männerkörper gebeugt.
    Sie streichelten ihn mit den abgespreizten Fingern. Mit den Kuppen fuhren sie zärtlich über die Haut und das dichte Haar hinweg, als wollten sie ihn liebkosen.
    Das leise Heulen blieb. Es hörte sich nicht schaurig an. Die Töne besaßen eher einen recht zufriedenen Klang, denn unter den streichelnden Händen schien sich die Kreatur wohl zu fühlen.
    Dass sie nicht normal war, stand für Glenda Perkins fest. Sie hatte es hier weder mit einem Wolf noch mit einem normalen Menschen zu tun. Sie war erfahren genug, um zu wissen, wer dort tatsächlich von den Händen der Frauen gestreichelt wurde.
    Ein Werwolf!
    Und das mitten in London!
    Kein Film, kein Schauspiel, sondern die verfluchte Realität.
    Wieder einmal hatte das Schicksal eingegriffen und Glenda auf einen Weg geführt, der zu diesem schaurigen Ziel führte.
    Sie war allein, sie war nicht hilflos, doch hier einzugreifen, das traute sich Glenda nicht. Deshalb wollte sie sich auf keinen Fall bemerkbar machen. Ebenso leise wie sie gekommen war, zog sie sich wieder zurück. Die vier Frauen waren viel zu stark beschäftigt, um sich die Umgebung anzuschauen, und so schaffte es Glenda, die Tür wieder zuzuziehen, ohne bemerkt zu werden.
    Der erste schnelle Schritt zur Seite. Das tiefe Durchatmen. Die Freude und die Erleichterung, die sie überkommen hatten. Es ging ihr nicht gut, aber es ging ihr besser, und das war wichtig.
    Die dunkelhaarige Frau drückte ihren Rücken gegen die Wand.
    Sie schaute zur Treppe hin. Dort war niemand zu sehen. Sie befand sich allein in dieser Umgebung und musste sich nur noch überlegen, was sie unternehmen sollte.
    Da gab es nur eins!
    Der Anruf bei John Sinclair!
    In diesem Moment kam es ihr wie eine Fügung des Himmels vor, dass das flache Handy in ihrer Brusttasche steckte. Man mochte die Dinger verfluchen oder verdammen, aber man musste dann immer bedenken, dass sie schon Leben gerettet hatten.
    Als sie auf dem Display die einprogrammierte Nummer des Geisterjägers suchte, glitten ihr zahlreiche Gedanken durch den Kopf.
    Sie dachte dabei nicht an die Frauen oder den Werwolf, sondern mehr daran, wo John Sinclair wohl zu erreichen war.
    Als sie das Büro verlassen hatte, war er noch zusammen mit Suko geblieben. Beide hatten über einen Biergarten gesprochen, den sie mit Shao besuchen wollten. Aber ihre Laune war dabei nicht besonders fröhlich gewesen, denn der letzte Fall hatte an ihren Nerven gezerrt. Glenda wusste nicht genau, um was es da gegangen war.
    Nur dass der Schwarze Tod eine besondere Rolle dabei gespielt hatte, war ihr bekannt.
    Johns Handynummer erschien auf dem Display.
    Glenda drückte den Knopf mit dem grünen Telefon und war froh, dass der Ruf durchging.
    John meldete sich auch.
    »Na, endlich.«
    »Du, Glenda?«
    »Ja, hör zu. Ihr müsst kommen. Du weißt, wo ich immer in die Sauna gehe. Dort habe ich etwas entdeckt. Verdammt, es geht um einen Wolf oder einen Werwolf, der…«
    »Kein Wort mehr!«
    Glenda hatte den Befehl gehört. Sie schrak zusammen, und plötzlich waren die Finger da, die ihr das Handy entrissen und es zu Boden warfen.
    Glenda wehrte sich nicht, denn sie schaute in die Mündung einer Pistole, die Betty in der rechten Hand hielt…
    ***
    Anfang Juni!
    Dem Kalender nach noch kein Sommer,
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